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SelbstverteidigungEhemaliger Kölner Boxer René Hehne macht Schüler fit für den Alltag

Lesezeit 3 Minuten
Der ehemalige Boxer René Hehne trainiert mit einem Jugendlichen an einem Sandsack.

Der ehemalige Boxer René Hehne trainiert in einer Box-AG mit Schülern der Henry-Ford-Realschule in Chorweiler.

René Hehne war Westdeutscher Meister im Boxen. Nun trainiert er Kinder und Jugendliche in Brennpunktvierteln und an Schulen.

Der Schlag sitzt. Konzentriert und präzise zielt Kenana auf den Sandsack vor sich. Rechts, links, rechts. Schlaghand, Führhand, Schlaghand, immer im Wechsel. „Sehr gut“, ruft René Hehne. „Kinn runter! Achte auf deine Deckung.“ In einem dunklen Raum mit bunten Graffiti an den Wänden im Keller des „Seeberger Treffs“ in Chorweiler trainiert der ehemalige Boxer mit Neunt- und Zehntklässlern der benachbarten Henry-Ford-Realschule.

„Mir tut das Training gut, um Stress abzubauen. Es hilft mir, mich besser unter Kontrolle zu haben“, sagt Kenana. „Wenn ich mal eine Woche nicht trainiere, habe ich das Gefühl, ausrasten zu müssen. Mir gefällt es, hier richtig Dampf abzulassen.“

Die 15-Jährige nimmt einmal in der Woche an der Box-AG teil, die ein Angebot der Ganztagsschule ist. „Die Jugendlichen sollen Aggressionen abbauen und den Kopf frei bekommen, damit sie sich besser kontrollieren und konzentrieren können“, erklärt Hehne die Ziele seines Trainings. „Sie lernen, wie sie sich im Notfall selbst verteidigen können und bekommen so mehr Selbstvertrauen.“

Zunächst seien Lehrer und Schulleitungen häufig erst skeptisch, wenn er Hehne ihnen sein Programm „Power dich aus“ vorstellt. „Wir wollen uns doch nicht verprügeln lassen“, hätten einige vorher gesagt, berichtet der 47-Jährige. Diese Bedenken seien jedoch unbegründet: „Bei mir gibt es ganz klare Regeln, an die sich alle halten müssen. Wenn ich von Lehrern höre, ein Schüler hat sich geprügelt, fliegt er sofort raus aus der AG“, sagt Hehne. Sein Motto laute: „Ein guter Kampfsportler prügelt sich nicht.“

Köln: Ex-Boxer René Hehne macht Jugendliche stark für den Alltag

René Hehne war Westdeutscher Meister und Mittelrheinmeister im Boxen. 2014 stand er zuletzt im Ring. Früher hat er viele Jahre als Türsteher gejobbt und war 16 Jahre lang als Werkzeugmechaniker bei Ford. 2019 hat er sich selbstständig gemacht und bietet unter anderem Box-AGs und Sportprojekte an Schulen an. Hehne ist selbst in Chorweiler groß geworden, war Schüler der Realschule. Er weiß, wie es ist, in einem Stadtbezirk mit einer sehr beengten Wohnsituation aufzuwachsen.

„Hier wohnen viele Kinder und Jugendliche, die einen prall gefüllten Lebensrucksack haben“, wie es Markus Jansen, Schulleiter der Henry-Ford-Realschule beschreibt. Einige hätten bereits früh Gewalt erfahren. Durch das Boxtraining sollen die Jugendlichen lernen, ihre Emotionen besser zu steuern und in Konfliktsituationen anders zu reagieren. „Der Vorteil ist, dass René Hehne kein Lehrer ist und keine Noten vergibt.“

Der ehemalige Boxer René Hehne übt mit einer Schülerin, die Boxhandschuhe trägt.

„Achte auf deine Deckung!“ René Hehne gibt den Schülerinnen und Schülern Tipps zur richtigen Box-Technik.

Die Teilnahme an der Box-AG ist freiwillig, aber es gibt strenge Regeln. Hehne legt Wert auf Pünktlichkeit. „Wenn ich rede, hört ihr mir zu“, mahnt er. Für einige der Jugendlichen ist die AG der einzige Sport, abgesehen vom Schulsport. „Ich wollte lernen, wie ich mich selbst verteidigen kann“, sagt Basma. „Das Boxen macht mir Spaß, ich fühle mich dadurch sicherer und sportlicher.“ Einen Rat gibt der Ex-Boxer seinen Schützlingen immer wieder: „Solltet ihr angegriffen werden, verfallt ihr nicht in Schockstarre. Setzt einen gezielten Schlag, schreit laut und lauft so schnell ihr könnt davon.“

In der AG kämpfen die Jugendlichen nicht gegeneinander. Sie üben an Sandsäcken und machen gemeinsame Partnerübungen. „Es geht dabei nicht um Schnelligkeit, sondern um kontrollierte, saubere Technik“, sagt Hehne. Immer wieder gibt er Tipps: „Schultern locker! Macht euch nicht klein!“ Tamim träumt davon, Polizist zu werden. „Ich trainiere zurzeit viel für die Aufnahmeprüfung der Polizeischule.“ Wenn er es schafft, beginnt der Zehntklässler im Sommer seine Ausbildung. Hehne bescheinigt ihm: „Du hast Talent, du kannst das schaffen!“