Die Digitalisierung des Kölner S-Bahnnetzes wird wohl länger auf sich warten lassen. Die Bahn will zunächst das Bestandsnetz sanieren. Was das für Kunden im Großraum Köln bedeutet.
Bahn will VerbesserungWeniger Regionalverkehr im Kölner Hauptbahnhof
Bis die Züge im Kölner S-Bahnnetz mit digitaler Technik ohne Signale gesteuert werden, dürften noch Jahre vergehen. Die Deutsche Bahn hat den Hoffnungen des Aufgabenträgers go.Rheinland, bereits ab 2029 mit Testfahrten auf der S11 zwischen Köln und Bergisch Gladbach beginnen zu können, einen Dämpfer versetzt.
Bis Ende 2027 habe die Bestandssanierung des Streckennetzes absoluten Vorrang, sagte Berthold Huber, DB-Vorstand für Infrastruktur, am Mittwoch vor Journalisten in Berlin. Für diese Aufgabe hat der Bund zusätzlich 27 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Sie fließen in die Generalsanierung 13 besonders wichtiger Hochleistungskorridore wie aktuell bei der Riedbahn zwischen Frankfurt und Mannheim, die dafür jeweils fünf Monate komplett gesperrt werden, sowie in kleine und mittlere Baumaßnahmen. Alle Maßnahmen sollen dazu dienen, das Netz deutschlandweit stabiler zu machen.
Ab 2026 gibt es kritische Sperrungen im Großraum Köln
Ab 2028 bis 2030 stehen weitere 28 Korridore an, deren Finanzierung noch nicht gesichert ist. Die Bahn geht aber davon aus, dass der Aufsichtsrat der DB in der Dezember-Sitzung die Planungskosten freigibt.
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Im Großraum Köln soll der Verkehr auf der Strecke Köln-Wuppertal-Hagen zwischen dem 6. Februar und 10. Juli 2026 eingestellt werden. Vom 9. Juli bis 10. Dezember 2027 wird nach diesem „Rollout-Szenario“ die Hauptschlagader Köln-Düsseldorf-Dortmund-Hamm folgen, vom 4. Februar bis 7. Juli 2028 die linksrheinische Verbindung von Köln über Bonn und Koblenz bis nach Mainz. Im selben Jahr steht vom 6. Juli bis 7. Dezember 2028 die Generalsanierung zwischen Köln und Aachen an.
Auch die Modernisierung von jährlich 100 Bahnhöfen und 40 Stellwerken, die größtenteils noch aus den 1950er bis 1970er Jahren stammen und wegen ihrer alten Relaistechnik sehr störanfällig sind, fällt unter die Bestandssanierung. Sie werden durch elektronische Stellwerke ersetzt, bei denen Fahrdienstleiter Weichen und Signale per Computer steuern. Eine Technik, die laut Huber auch schon aus den 1990er Jahren stammt, aber stetig weiterentwickelt wurde.
Dämpfer für Pläne von go.Rheinland
Diesen elektronischen Standard werden die Stellwerke am Kölner Hauptbahnhof auf der linken Rheinseite und in Bad Godesberg Ende 2025 nach einer Investition von 365 Millionen Euro erreicht haben. Die S-Bahntrassen im Kölner Hauptbahnhof sind schon seit 2022 an das neue System angeschlossen.
Mit digitaler Technik hat das alles wenig zu tun. Digitalstellwerke steuern den Zugverkehr mit Hilfe von Datenübertragung und sind bislang nur als Vorserien im Einsatz. Einheitliche Standards erwartet die Bahn erst zum Ende des Jahrzehnts. Immerhin: „Elektronische Stellwerke wie in Köln lassen sich durch Schnittstellen für den digitalen Zugbetrieb nachrüsten“, sagt DB InfraGo-Vorstand Philipp Nagl.
Könnte es also doch noch etwas werden mit dem digitalen S-Bahnverkehr in Köln, den go.Rheinland-Geschäftsführer Norbert Reinkober für unabdingbar hält?
