Köln – Der Abschied auf Raten hat für Hartmut Priess (76) begonnen. Mit dem Silvesterkonzert der Bläck Fööss verlässt ein weiteres der drei noch verbliebenen Gründungsmitglieder die Band. „Ich habe vor vielen Jahren mein Hobby zum Beruf gemacht und bin dankbar, als Musiker einen Platz gefunden zu haben, an dem man etwas bewirken kann. Jetzt bin ich in dem Alter, wo man aufhören sollte. Und ich heiße nicht Horst Seehofer. Es gibt keinen Rücktritt vom Rücktritt.“
Beim traditionellen Gastspiel vor knapp 5000 Fans am Tanzbrunnen – dort traten die Fööss im 43. Jahr auf und stimmten 37 alte und neue Titel an – überließ der Bassist am Samstagabend die Bühne schon einmal für zwei Lieder seinem Nachfolger.
Der heißt Hanz Thodam (48), zupft derzeit noch bei den Domstürmern den Bass und kam nach einem Konzert bei einem Veedelsfest in Zollstock mit dem Taxi am Tanzbrunnen vorgefahren. Bezeichnenderweise spielte Thodam nicht bei altbekannten Klassikern der Fööss mit, sondern bei zwei neuen Titeln.
Priess will weiterhin Mitsing-Konzerte mit Kindern begleiten
So bei „Einsamkeit“, das die Gefühlswelt eines spanischen Animateurs in einer großen Hotelanlage beschreibt, der sich immer wieder in Touristinnen verliebt, die aber nach ein oder zwei Wochen Urlaub in ihre Heimat zurückkehren, und beim am Disco-Sound orientierten Loblied auf die „Mädcher“, die vor allem im Sommer die Kääls verrückt machen.
Denn diese Lieder – gesungen von Mirco Bäumer und Pit Hupperten, den Neuzugängen der Vorjahre – die auf dem für den Herbst angekündigten neuen Album veröffentlicht werden, stehen ja auch für die Zukunft der Band. Genauso wie Thodam. „Es wird also weitergehen für die Fööss“, kündigte Priess an. „Die Alternative wäre doch gewesen, dass wir ganz aufhören. Aber das will hier im Raum keiner.“
Als eine „Art kleine Henkersmahlzeit“ hatte er sich zu einigen seiner Lieblingslieder wie „Pänz, Panz, Pänz“ und „Unger’m Adler“ (Priess: „Das haben wir auch in vielen Kneipen, die noch im Besitz meiner Deckel sind, oft gespielt“) musikalische Verstärkung von Pete Hasser an der Quetsch und Volker Becker an der Geige gewünscht. Diese beiden Musiker sind auch oft bei den kölschen Mitsing-Konzerten mit Kindern dabei, die Priess am Herzen liegen und die er auch künftig weiter begleiten will.
Abschiedsgeschenk
Der Tanzbrunnen war für Priess ein idealer Auftaktort für die bis zum Jahresende andauernde Abschieds-Tournee. „Das ist für mich nicht nur eine der schönsten Open-Air-Bühnen Deutschlands, sondern auch neben der Lanxess-Arena und dem Montessori-Gymnasium der Ort meiner liebsten Auftritte. Da stehen immer drei Generationen vor der Bühne und feiern und singen gemeinsam. Mit dem Tanzbrunnen verbinde ich viele schöne Erlebnisse.“ Und daher hatte Köln-Kongress-Chef Bernhard Conin als Abschiedsgeschenk ein großes Bild mit drei Motiven des Tanzbrunnens ausgewählt, das der Kölner Künstler Herbert Labusga, der seit vielen Jahren auch Wagen für den Rosenmontagszug baut, im Jahr 1989 gemalt hatte. Übergeben wurde das Bild am Rande des Konzerts im Backstage-Bereich.
Auf der großen Bühne und vor Publikum hatte Priess das nicht gewollt. Er war stets bodenständig, zurückhaltend und zuverlässig, aber nie eine Rampensau. Auf der Bühne stand und steht er gerne hinten rechts in der Ecke – auf jeden Fall aber in der zweiten Reihe. Da ist Nachfolger Thodam (Erry Stoklosa: „Hanz arbeitet bereits seit elf Jahren mit uns und passt sowohl menschlich als auch musikalisch absolut dazu“) schon etwas anders gestrickt, wie man bei seinem Kurzauftritt sehen konnte. Er steht durchaus mit in der ersten Reihe, und er kann auch richtig gut singen. „Dass ich demnächst immer mit denen im Proberaum, im Studio und auf der Bühne stehen werde, kann ich noch gar nicht richtig fassen“, verriet der in Nippes aufgewachsene Musiker. „Für mich geht ein Kindheitstraum in Erfüllung. Ich bin ja mit den Liedern der Bläck Fööss groß geworden. Nun darf ich ihr Lebenswerk ein Stück weit erhalten und sogar mitgestalten.“