ADAC-UmfrageKölner Fußgänger beklagen rücksichtslose Verkehrsteilnehmer
Köln – Fußgängerinnen und Fußgänger gelten als die schwächsten Verkehrsteilnehmer. Einer Umfrage des ADAC zufolge sehen sich tatsächlich eine Mehrzahl von ihnen im Straßenverkehr als unterlegen an. Und das vor allem in Köln. 63 Prozent der befragten Kölnerinnen und Kölner gaben an, sich im Straßenverkehr nicht sicher zu fühlen – so viele wie in keiner anderen deutschen Großstadt. Der ADAC hat 3233 Menschen, die häufig zu Fuß gehen, in 16 Städten befragt.
„Besonders rücksichtlos empfinden viele Fußgänger in Köln das Verhalten von E-Scooter-Fahrern (60 Prozent), gefolgt von Radfahrern (43 Prozent) und Autofahrern (37 Prozent)“, resümiert de ADAC. Aber auch die Stadtverwaltung steht in der Kritik, weil sie den Menschen, die per Pedes unterwegs sind, zu wenig Aufmerksamkeit widme. „Die Stadt hat die Bedürfnisse von Fußgängern bei der Verkehrsplanung jahrelang vernachlässigt. Gehwege und Überwege sind teilweise total veraltet. Deswegen ist die Frustration heute auch so groß“, sagt Roman Suthold, Mobilitätsexperte des ADAC Nordrhein.
Genervt von Falschparkern und E-Scootern
Besonders genervt sind Fußgänger in Köln laut Umfrage von Autofahrern, die beim Abbiegen nicht auf Fußgänger achten (70 Prozent) oder unerlaubt auf dem Gehweg parken (66 Prozent). Fast zwei Drittel stört es, wenn Autofahrer Kreuzungsbereiche zuparken und damit die Sicht behindern. Knapp jeder zweite Befragte erlebt häufig, dass man als Fußgänger beim Überqueren wegen geparkter Autos übersehen wird. Und 44 Prozent stellen immer wieder fest, dass Autos am Zebrastreifen nicht anhalten.
Zudem monieren die Befragten Behinderungen durch abgestellte E-Scooter, Fahrräder oder Motorräder auf Gehwegen. 66 Prozent der Befragten beklagen, dass Radfahrer unerlaubt den Gehweg nutzen, mit geringem Abstand überholen oder zu spät klingeln.
Längere Grünphasen gewünscht
Auch die Verkehrsinfrastruktur in Köln sorgt bei Fußgängern für Frust. 72 Prozent der befragten Fußgänger möchten mehr Querungsmöglichkeiten auf Hauptstraßen, mehr als die Hälfte ärgert an Ampeln das lange Warten auf Grün. Für 44 Prozent der Kölner Fußgänger sind die Gehwege zu schmal, und 49 Prozent stört es, wenn Radfahrer die Gehwege mitbenutzen dürfen.„Ich habe mich über das Ergebnis der Umfrage nicht gewundert“, sagt Suthold. In Köln habe sich die Verkehrsplanung in den 1960er Jahren stark aufs Auto fixiert, inzwischen stehen vor allem der Radverkehr im Fokus. Fußgänger würde zwar wahrgenommen seinen in den Planung aber oft „eher eine Restmenge“, analysiert der Experte.
„Deshalb braucht die Stadt nicht nur einen Fahrradbeauftragten, sondern auch einen Fußgängerbeauftragten“, fordert Suthold. Dieser müssen mit einem Budget und Personal ausgestattet werden und könne „Brennpunkte benennen“. Bauliche Veränderungen wie breitere Gehwege, barrierefreie Kreuzungen oder klar getrennte Fuß- und Radwege müssten her, auch wenn die Umsetzung einige Zeit benötige. Kurzfristig könnten laut Suthold mit Markierungen Verbesserungen erzielt werden, etwa in Form von zusätzlichen Zebrastreifen. Zudem müsse Falschparken konsequent geahndet werden, sagt Suthold, auch wenn die Kontrollen personalaufwendig seien: „Der Bußgeldkatalog gibt einiges her. Das muss stärker durchgesetzt werden.“
Tempo 20 innerhalb der Ringe gefordert
Falschparker öfter zur Rechenschaft zu ziehen, das fordert auch Gunda Wienke vom Fuß e.V., wenngleich ihr das bei weitem nicht genügt: „Das Parken am Straßenrand muss wegfallen“, stattdessen sollten die Autos zum Beispiel in Parkhäusern abgestellt werden. Um Fußgängern und Radfahrern mehr Sicherheit zu geben, solle innerhalb der Ringe Tempo 20 gelten und in der übrige Stadt Tempo 30 – Autobahnen ausgenommen. „Das senkt zudem die Schadstoff- und Lärmbelastung“, sagt Wienke. Wo immer möglich, sollten Bürgersteige mindestens 2,5 Meter breit sein und die Ampelphasen zugunsten von Fußgängern verlängert werden. Damit weniger E-Scooter die Fußwege blockieren, solle für sie alle 50 Meter ein verpflichtender Abstellplatz eingerichtet werden. Rad- wie Autofahrer müssten sich strikt an die Verkehrsregeln halten, gefährliches Abbiegen, Zebrastreifen blockieren oder Radler, die Fußgänger auf Gehwegen „wegklingeln“, das „geht gar nicht“. Sie begrüße, dass der ADAC mit seiner Studie den Fußgängern Aufmerksamkeit widme und „über seinen Tellerrand hinausschaut“.
Das könnte Sie auch interessieren:
„Die Studie stellt eine Momentaufnahme dar, deckt sich aber im Allgemeinen mit Anregungen und eigenen Beobachtungen“, kommentiert die Stadt. „Köln ist auf Grund seiner Struktur enger und dichter, es sind viele Menschen auf wenig Raum unterwegs.“ Deshalb komme es zwangsläufig zu Konflikten zwischen den Verkehrsteilnehmern. Der Kritik der Untätigkeit begegnet die Stadt mit Hinweisen auf bereits ergriffene oder geplante Maßnahmen. Für E-Scooter würden derzeit Parkplätze in weitere Abstellflächen umgewandelt. Gehwege würden immer öfter freigeräumt von Schildern oder Mülleimern, Fahrradabstellanlagen und Radwege verstärkt auf die Straße verlegt. Allerdings „schränken auch Außengastronomiebereiche vielerorts den Platz auf Gehwegen“ ein, merkt die Stadt an. Die Frage, ob Verkehrsverstöße konsequenter geahndet werden müssten, lässt die Verwaltung offen und betont lediglich, dass Ordnungsamt und Polizei regelmäßig kontrollierten und konkreten Hinweisen nachgingen.
Einig sind sich ADAC-Experte Suthold, Fußgänger-Vertreterin Wienke und Stadtverwaltung darin, dass alle Verkehrsteilnehmer einfach etwas behutsamer miteinander umgehen müssen. So stehe es schließlich auch ganz oben in der Straßenverkehrsordnung, wie Suthold anmerkt. In Paragraf 1 heißt es: „Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht.“