Nur nach der Digitalisierung könne man 33 statt bisher 15 S-Bahnen pro Stunde über die sogenannte Stammstrecke zwischen Köln Messe/Deutz und dem Hauptbahnhof schleusen, wenn die geplante Erweiterung der beiden Stationen um jeweils einen Bahnsteig mit zwei Gleisen abgeschlossen ist, so Reinkober. Die Planungsunterlagen liegen bereits beim Eisenbahnbundesamt. Das ist die Genehmigungsbehörde.
Neue S-Bahnen fahren ab 2033
Technisch sei das machbar, beim Neubau in Stuttgart werde die Digitaltechnik gleich mitgedacht, sagt InfraGo-Vorstand Nagl. Stuttgart 21 mit seiner klaren und vergleichsweisen simplen Gleisstruktur lasse sich mit einem klassischen Hauptbahnhof nicht vergleichen.
Für Köln muss er diese Erwartungen enttäuschen. Dazu müsste zuvor der gesamte Hauptbahnhof mit seinem Gewirr von Gleisen, Kreuzungen und Weichen für beide Fahrsysteme ausgerüstet werden. Digital gesteuert ohne Signale nach dem standardisierten European Control System – und elektronisch mit Signalen. „Das geht nicht anders, weil es im Kölner Hauptbahnhof keine strikte Trennung zwischen S-Bahn, Regional- und Fernverkehr gibt. Und das wäre viel zu teuer.“
Zumal die Bahn bis zum Ende des Jahrzehnts völlig andere Prioritäten setzt. „Es muss erstmal dafür gesorgt werden, dass der Bestand saniert wird“, sagt Infrastrukturvorstand Huber. „Die Digitalisierung kann man sich sparen, wenn das Bestandsnetz nicht funktioniert. Wichtig ist, dass wir das angehen, was unsere Kunden am meisten quält und dass wir kein Geld ausgeben für Dinge, die in zehn oder 15 Jahren vielleicht wirksam werden. Wir investieren jetzt in die Instandhaltung mit dem Ziel, danach den Betrieb nicht durch Störungen und Bauarbeiten ständig durcheinanderzubringen.“
Minimalziel sei, dass nach der Sanierung zumindest die gleiche Anzahl an Zügen ohne größere Störungen unterwegs sei, so Huber. Mit Blick auf die Bahnknoten wie Köln müsse man deshalb mit den Aufgabenträgern in einen Dialog kommen, ob der Regionalverkehr nicht reduziert werden könne.
„Der Fernverkehr nutzt nur 15 Prozent aller Trassen, die zur Verfügung stehen. Es ist der Regionalverkehr, der die Bahnknoten zufährt und verstopft“, so Huber. Man werde darüber reden müssen, ob beispielsweise Verstärkerzüge herausgenommen werden können, wenn sich dadurch der Betrieb stabilisieren und die Pünktlichkeit verbessern lasse. Es gebe bereits jetzt Aufgabenträger, die laut über Angebotskürzungen nachdächten, weil das Geld nicht reicht.
Das wird man bei go.Rheinland nicht gerne hören. Dort ist man seit Jahren auf Expansionskurs. Gemeinsam mit dem Verkehrsverbund Rhein-Ruhr hat man beim Zughersteller Alstom 90 neue S-Bahnen bestellt, die ab 2033 zur Verfügung stehen sollen. Ein Auftrag von fünf Milliarden Euro, einschließlich Wartung und Instandhaltung, mit einer Laufzeit von 30 Jahren. Sie werden so konstruiert, dass man sie mit digitaler Technik nachrüsten kann. Nur wann die kommt, kann derzeit keiner sagen.
Huber hält das dennoch für eine kluge Entscheidung. Schließlich seien die neuen Züge mindestens 30 Jahre unterwegs. Bis dahin sollte auch im Bahnknoten Köln das letzte Signal verschwunden sein.