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„Wenn man Meschenich sagt, gucken die Leute ganz anders“Jugendliche sprechen mit Hans Sarpei über das Stigma ihrer Heimat

Lesezeit 3 Minuten
Hans Sarpei und Lena Teschlade ließen sich bei ihrem Spaziergang von Atakan interviewen.

Hans Sarpei und Lena Teschlade ließen sich bei ihrem Spaziergang von Atakan interviewen.

Im Rahmen eines Medienprojekts besuchten Jugendliche aus Meschenich Chorweiler.

Ähnlich wie Nord- und Südpol gleichen sich auch der Süden und der Norden Kölns: Hier wie dort finden sich Hochhaussiedlungen, die von den Bewohnern der „gemäßigteren Breiten“ der Stadt als soziale Brennpunkte gemieden werden. Im Süden ist es der „Kölnberg“ in Meschenich, im Norden das Chorweiler Zentrum. „Die Jugendlichen in Meschenich kennen dieses Gefühl, dieses Stigma: Man gehört eigentlich nicht wirklich zu Köln“, sagt Nikolaus Thiess vom Jugendzentrum Meschenich.

Lena Teschlade und Hans Sarpei führen Jugendliche durch Chorweiler

„Wir wollten deswegen sehen, wie sieht es in anderen Stadtteilen aus, denen es ähnlich geht?“ Im Rahmen ihres Projekts „Am Block“ waren die Jugendlichen im vergangenen Jahr schon in Porz zu Gast, nun besuchten sie Chorweiler. Empfangen wurden sie dabei von Lena Teschlade, der SPD-Landtagsabgeordneten für den Kölner Nordwesten, und Hans Sarpei: Der ehemalige Profi-Fußballer und Bundesligaspieler ist in Chorweiler aufgewachsen und gab den Meschenicher Jugendlichen viele Einblicke in seine persönlichen Erfahrungen.

Auf ihrem Spaziergang durchs Viertel führte Sarpei die Gruppe etwa zu dem Haus, in dem er seine Kindheit und Jugend verbracht hatte. Tatsächlich verbindet Sarpei viele positive Erinnerungen mit dieser Zeit. Das Schöne an Chorweiler damals war: „Es gab so viele Kinder, dass man, wann immer man auf die Straße ging, jemanden traf, mit dem man spielen konnte“, sagt er etwa. „Wir haben so viel erlebt zusammen, Kinder heutzutage kennen das gar nicht mehr.“

Enger Bezug zum Stadtteil Chorweiler trotz negativen Bildes

Dennoch habe er auch die Schattenseiten erlebt: Selbstmorde in der Nachbarschaft, den Drogenkonsum der älteren Geschwister von Schulfreunden in der Tiefgarage des Wohnhauses. „Man wird damit groß und das Schlimme ist, dass es irgendwann zur Normalität wird“, sagt er. Viele ehemalige Bewohner Chorweilers würden ihr von ähnlichen Erfahrungen berichten, so Teschlade: „Das Traurige ist: Alle haben noch einen sehr engen Bezug zum Stadtteil, sagen aber auch, dass sie froh sind, es herausgeschafft zu haben und nicht möchten, dass ihre Kinder hier groß werden.“

Stadt und Politik hätten Chorweiler lange Zeit sich selbst überlassen, sagt Teschlade – das sei jedoch inzwischen anders. Sie erinnert etwa an den Kauf und die Sanierung der Wohnungen in der Osloer Straße durch die GAG. „Man kann etwas ändern, wenn man Geld in die Infrastruktur steckt. Ich finde, Chorweiler hat sich komplett gewandelt, nur der Ruf ist leider geblieben.“

Die Erfahrung, dass der Wohnort ein Stigma sein kann, hatte Sarpei als Jugendlicher auch gemacht. „Wenn wir etwa Frauen in der Disco kennengelernt haben, haben wir damals gesagt, wir kämen aus Seeberg.“ Es ist nicht die einzige von Sarpeis Erzählungen, die der 18-jährige Atakan aus seinem eigenen Leben in Meschenich wiedererkennt. „Ich sage dann, ich komme aus der Nähe von Brühl“, sagt er, „wenn man Meschenich sagt, gucken die Leute gleich ganz anders.“