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Campen mit RheinblickDeswegen ist Köln für Wohnmobilreisende so attraktiv

Lesezeit 7 Minuten
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Nicole und Peter Schmitt aus Ludwigshafen machen Urlaub in Riehl.

  1. Immer mehr Deutsche entscheiden sich für eine Reise mit dem Wohnmobil. Daran hat auch die aktuelle Corona-Situation nichts verändert.
  2. Im Gegenteil: Mehr denn je ist das Wohnmobil in diesem Jahr das bevorzugte Reisemittel. Nicht nur an Nord- und Ostsee, sondern auch hier – mitten in Köln.
  3. Unsere Autorin hat mit Campingplatzbetreibern und Gäste gesprochen und herausgefunden, warum Köln für Wohnmobilreisende attraktiv ist.

Köln – Antonio Martinez hat 40 Jahre in Köln gearbeitet. Anfang der 80er als Kellner im Dom-Hotel, später lange Zeit als Automechaniker. Dann kehrte er in seine spanische Heimat zurück. Nun ist der 66-Jährige wieder da. Nur mit Shorts, Schlappen und Käppi bekleidet sitzt er in einem Campingsessel vor seinem Bus und schaut aufs Wasser. „Das ist der beste Platz hier“, stellt Martinez fest und weist mit dem Arm nach schräg oben, wo die Zoobrücke wie die obere Leiste eines Bilderrahmens das Rheinpanorama mit Dom, Altstadt und Groß St. Martin einfasst.

Er sei auf dem Rückweg von Nord- und Ostsee – insgesamt zwei Monate unterwegs, erzählt Martinez, der mit seinem blauen Gefährt, einem ehemaligen Post-Bus, schon 78000 Kilometer gereist ist. Nun will er ein paar Tage am Rhein stehenbleiben für „fünf Euro am Tag“. So viel kostet das Tagesticket am Parkautomaten. In früheren Jahren habe er schon mal bei Bergers in Rodenkirchen gestanden, „aber mit Corona ist alles so kompliziert“, sagt er.

Übernachten ja, Campen nein

Im Gegensatz zu unseren niederländischen Nachbarn, die eine Übernachtung nur auf ausgewiesenen Stell- oder Campingplätzen dulden, ist hierzulande zumindest das einmalige Übernachten „zur Wiedererlangung der Fahrtüchtigkeit“ erlaubt. Man kann es Köln-Besuchern mit eigenem Bett an Bord also nicht verübeln, wenn sie sich besonders aussichtsreiche Plätze für die Rast wählen.

Campen im öffentlichen Straßenraum – sprich: das Übernachten in Zelt, Wohnwagen oder Wohnmobil – ist laut Kölner Straßenordnung indes nicht erlaubt, sondern gilt gemäß §11 Absatz 2 ähnlich wie Betteln als „störendes Verhalten in der Öffentlichkeit“. Da die Stadt die Sache mit der einen Übernachtung aber offenbar nicht so streng sieht, wie ein Wohnmobilist an der Zoobrücke grinsend einräumt, bleibt manches Fahrzeug länger stehen.

Der neben Martinez parkende Mann ist KVB-Mitarbeiter und einer von 4500 Kölnern, die derzeit in der Stadt ein Wohnmobil angemeldet haben. Während der 58-jährige sein Fahrrad vom Anhänger seines Fahrzeugs löst, um zu seiner Schicht zu fahren, erzählt er von sich. „Meine Wohnung ist zwei Kilometer entfernt. Aber die hat jetzt meine Tochter. Was soll ich mit 55 Quadratmetern, wenn ich in meiner Bude nur vorm PC sitze? Hier komme ich mit Menschen ins Gespräch.“ Seit Mitte Mai – „mit kleinen Unterbrechungen“ – stehe er nun schon auf dem Parkplatz unter der Zoobrücke.

Begehrte Stellplätze mit Rheinblick

Weshalb er nicht im nur wenige hundert Meter entfernten Reisemobilhafen in der Nähe des Colonia-Hochhauses stehe, wo er auch Frischwasser tanken und Abwasser entsorgen könnte? Der 58-Jährige winkt ab. „Viel zu teuer für das, was der an Service bietet. Das ist ein Witz!“, schimpft er mit Blick auf die zwölf Euro, die er dort pro Nacht entrichten müsste.

Die Einschätzung kann ein Ehepaar aus Ludwigshafen indes nicht teilen. „Das hier ist ein sehr guter Platz. Zentral gelegen, ruhig und mit super Aussicht“, findet Peter Schmitt. Kürzlich seien sie in Speyer gewesen und hätten dort mehr als das doppelte für weniger Komfort gezahlt.

Der Schlossermeister und seine Frau Nicole sind am Spätvormittag in Riehl gelandet und haben noch eine Position mit Rheinblick wählen können. Am vergangenen Wochenende hätten sie dieses Glück nicht gehabt, „da war es hier rappelvoll“, sagt ein Mann, der schon länger im Reisemobilhafen logiert und gerade einem frisch angereisten Ehepaar erklärt, wo man Strom bekommen kann. Ehepaar Schmitt kannte den Standort bereits von einer Köln-Tour vor vier Wochen und bestätigt, dass der einzige offizielle Stellplatz der Stadt da „komplett voll“ gewesen sei.

