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Baumkauf auf den letzten MeternNachfrage nach Weihnachtstannen in Köln gestiegen

Lesezeit 4 Minuten

Weihnachtsbaumverkauf an der Deutzer Freiheit.

  1. In der Pandemie ist die Nachfrage an Weihnachtsbäumen in Köln gestiegen. Engpässe gibt es aber nicht.
  2. Am Deutzer Weihnachtsbaumstand „Stefan Lüdenbach“ herrscht großer Andrang, besonders wegen ihres Bio-Zertifikats sind die Tannen beliebt.

Köln – Iris und Hendrik Figgel haben sich am Deutzer Weihnachtsbaumstand „Stefan Lüdenbach“ in diesem Jahr für eine Blaufichte entschieden: „Es gibt ja kaum noch Auswahl. Wir hätten sonst eine Nordmanntanne genommen – die nadelt weniger. Aber immerhin riechen Fichten stark nach Weihnachten“, sagt Henrik Figgel.

An diesem sonnigen, vierten Adventssamstag ist der Nippeser hergekommen, um seiner Mutter beim Tragen des Weihnachtsbaums zu helfen. Für beide ist er ein wichtiger Bestandteil des Fests, denn normalerweise versammeln sich über die Feiertage bis zu 30 Familienangehörige zum Singen und Musizieren um ihren Baum. „Dieses Jahr werden wir ihn zu zweit bewundern, denn ganz ausfallen soll Weihnachten auf keinen Fall“, sagt die 83-jährige.

Trend zum Bio-Weihnachtsbaum

„Wir haben am dritten Advent mit 600 Bäumen angefangen, und sieben Tage später sind noch 50 da. Montag sind wir bei dem Tempo ausverkauft“, sagt Baumverkäufer Jürgen Schenk. Wie jedes Jahr hilft er am Weihnachtsbaumstand seines Schwagers aus. „Letzten Samstag hatten wir eine meterlange Schlange hier, das habe ich in meinen zehn Jahren als Verkäufer noch nicht gesehen. Viele hatten Angst, vor dem Lockdown keinen Baum mehr zu bekommen.“ Auch die Familie habe da noch befürchtet, den Stand schließen zu müssen. Sie durfte aber weiterverkaufen, zur Erleichterung der Kunden.

Die Lüdenbacher Bäume sind vor allem wegen ihres Bio-Zertifikats gefragt: „Wir lassen Schafe die Bäume putzen und nutzen keine Pestizide. Wir merken, dass nachhaltiger Anbau den Kunden über die Jahre wichtiger geworden ist“, sagt Kira Schenk, die ihren Vater beim Verkauf unterstützt. Sie wendet sich einem Paar zu, dass eine ein Meter große Blaufichte begutachtet: „Das wäre unser erster Baum seit vier Jahren. Wir feiern Weihnachten normalerweise nicht in Köln“, sagt Moritz S., „aber dieses Mal machen wir es uns mit echten Kerzen am Baum gemütlich.“ Mit Verwandten werde dann eben telefoniert, um persönliche Kontakte zu vermeiden und 2021 hoffentlich wieder gemeinsam feiern zu können.

Nordmanntanne ist die beliebteste Baumart

Ein Meter Blaufichte kostet in Deutschland zwischen zehn und 16 Euro, während ein Meter Nordmanntanne zwischen 18 und 23 Euro kostet. Letztere ist die beliebteste Baumart der Deutschen. „Neben den Verkäufen an Ständen vermuten wir, dass auch der Online-Kauf von Weihnachtsbäumen dieses Jahr attraktiver geworden ist“, sagt Eberhard Hennecke, Vorsitzender des Landesverbands der Weihnachtsbaumerzeuger NRW. Sorgen, keinen Baum mehr zu bekommen, müssten sich die Kölner aber nicht machen.

Denn Deutschlands größtes zusammenhängendes Baum-Anbaugebiet, das Sauerland, sorge im gesamten Bundesland für genug Angebot. „Wir exportieren sogar Bäume, letztes Jahr blieben von sieben Millionen Bäumen nur vier Millionen in NRW“, so Hennecke. Deutschlandweit wurden rund 25 Millionen Bäume verkauft. Der Vorsitzende prognostiziert für dieses Jahr ein Wachstum von rund drei Prozent, was in NRW 120 000 verkaufte Bäume zusätzlich bedeuten würde. „Weil man nicht raus kann, wollen sich eben mehr Menschen als sonst Zuhause in Weihnachtsstimmung bringen“, so der Vorsitzende.

Weihnachtsbaumspende an Kirchen

„Wir müssen nächste Woche abwarten, um zu schauen, ob die Leute dieses Jahr einfach allesamt früher ihre Bäume gekauft haben oder ob sich die starke Nachfrage bis Weihnachten hält“, sagt hingegen Victor Dünn, Eigentümer des „Gut Clarenhof“ in Frechen. Samstag stauen sich jedenfalls noch viele Autos in der Hofeinfahrt, fast alle mit Kölner Kennzeichen. Denn auf dem Gut können Weihnachtsbäume geschlagen werden; mit geliehenen Sägen, corona-konform an der frischen Luft, auf 70 000 Quadratmetern Schonung. „Das Wetter ist heute einfach super, und einen Baum zu schlagen ist ein abwechslungsreiches Programm im Lockdown“, sagt eine Kundin, die mit ihrem Ehemann aus Vogelsang gekommen ist. „In der Stadt haben wir keinen Baum gefunden, der unseren Vorstellungen entspricht, deswegen probieren wir unser Glück zum ersten Mal hier.“

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Pro Stunde kommen zwischen 50 und 100 Haushalte auf die Schonung, sie bleibt bis zum 23. Dezember geöffnet. „Leider sind aber viele große Bestellungen von Restaurants und Hotels ausgefallen, da sie Weihnachten schließen müssen“, sagt Hofeigentümer Dünn, „weil das teilweise zehn Meter hohe Bäume sind, lassen die sich schwer an private Kunden verkaufen.“ Er spendet die großen Bäume nun an Kirchen. Hinzu kommt, dass der Hof-Weihnachtsmarkt mit Glühwein und Reibekuchen dieses Jahr ausfallen muss: „Der war immer Teil des Erlebnisses, bei uns einen Baum schlagen zu kommen.“

Die Suche ist das Ziel

Anouk ist zwei Jahre alt, und auch ohne Weihnachtsmarkt mit ihrer Ausbeute zufrieden. Die kleine Kölnerin hat den neuen Familienweihnachtsbaum ausgesucht, ihr Vater hat ihn geschlagen: „Ich komme schon seit vier Jahren her, das ist Tradition. Dabei geht es auch eigentlich mehr ums Suchen, da kann man viel Zeit mit verbringen“, sagt er. An Heiligabend wird der Baum dann, zusammen mit Mutter und Schwester, geschmückt. So kann auch trotz Lockdown besinnliche Weihnachtsstimmung aufkommen.