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Trotz 160 Millionen für StellwerkScheitert die Digitalisierung der Kölner S-Bahn am Geld?

Lesezeit 5 Minuten
Die Deutsche Bahn baut auf der Hohenzollernbrücke neue Signalbrücken für das elektronische Stellwerk.

Die Deutsche Bahn baut auf der Hohenzollernbrücke neue Signalbrücken für das elektronische Stellwerk.

Das neue Sanierungsprogramm der Deutschen Bahn bis 2027 sorgt beim Verkehrsverband go.Rheinland für Irritationen.

Sehr zufrieden mit der Arbeit seiner Leute steht Dieter Baier mitten auf der Hohenzollernbrücke, neben ihm ein Regional-Express, der wegen der Bauarbeiten mal wieder nicht vorankommt. Das alles soll sich in Kürze ändern, wenn das Stellwerk am Hauptbahnhof und seine beiden Kompagnons auf der linken Rheinseite und in Bonn Bad Godesberg einschließlich aller Signal modernisiert sind.

„Wir haben viel geschafft in dieser Sperrpause“, sagt der Projektleiter für das elektronische Stellwerk Köln stolz und zeigt auf eine der neuen Signalbrücken über den beiden mittleren der sechs Gleise, die den Weg in die neue elektronische Zukunft der Bahn weisen sollen.

Neue Stellwerkstechnik geht Anfang 2026 in Betrieb

Seit dem 16. September sind die Brücke, der Hauptbahnhof und der Bahnhof Köln-Messe/Deutz nur eingeschränkt befahrbar. Ein Zustand, der noch bis zum 31. Oktober anhalten wird. Doch es gibt Hoffnung für die Baustellen geplagten Pendler und Fernreisenden, die sich schon so oft durch das Nadelöhr Köln quälen mussten.

„Ende des Jahres sind die Bauarbeiten erledigt, Mitte 2025 beginnen wir mit der Abnahme“, verspricht Baier. „Ab Anfang 2026 haben wir dann hier Ruhe.“

Die Deutsche Bahn baut auf der Hohenzollernbrücke neue Signalbrücken für das elektronische Stellwerk.

Arbeiter erneuern die Abspannung der Oberleitung.

160 Millionen Euro werden dann allein ins Stellwerk am Hauptbahnhof geflossen sein, weitere 165 Millionen in die beiden anderen Standorte. Das heißt aber noch lange nicht, dass S-Bahnen und Regionalzüge in kürzerem Abstand fahren werden. „Der Zugverkehr wird zuverlässiger laufen. Wir haben mehr Möglichkeiten der Steuerung bei Betriebsstörungen. Das ist die Voraussetzung für eine spätere Digitalisierung“ ergänzt ein Bahnsprecher. „Irgendwann sollen die Züge ganz ohne Signale fahren.“

Irgendwann? Für Norbert Reinkober, den Geschäftsführer von go.Rheinland, war das für die Kölner S-Bahn bisher mit einem konkreten Datum verbunden. Ab 2033, wenn 90 neue S-Bahnen, die go.Rheinland zusammen mit dem Verkehrsverbund Rhein-Ruhr beim Zughersteller Alstom, zur Verfügung stehen. Ein Auftrag, der einschließlich Wartung und Instandhaltung über 30 Jahre läuft und fünf Milliarden Euro schwer ist.

Bis dahin sollen der Kölner Hauptbahnhof und der Bahnhof Köln-Messe/Deutz um jeweils einen S-Bahnsteig mit zwei Gleisen erweitert sein und die digitale Zukunft beginnen. Ohne digitale Zugsteuerung sei ein Fahrplantakt mit 33 Zügen pro Stunde selbst bei dem Ausbau der Bahnhöfe und der weiteren Projekte unmöglich sagt Reinkober. „Dann schaffen wir höchstens 24. Derzeit sind es 15.“ Die neuen S-Bahnen seien für den Einbau der Digitaltechnik vorgerüstet.

Bahn will Betriebskonzepte im Nahverkehr vereinfachen

Für erhebliche Verunsicherung hat dagegen die Deutsche Bahn vor zwei Wochen gesorgt. In einer Presserklärung des Konzerns heißt es, zur Entlastung der großen Bahnknoten Köln, Berlin, Frankfurt, Hamburg und München seien „operative Maßnahmen wie etwa eine veränderte Reisendenlenkung“ erforderlich. Gleichzeitig müssen „zu komplexe Betriebskonzepte, insbesondere im Nahverkehr, vereinfacht werden“. Mittelfristig brauche man für die Knoten ein anderes „Betriebsnutzungskonzept“, weil der Ausbau der Infrastruktur mit der Nachfrage nicht mithalten könne.

