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BürgerinitiativenZollstock soll blühen

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Anne und Thomas von der Initiative "Zollstock erblühe".

Köln-Zollstock – Immer mehr tatkräftige Zollstocker gießen und gärtnern vor ihrer Haustür, um die Bäume zu schützen, dem Klimawandel entgegenzuwirken, die Artenvielfalt zu retten und um das Veedel schöner zu machen. Wir stellen Ihnen vier Gruppen vor, die im Veedel für die Natur ehrenamtlich im Stadtteil im Einsatz sind.

Grüne Raben der Melanchthonkirche: Nicht jammern – anpacken!„Ich wohne erst seit ein paar Monaten in Zollstock und habe von der Aktion im Schaukasten gelesen. Ich finde die Idee super und möchte gerne mitmachen“, stellt sich Rieke Schmitz der Gruppe an der Melanchthonkirche vor. „Prima, herzlich willkommen, je mehr helfende Hände, desto besser!“, freut sich Sabine Müller, Presbyterin und Initiatorin der „Grüne(n) Raben“ der evangelischen Kirchengemeinde in Zollstock. Die Gruppe gründete sich im März und kümmert sich um die Grünflächen der Kirche und umliegende Bereiche. Derzeit treffen sie sich jeweils am letzten Samstag im Monat für zwei Stunden, sammeln Müll, gießen Bäume und überlegen, wie sie die grünen Bereiche in Umgebung der Kirche aufwerten können. Die Flächen, die vor dem Hauptportal liegen, gehören zum Teil der Kirche, zum Teil der Stadt und wirken mit ihrem wuchernden Gras verwildert. „Hier wollen wir pflegeleichte Blumenwiesen anlegen. Außerdem planen wir unter anderem Nisthilfen für Vögel, Insektenhotels und Naschkästen im Pfarrgarten“, erläutert Müller. Ebenfalls die Baumscheiben nahe der Kirche wollen die Grünen Raben umgestalten. Nach getaner Arbeit setzt sich die Gruppe zusammen und plant, wie sie weiter vorgehen will. „Die Gemeinschaft ist ein ganz wichtiger Aspekt“, betont Müller. Ende Juli mähten die Raben das wilde Gras vor der Kirche. „Es geht darum, dass man nicht nur jammert und einfordert, die Stadt soll etwas machen, sondern dass man selbst anpackt“, erklärt Müller.

Zollstocker packen an beim Artenschutz vor der Haustür

Die Initiative Vorgebirgsgarten entstand im Frühjahr 2021. Es zunächst darum, den seit 2016 brachliegenden und trostlosen Spielplatz am Vorgebirgsplatz wieder herzurichten. „Wir haben Müll eingesammelt, haben auf dem Platz und im Außenbereich Blumen gepflanzt, damit es netter aussieht und der Platz wieder zu nutzen war“, erzählt Katrin Herbon, Gründerin der Initiative. Dabei hätten sie und die weiteren Helfer viel Zuspruch von Nachbarn bekommen und manche hätten sich spontan angeschlossen, berichtet die junge Mutter aus der Irmgardstraße. Ende des Jahres rollten auf dem Vorgebirgsplatz die Bagger an, der Spielplatz wurde neu gemacht und seit März tobt hier das pralle Kinderleben. „Unsere selbstgestellte Aufgabe war damit erledigt, aber es hatten sich so viele gute Begegnungen unter den Nachbarn ergeben, dass wir weitermachen wollten“, berichtet Herbon.

Mittlerweile trifft sich die Initiative jeden zweiten Mittwoch und gießt vorwiegend junge Bäume und Sträucher in der Irmgardstraße und am Vorgebirgsplatz. Ein Standrohr dafür leihen sie sich von der Köln-weit aktiven Baumgießerin Claudia di Gennaro, Wassersäcke holte Herbon bei der Stadt ab. Außerdem übernahmen einige der Initiative die Pflege von Baumscheiben. „Ich finde es toll, etwas mit anderen Menschen zu machen und interessiere mich dafür, was vor meiner Haustür passiert“, beschreibt Thomas, der seit 16 Jahren am Vorgebirgsplatz wohnt. Auch Stefan, der seit acht Jahren in Zollstock lebt, ist dabei. „Ich finde, das ist ein sehr sinnvolles Engagement und es trägt dazu bei, dass man sich in der Nachbarschaft besser kennenlernt“, meint er. Demnächst will die Initiative einen kleinen Grünstreifen an der Kreuzung Vorgebirgstraße/Gottesweg bepflanzen. „Wir wollen Zollstock zum Blühen bringen!“, sagt Herbon. Prima findet sie, dass die verschiedenen Gruppen und Initiativen in Zollstock miteinander vernetzt sind.

Baumgießen musste zunächst erlernt werden

„Wasser marsch!“ – Das ist für die fleißigen Baumgießer des Allgemeinen Bürgervereins Zollstock e.V. ein vertrauter Ruf. Nach über zwei Jahren Gießerfahrung sind die Mitmacher bei der Truppe „Zollstock gießt!“ routiniert im Anbringen der Standrohre an die Hydranten und im Gießen per Wassersack. Die Säcke geben das Wasser tröpfchenweise über einen längeren Zeitraum direkt an den Wurzelbereich der Bäume. „Unsere Initiative ist ein Kind der Pandemie. „Alle sind an der frischen Luft, haben Bewegung, die Abstände können eingehalten werden, und beim Klaaf kann man den Bäumen etwas Gutes tun. Das war unser Gedanke“, erklärt Tobias Arens vom Bürgerverein. „Das Gießen mussten wir anfangs erstmal lernen. Also nicht in die Wurzel-Belüftungen gießen, nur die Bäume bis 40 Zentimeter Umfang, da es bei dickeren Bäumen so gut wie keinen Effekt hat. Wir halten uns an die Empfehlungen des Grünflächenamtes“, berichtet Arens. 2020 seien sie im Sommer fast jede Woche mit bis zu 20 Helfern zwei bis drei Stunden unterwegs gewesen, erinnert er sich. Seither trifft sich in den warmen Monaten eine Gruppe jeden Donnerstag, die Gießorte variieren, damit alle Bäume drankommen.

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Im September wird es so weit sein: Dann können die Zollstocker die reifen Trauben am „Hang“ von St. Pius ernten. Gepflanzt haben die Weinreben Mitglieder der Umweltgruppe der Gemeinde im März. Auch Himbeersträucher, Brombeersträucher, Johannisbeersträucher und Heidelbeerbüsche brachten sie in die Erde. Die Gruppe gründete sich im vergangenen Jahr und hat sieben aktive Mitglieder, darunter auch Pfarrer Andreas Brocke.„Wir wollten etwas für das Miteinander im Veedel schaffen. Da uns alle Nahrung und Essen sehr prägt, kamen wir auf diese Idee, angelehnt an die essbare Stadt“, sagt Margarete Heinen von der Umweltgruppe. Ein „naschbares Veedel“ nennt die Gruppe ihr Projekt.

Im letzten Jahr baute sie Nisthöhlen für Fledermäuse und brachte sie außen am Pfarrsaal an. Im Pfarrgarten legten die Umweltschützer ein Sandbeet an für seltene und gefährdete Erdbienen-Arten. „Der Naschgarten ist ein weiterer Schritt, um das Zollstocker Veedel grüner, schöner und lebendiger zu machen. Kirche bedeutet nicht nur Glaube, sondern im Besonderen Gemeinschaft. Und die Gruppe hofft, so einen Beitrag zu dieser Gemeinschaft zu leisten“, so Pfarrer Brocke.