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Kölner Archiv-KatastropheWarum noch immer 5000 Tonnen Trümmer in der Grube liegen

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Pressebild_Waidmarkt2

Die geflutete Baugrube am Waidmarkt, in die 2009 das Stadtarchiv stürzte.

Köln – Um 13.58 Uhr des 3. März 2009 war Köln eine andere Stadt. An exakt diesem Zeitpunkt stürzte das Stadtarchiv am Waidmarkt ein. Das Gebäude versank in einer Baugrube der Nord-Süd-Stadtbahn. Es beschädigte Nachbarhäuser und riss dabei zwei junge Männer in den Tod. Auf den Tag genau 13 Jahre ist es also her, dass Köln „sein Stadtgedächtnis“ verlor, wie es von Offiziellen bis heute beschrieben wird.

Die Baugrube klafft bis heute im Herzen der Stadt, und es ist unklar, wann sie geschlossen werden kann. Nach quälenden Jahren voller Gerichtsverhandlungen, der aufwendigen Suche nach der genauen Ursache der Katastrophe und der Frage nach der Verantwortung, wurde im Sommer 2020 ein Vergleich geschlossen.

Bauarbeiten im November 2020 wieder aufgenommen

Die Baufirmen der Arge Los Süd als Verursacherin des Einsturzes auf der einen Seite sowie Stadt und Kölner Verkehrs-Betriebe (KVB) auf der anderen Seite einigten sich darauf, dass die Arge der Stadt 600 Millionen Euro zahlt, die Kosten der Sanierung der Baugrube trägt und den Rohbau eines Gedenkraums finanziert, der in der U-Bahnstation Waidmarkt und dem Gleiswechselbauwerk entstehen soll. Die Stadt hatte zwischenzeitlich rund eine Milliarde Euro verlangt. Im November 2020 wurden schließlich die Bauarbeiten wieder aufgenommen.

Taucherteams in der Baugrube

Bis aber tatsächlich an der Haltestelle selbst gebaut wird, ist es noch ein weiter Weg. Die Baugrube muss zunächst ertüchtigt werden. Unter anderem entsteht eine Straßenbrücke, die Grube steht voller Wasser.

Zurzeit werde „ein umfangreiches Erkundungsprogramm im Inneren der mit Grundwasser gefüllten Baugrube durchgeführt. Dabei sind mehrere Taucherteams im Einsatz, die die Schlitzwände mit Hochdruckreinigern säubern, untersuchen und deren Bauzustand dokumentieren“, erläutert Arge-Geschäftsführer Dirk Höllermann. Ein Gutachter inspiziert die Schlitzwand am Rand der Baugrube, deren Betonqualität untersucht werden muss.

Gedenkveranstaltung am Waidmarkt

Zum 13. Jahrestag des Archiveinsturzes organisiert die Stadt am Donnerstag, 3. März, von 13.15 bis 14 Uhr eine Gedenkzeremonie am Waidmarkt. Bei der Veranstaltung an der Einsturzstelle des ehemaligen Stadtarchivs wird auch Oberbürgermeisterin Henriette Reker im Bereich des Georgsplatzes, in der Nähe der Gaststätte Papa Rudi’s, zugegen sein. Zudem spricht Thomas Luczak für die Initiativen „Archiv-Komplex“ und „Köln kann auch anders“. Um 13.58 Uhr, dem präzisen Zeitpunkt des Einsturzes am 3. März 2009, läuten die Glocken aller Südstadtkirchen, und eine Schweigeminute wird abgehalten. (og)

Erst wenn diese Vorarbeiten abgeschlossen sind, kann die Baugrube freigeräumt werden. Ganz unten in etwa 40 Metern Tiefe liegen noch Gerüste, Arbeitsgeräte und andere Materialien, die am Unglückstag zurückgelassen werden mussten. Sie wurden begraben von 5000 Kubikmetern Erdreich und Schutt, die nach dem Kollaps der Grube einschossen sowie 2000 Kubikmeter Beton, die zur Stabilisierung der Unglücksstelle darüber geschüttet wurden. Das muss alles wieder herausgeholt werden.

Gleichzeitig müssen Stahlträger eingebaut werden, um die Baugrube von außen gegen den Druck des Grundwassers zu sichern. Erst danach kann das Wasser aus der Grube gepumpt werden. „Sicherheit steht an erster Stelle, denn es handelt sich schließlich um ein havariertes Bauwerk“, sagt der Technische Vorstand der KVB, Jörn Schwarze. „Unsere Aufgabe als Bauherrin des Vorhabens ist es, diesen komplexen Prozess zu begleiten und kontinuierlich zu überprüfen.“

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Wie lange das alles dauert, ist unklar. Voraussichtlich etwa Mitte des Jahres könnte nach der Überprüfung der Schlitzwand das entsprechende Gutachten vorliegen. Erst danach könne ein konkreter Zeitplan für den weiteren Bauablauf erarbeitet werden, heißt es. „„Es sind bereits Zeitverzüge durch verschiedene Ereignisse im vergangenen Jahr entstanden – unter anderem durch das Starkregenereignis im Frühjahr und sehr aufwendige Untersuchungen zur Kampfmittelfreiheit“, erklärt Dirk Höllermann. Um die verlorene Zeit aufzuholen, wurden die Arbeitszeiten der Tauchteams, die täglich bis auf sonntags im Einsatz sind, ausgeweitet.

U-Bahn-Start ist ungewiss

Da der weitere Bauverlauf noch offen ist, ist auch kaum vorherzusagen, wann tatsächlich einmal U-Bahnen am Waidmarkt verkehren. Zuletzt wurde das Jahr 2029 kolportiert. Ursprünglichen Planungen zufolge, also noch vor der Archiv-Katastrophe, sollten die Arbeiten 2010 abgeschlossen sein, nachdem sie 2004 begonnen hatten.

Während Trümmerteile des alten Stadtarchivs also noch in der Unglücksstelle liegen, wurde im vergangenen September das neue Stadtarchiv am Eifelwall eröffnet. Es kostete rund 90 Millionen Euro und ist eines der sehr wenigen Großprojekte Kölns, das annähernd im Kosten- und Zeitplan blieb. Es gilt als eines der modernsten Archivgebäude Europas. Ein U-Bahn-Tunnel für die KVB-Linie 18, die direkt vor dem neuen Stadtgedächtnis auf der Luxemburger Straße fährt, ist vorerst nicht geplant.