„Wir gehend davon aus, dass es beim digitalen Ausbau der S-Bahn bleibt“, sagt Reinkober. „Dazu brauchen wir einen Vorlauf, weil wir entsprechende Werkstattkapazitäten aufbauen müssen.“ Mit ersten Tests müsse man beispielsweise auf der Strecke nach Bergisch Gladbach spätestens ab 2029 beginnen.

Wir vermuten, dass das Papier der Bahn politisch motiviert ist
Norbert Reinkober, Geschäftsführer go.Rheinland

Alle Nachfragen des go.Rheinland-Geschäftsführers bei der Deutschen Bahn, was mit den neuen Betriebskonzepten gemeint ist, liefen ins Leere. „Sind damit Betriebseinschränkungen gemeint? Was muss man unter Reisendenlenkung verstehen? Von all diesen Konzepten wissen wir nichts und haben auch keine Antwort bekommen“, sagt Reinkober.

325 Millionen Euro für die Modernisierung dreier Stellwerke in Köln und Bonn, die über Jahre außer einem stabileren Betrieb keinen Vorteil bringen? „Wir vermuten, dass das Papier der Bahn politisch motiviert ist, um zu sagen, dass das Geld nicht ausreicht, um alle Bauprojekte durchzuführen“, sagt Reinkober.

Bei der S-Bahn sei er weiterhin optimistisch, die Digitalisierung durchzusetzen. Bei den sogenannten Hochleistungskorridoren, von denen fünf durch Köln laufen und die nicht in der Verantwortung von go.Rheinland liegen, eher nicht. Das betrifft auch die rechte und linke Rheinseite, und die Strecke Köln-Aachen.

Die neuen Signalbrücken, die Dieter Baiers Truppe gerade auf der Hohenzollernbrücke errichtet, könnten also ein langes Leben haben. Das Stellwerk für den Kölner Hauptbahnhof hat schließlich auch mehr als 50 Jahre auf dem Buckel.


Ein Tarif für Bahn und Bus im Rheinland

Ab 1. Januar 2026 soll es einen neuen gemeinsamen Tarif für Bahnen und Busse des Verkehrsverbunds Rhein-Sieg (VRS) und des Aachener Verkehrsverbunds (AVV) geben. Der Rheinland-Tarif soll das Reisen mit dem Nahverkehr zwischen Aachen und Gummersbach, Monheim und Bad Honnef deutlich einfacher machen und die bisherigen Tarife von VRS und AVV komplett ersetzen.

Die tragenden Säulen werden das Deutschlandticket für Vielfahrer und der elektronische Tarif eezy.nrw für Gelegenheitskunden sein. Daneben wird es für Erwachsene nur noch Einzeltickets, 24-Stunden-Tickets und Monatskarten geben, für Kinder gilt mit Ausnahme der Monatskarte das Gleiche.

„Der Rheinlandtarif ist eine logische Konsequenz aus dem Deutschlandticket und aus dem Mobilitätsverhalten der Fahrgäste“, betont VRS-Geschäftsführer Michael Vogel. „Die bislang bestehenden Verbundgrenzen spüren die Menschen, die mit dem Deutschlandticket unterwegs sind, seit dessen Einführung nicht mehr. Wer mit dem konventionellen Tarif reist, wird durch den Rheinlandtarif eine erhebliche Vereinfachung bei der Nutzung des ÖPNV erfahren.“

AVV-Geschäftsführer Hans-Peter Geulen betont, man werde „das bisherige Tarifangebot im Rheinland nicht nur verschlanken, sondern grundlegend reformieren.“

Mit der Einführung des Tickets sollen sämtliche Entwerter aus Bahnen und Bussen im VRS verschwinden. Um das Digitalticket eezy.nrw zu stärken, bei dem nach Luftlinientarif abgerechnet wird und das keinerlei Tarifkenntnisse erfordert, erwägen VRS und AVV, es mit einem monatlichen Kostendeckel zu versehen, der unterhalb des Preises für das Deutschlandticket liegt. (pb)