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Konzert mit neuen SongsWie Brings durch Corona zurück zu den Wurzeln kam

Lesezeit 3 Minuten

Konzentriertes Zusammenspiel: Brings im E-Werk

Köln – Der Stillstand der Pandemie hat auch Brings eingebremst. Ein still sitzendes Publikum beim Konzert der Partyrocker? Vor Corona undenkbar. Und doch Realität beim denkwürdigen Doppelkonzert der Band im E-Werk. „Sie dürfen nicht aktiv teilnehmen“, ermahnt Manager Stefan Kleinehr vor dem Auftritt die rund 400 maskentragenden Besucher im bestuhlten Saal.

„Das ist wie im Kino – nur die Band spielt live.“ Konzerte in der Krise sind anders. Und in diesem Fall trotzdem sehr gut besucht. Dem Hygienekonzept im E-Werk trauen die Menschen offensichtlich, der zweite Gig am Abend ist ebenfalls fast ausverkauft.

Kurz nach halb fünf kommen die Musiker auf die Bühne. „Wir sind begeistert, dass ihr euch heute getraut habt, hier herzukommen“, sagt Peter Brings, singt dann „Willkumme in Kölle“. Auch dank Posaunist Michael „Schnucki“ Theising-Tegeler klingen Brings jazziger, hochkonzentriert, irgendwie ernster. Die existenziellen Fragen, die die Krise mit sich bringt, schwingen mit. „Sulang mer noch am Lääve sin…“

Maskenpflicht für die Fans während des Konzerts.

Die Band schwankt zwischen Zuversicht und Endzeitstimmung, „… un immer dat Jeföhl/ dat jeiht nit jot“ heißt es in „Rään“. Den Song eröffnet ein langes Intro von Gitarrist Harry Alfter, das Pink Floyd zitiert und eine Klangmauer aufbaut, die einen „Wall“ zieht um die Bedrohungen der Krise. Auch das neue, sehr gelungene Lied für eine zwangsberuhigte Session passt da ins Bild: „Süht et och so us, als jing de Welt hück unger/Maach et Licht an/.../ denn mer jläuve do dran/et Lävve kütt zoröck/ un mer singe Alaaf/ denn sonst simmer verlore/un singe janz höösch/ för e besser Morje.“

Rund 35 Konzerte hat die Band gespielt, seitdem sie den Lockdown mit dem ersten Autokino-Gig Europas beendete. Trotzdem sei viel Zeit zum Experimentieren im Proberaum gewesen, erklärt Stephan Brings. Da der Blick in die Zukunft schwierig sei, habe man sich mit der eigenen Vergangenheit beschäftigt, und spiele deshalb einige Songs der ersten beiden Alben (1991/1992) in stark abgespeckten Versionen. Etwa das Mutter Brings gewidmete „Katharina“, „Kattowitz“, „Glück un Leid“ oder das schwermütige „Et räänt in d’r Rhing“.

Angezogene Handbremse bei Party-Hits

Den wohl unvermeidlichen Party-Block („Jeck Yeah“, „Kölsche Jung“, „Polka“) absolvieren Band und Publikum mit angezogener Handbremse. Das ist für die vor der Bühne nicht einfach, dem Auftritt tut das Zurück zu den Wurzeln gut – Brings ist eben erstmal Rock, dann Karneval. Für den 11.11. hat der Sänger jedenfalls schon eine Idee: „Da liege ich mit meiner Frau und einer Flasche Wein im Bett und schaue mir das Colonia-Duett im TV an – das wird heiß!“

Konkret thematisiert wird der so wie bisher nicht stattfindende Karneval auch. „Es dauert nit esu lang, dann künne mer widder knutsche“, moderiert fast wehmütig Peter Brings ein sehr zurückgenommenes „Riesekamell“ an, und grinst: „Ihr könnt dann auf mich zurückkommen.“ Und mit dem neuen Regensong „Rään 2“, der ein bisschen nach U2 klingt, ist auch der Klimawandel Thema: „Es dat dat Morje, in dat mer jonn,/ mer bruche Rään, sibbe Daach lang.“

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Brings sind schon immer auch eine politische Band, aktiv bei Arsch huh von Anfang an. Mit Nazis demonstrieren, dass gehe auch zu Corona-Zeiten gar nicht, warnt Peter Brings. Und später erzählt er, die Bilder aus Moria hätten ihn um den Schlaf gebracht. Und singt zum Finale ein hoffnungsvolles „Liebe gewinnt“. Nach rund 100 Minuten ist dann „Heimjonn“ angesagt. Nachdenklich vielleicht, aber auch froh, endlich mal wieder Live-Musik gesehen zu haben. Die gibt es – man muss nur hingehen. Es lohnt sich. Auch für die Musiker: „Das war toll, weil das Publikum viel genauer hinhört. Man fühlt sich wieder als Künstler. Ernstgenommen.“