2020 wurde eine Frau durch Kopfschüsse getötet. Ihr damaliger Lebensgefährte steht unter Mordverdacht. Ein Gutachten könnte ihn nun entlasten.
Mord im Fiat PandaNeues Gutachten könnte angeklagten Kölner Familienvater entlasten

Der Angeklagte mit Verteidiger Abdou Gabbar (l.) und Dolmetscher Bahadir Aksungur (r.).
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Es sind grausame Details, die vor dem Kölner Landgericht im Prozess gegen einen Familienvater aus Ossendorf zur Sprache kommen: Dem Angeklagten wird vorgeworfen, Ende 2020 eine 31-jährige Frau aus nächster Nähe mit zwei Schüssen aus einer Pistole auf dem Beifahrersitz ihres gelben Fiat Panda umgebracht zu haben. Anschließend soll der Mann das Auto mit der Leiche darin an einem abgelegenen Ort in Rheinland-Pfalz verbrannt haben. Die Überreste waren kurz darauf von zwei Spaziergängern entdeckt worden.
Bundesgerichtshof hob erstes Urteil auf
Das Urteil in einem ersten Prozess vor dem Landgericht, bei dem der Angeklagte wegen Totschlags verurteilt worden war, ist durch den Bundesgerichtshof aufgehoben worden. Der neue, im Januar eröffnete Prozess, verhandelt die Anklage wegen Mordes gegen den 37-Jährigen. Der mutmaßliche Todesschütze hat stets behauptet, dass ein anderer Mann, der sich in der Tatnacht mit in dem Pkw befunden haben soll, von einem hinteren Sitz aus auf die Frau gefeuert habe.

Das Auto des Mordopfers wurde in der Allerstraße in Chorweiler gefunden. (Archivfoto)
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Diese Version hielt die Anklageseite zwar weiterhin für nicht glaubwürdig, doch den vorgelegten Beweisantrag für ein wissenschaftliches Gutachten zum vermeintlichen Tathergang ließ das Gericht zu.
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Neues Gutachten könnte Angeklagten entlasten
Dirk Labudde, Professor für digitale Forensik und Bioinformatiker, hält die Variante des Angeklagten, die ihn deutlich entlasten würde, nach Abschluss seiner Arbeit durchaus für „möglich und relativ plausibel“. Der 57 Jahre alte Experte hatte aufwendig untersucht, welche möglichen Versionen der Tat mit welchen Wahrscheinlichkeiten hätten durchgeführt werden können – oder eher auszuschließen seien. „Wir haben in verschiedenen Settings die drei Variablen Kfz, beteiligte Personen sowie die durch die Ermittlungen vorliegenden Schusskanäle und andere Spuren in mehreren Unterkombinationen verglichen und ausgewertet.“
Dabei ging es um die Frage, ob die Frau damals durch die geöffnete Beifahrertür erschossen worden war – wie es die Staatsanwaltschaft unterstellt – oder ob die tödlichen Pistolenkugeln vom Beifahrerfenster oder von der Rückbank des Autos den Weg in den Kopf des Opfers gefunden hatten.
31-jährige Frau durch Schüsse getötet
Die Schusskanäle geben dem Wissenschaftler zufolge den größten Aufschluss darüber, wie die grausame Tat genau abgelaufen sein könnte. So habe eines der beiden Projektile den Kopf der Frau durchschlagen und im Anschluss daran Spuren im Fußraum vor dem Beifahrersitz zurückgelassen. Die zweite Patrone war im Schädel der 31-Jährigen geblieben.
Fachfragen zu Körpergrößen der beteiligten Personen, Steckachsen und Schusskanälen, jeweils verschiedenen Positionen im Pkw gegenübergestellt, erzeugten eine mehrstündige und detaillierte Nachzeichnung der Ereignisse vom Dezember 2020. Die Ergebnisse des Gutachtens widersprachen in mehreren Punkten der von der Anklageseite angenommenen Abläufe der Tat.
Die Befragungen aller Parteien konnte aus Zeitgründen nicht abgeschlossen werden, sodass sich erst zeigen wird, welche Auswirkungen das Gutachten noch haben wird. Der Prozess wird fortgesetzt.