Eigentlich sollte der Bahnhof Süd nach langen Diskussionen im Jahr 2020 barrierefrei gemacht werden. Jetzt passiert bis 2028 nichts.
Lebensgefahr bei Gleis-ÜberquerungBahnhof Köln Süd frühestens in fünf Jahren barrierefrei
Die Deutsche Bahn (DB) wird den Bahnhof Süd frühestens im Jahr 2028 erneuern. Das geht aus einer Mitteilung der Stadt an den Verkehrsausschuss des Rates hervor. Bei der Maßnahme geht es im Wesentlichen darum, die gesamte Haltestelle barrierefrei zu machen: In Richtung Zülpicher Straße entsteht ein Aufzug, sodass künftig alle Gleise mit einem Aufzug zu erreichen sind. Bislang sind die Gleise eins und zwei, die in Richtung Bonn führen, nicht direkt von der Zülpicher Straße aus zu erreichen. Der Gleiswechsel ist nur am anderen Ende des Bahnhofs möglich.
Ursprünglich geplant war der Umbau für das Jahr 2020. Im Jahr 2021 hieß es von der Bahn, der Umbau werde 2026 erfolgen. Nun verschiebt sich der Zeitplan erneut zwei Jahre nach hinten, mindestens. Denn auf dem Weg zur Erneuerung gibt es für Bahn und Stadt verschiedene Hürden. Zum einen läuft seit mehreren Jahren ein Streit zwischen der DB und einem Architekten, dem ein Grundstück gehört, das an den Bahnhof grenzt. Darauf befindet sich ein verwaistes Bistro. Dazu gibt es verschiedene Aussagen: Der Architekt gab im Jahr 2021 an, dass sich die DB nach deutlich niedrigeren Angeboten zuvor auf seine Forderung von 1,42 Millionen Euro eingelassen habe, danach allerdings keine weiteren Schritte eingeleitet hätte. Inzwischen läuft laut Bahn ein Enteignungsverfahren.
Köln-Süd: Umsetzung im Jahr 2028 ist laut Bahn der schnellste Weg
„Es gab mehrere Angebote, die auch über den normalen Marktpreis hinausgingen“, sagt Bahnsprecher Stefan Deffner. „Wir haben das Ganze genau geprüft. Und wir benötigen das Grundstück, um die Aufzüge zu installieren, es ist die einzige Möglichkeit.“ Ihm zufolge habe sich der Eigentümer in den Verhandlungen nicht auf die Angebote der Bahn eingelassen. Parallel zu dem laufenden Enteignungsverfahren müsse die Bahn mit den Planungen zur Modernisierung der Station beginnen, damit das Unternehmen frühzeitig eine Sperrzeit für die Strecke bekommen kann. Das heißt: Eine Zeit, in der die Züge zwischen Köln und Bonn nicht über den Bahnhof Süd fahren, was eine große Verkehrseinschränkung ist.
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„Es ist schwierig, auf solchen Strecken eine Sperrzeit zu bekommen“, so der Sprecher. Zwar ist die Bahn selbst zuständig, die Sperrungen zu genehmigen. Andere Abteilungen aber, die den Verkehrsfluss im Blick haben, müssen den Antrag genehmigen. „Im Moment gehen wir davon aus, dass wir die Sperrzeit nicht vor 2028 bekommen“, so der Deffner. Verzögere sich das Enteignungsverfahren, könne es sogar noch ein Jahr später werden. Und selbst wenn die Sperrpause für 2028 am Ende vorliege, müsse man schnell genug Baufirmen finden, die das Projekt umsetzen. Auch das sei nicht selbstverständlich.
Deutsche Bahn: Genehmigung für Sperrzeit lag für das Jahr 2020 vor
Eine Einschätzung, die dem Verkehrsausschuss von der Stadt Köln nicht nahegelegt wird: „Ein Grundstück, dass für die Maßnahme erforderlich ist, musste noch aufgekauft werden, jedoch legte der Eigentümer Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss ein. 2022 wies das Oberverwaltungsgericht Münster die Klage ab, so dass nunmehr das uneingeschränkte Baurecht vorliegt“, heißt es in der Mitteilung. Laut DB ist es nicht ganz so unkompliziert.
Die Verzögerung ist aus Sicht der Bahn auch deshalb besonders ärgerlich, weil für den November 2020 einst eine Sperrpause vorlag. Auch die Baukosten von 8,3 Millionen Euro sind längst genehmigt. Vor knapp drei Jahren wurden wegen der fehlenden Einigung dann aber nur Dächer, Blindenleitsystem und Bahnsteigbelag auf Stand gebracht. Barrierefrei ist die Haltstelle weiterhin nicht – und wird es mindestens in den nächsten fünf Jahren auch nicht werden.
Tödliche Gefahr auf den Gleisen: Wird der Umbau helfen?
Die Dringlichkeit ist auch aus einem anderen Grund hoch: Am Bahnhof Süd überqueren besonders viele Menschen illegal die Gleise. Dass die Gleise in Richtung Bonn nicht direkt über die Zülpicher Straße zu erreichen sind, gilt als wesentlicher Grund dafür. Die Verzögerung führt also mittelbar auch dazu, dass sich mehr Menschen in Gefahr bringen. Auch, wenn Stadt und DB nicht davon ausgehen, dass das Problem durch die Barrierefreiheit gelöst werden kann. „Das widerrechtliche Betreten der Bahnanlagen ist nicht zu rechtfertigen. Ob der neue Bahnsteigzugang mit seiner Lage das widerrechtliche Betreten der Bahnanlage verhindert, ist allenfalls zu hoffen. Im Wesentlichen geht es bei dem Projekt um die barrierefreie Anbindung der Haltestellen“, heißt es von der Stadt. Und von der Bahn: „Wer regelmäßig über die Gleise geht, wird nicht plötzlich den Aufzug nehmen. Leider gibt es ein paar Unverbesserliche.“
Laut Bundespolizei gibt es auch andere Gründe, aus denen Menschen am Bahnhof Süd auf die Gleise gehen. „Von hier aus besteht entlang der Gleise eine direkte Verbindung zum Bahnhof West – das wird leider auch nicht selten von Leuten in der falschen Annahme genutzt, an den Gleisen entlang zügig dorthin zu kommen“, sagte Bundespolizistin Theresa Schröter im April, als sie vor Ort auf die Lebensgefahr hinwies. Neben der Bedrohung für Leib und Leben seien im Fall einer durch Menschen im Gleis verursachten Streckensperrung auch fast immer „erhebliche logistische Einschränkungen“ die Folge. An einem Dienstagmorgen Ende Juni war dies wieder der Fall: Eine RB 48 meldete Personen im Gleis, die Bundespolizei rückte aus und fand niemanden, die Strecke war für eine halbe Stunde blockiert, der Berufsverkehr zwischen Köln und Bonn geriet ins Stocken. Eine Situation, die sich bis 2028 noch häufig wiederholen dürfte. Mindestens.