Auf dem Städtischen Campingplatz in Poll oder auf dem privat betriebenen in Rodenkirchen hätten sie dennoch nicht ausweichen wollen. „Wir brauchen lediglich einen großen Stellplatz“, betont Nicole Schmitt. Toilette, Dusche und auch Verpflegung haben sie an Bord. Trotzdem würden sie es begrüßen, wenn sanitäre Einrichtungen zu Verfügung stünden. „Vor Corona konnte man die in der Jugendherberge benutzen, jetzt geht das nicht.“

Parkplatz ohne Campingromantik

Einer jungen Frau aus Stuttgart, die sich gerade in ihrem VW-Bus einrichtet, war diese Information unbekannt. Sie habe einer Internetseite der Stadt die Information entnommen, dass man morgens in der Riehler Jugendherberge duschen könne und sich daraufhin für den Platz entschieden. Die innenstadtnahe Lage komme ihr entgegen, weil sie sich Sehenswürdigkeiten anschauen wolle. Normale Campingplätze, fügt die 34-Jährige hinzu, steuere sie grundsätzlich nicht an, weil sie mit kleinem Budget unterwegs sei.

Betrachtet man die großen Caravans neben dem Bus aus Schwaben, kann man sich den Kostenfaktor nur schwer als Argument gegen eine Übernachtung auf dem Campingplatz wie dem Städtischen in Poll vorstellen, wo man zu zweit 24,67 Euro inklusive Kultursteuer berappen müsste.

Aber womöglich ist es falsch, von der Ausstattung eines Wohnmobils Rückschlüsse auf den Geldbeutel des Fahrers zu ziehen. Nach Einschätzung von Platz-Betreiberin Astrid Eckardt sind nämlich etwa 30 Prozent der Urlauber in einem Leihmobil unterwegs. „Die Branche boomt, und gerade die Wohnmobilverleiher machen zurzeit den großen Reibach.“

Ihr Kollege Bernhard Berger von der anderen Rheinseite vermutet hingegen, dass die Entscheidung für oder gegen einen Campingplatz eher eine Typfrage ist. Anders als es die Werbung mit romantischen Fotos vom einsamen Camper am menschenleeren Strand bei Sonnenuntergang suggeriere, sei der normale Stellplatz in der Regel nichts anderes als ein Parkplatz, der jeder Schönheit entbehre, stellt Bernhard Berger klar. Menschen, die Entspannung oder Erholung suchten, reiche das nicht. Wer hingegen nach Shopping, Sightseeing und Restaurantbesuch nur noch ins (eigene) Bett fallen wolle, findet seiner Meinung nach in Köln ein ausreichendes Angebot vor.

Enormer Zuwachs in der Caravan-Branche

Wie viele Übernachtungsgäste täglich mit ihren Wohnmobilen in die Stadt kommen, darüber kann auch Köln-Tourismus keine Angaben machen. Geschäftsführer Jürgen Amann hebt jedoch hervor, dass die Destination Köln mit ihren Campingplätzen und dem Stellplatz für Wohnmobile „ein gutes Angebot für Camper und Wohnmobilisten“ bereithält.

Das sieht Daniel Rätz, Sprecher des in Frankfurt ansässigen Caravaning Industrieverband, (CIVD) anders. „Heute sind 50 Prozent – sprich: über eine halbe Million – mehr Wohnmobile auf den Straßen unterwegs, als noch vor fünf Jahren.“ Der enorme Zuwachs komme nicht allein durch die gestiegenen Neuanmeldungen zustande, sondern auch dadurch, dass der Bestand nicht spürbar abnehme.

Trotz Corona habe die Caravan-Branche gerade das beste erste Halbjahr ihrer Geschichte erlebt. Von Januar bis Juni wurden bundesweit 39627 Reisemobile neu zugelassen – zwölf Prozent mehr als im selben Zeitraum des Vorjahres. Reisemobilisten seien eine kauf- und konsumfreudige Zielgruppe, betont Rätz. Neuen Erhebungen zufolge gebe jeder am Tag rund 50 Euro aus. Insofern müsse eine Stadt wie Köln durchaus ein Interesse daran haben, dieser Klientel innenstadtnah ausreichend Platz zur Verfügung zu stellen.

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Vielerorts sei zu beobachten, dass Städtetouristen auf die Peripherie einer Stadt auswichen und dann mit Fahrrad oder E-Bike in die City führen. Das ist aus Sicht von Robert Frohn in Köln aber kaum möglich, da es außerhalb kaum Angebote gebe. Nicht nur im ländlichen Raum, auch unsere städtischen Nachbarn Düsseldorf und Bonn verfügen über keine offiziellen Stellplätze. Frohn ist der Betreiber des Reisemobilhafens in Riehl und daher gut im Thema.

Bis vor kurzem hätte er ähnlich wie der CIVD-Sprecher gesagt: „Die Kapazität reicht nicht aus. Erst recht nicht bei großen Messen oder Bundesliga-Spielen.“ Corona habe die Situation jedoch komplett verändert. „Sonst haben wir im August 40 bis 60 Prozent Italiener auf dem Platz. Im Moment gerade einen.“

Schaut man auf die zahlreichen Stellplatz-Apps, die es gibt, liegt die Vermutung nahe, in der viertgrößten Stadt Deutschlands seien wesentlich mehr Wohnmobil-Stellplätze als Stadtviertel zu finden. Ein Irrtum. Bei den aufgeführten Orten handelt es sich überwiegend um mehr oder minder schnöde Parkplätze. Am Reisemobilhafen in Riehl können maximal 65 mit Betten ausgestattete Fahrzeuge verbleiben. Wem diese Auswahl zu gering erscheint, müsste sich umorientieren in Richtung feststehendes Gästebett. Davon gibt es laut Hotelmarkt-Report NRW 2019 in Köln ein paar mehr: nämlich sage und schreibe 30335.