Neuer Kölner Stadtteil „Kreuzfeld“Bürger wollen ihr Wäldchen bewahren
- Viele Bewohner sehen die Erweiterung des Stadtteils zum Westen hin mit Skepsis.
- Es fehlt an Infrastruktur, so gibt es keine Schule, auch die ÖPNV-Anbindung ist nicht ausreichend.
- In die Bauplanung einbezogen sind auch zwei Grünflächen innerhalb Blumenbergs – was jetzt die Gemüter erhitzt.
Blumenberg – Für Außenstehende wirkt Blumenberg wie ein gelungenes Beispiel städtebaulicher Planung: Die Wohnblocks nicht höher als vier Etagen, die Fassaden anheimelnd in Klinker-Rot, kreisförmiges Wegenetz, die S-Bahn-Station vor der Tür.
So stimmten denn mehrere Teilnehmer der Podiumsdiskussion im Pfarrsaal St. Katharina von Siena gleich zu Beginn ein Loblied an auf diesen jüngsten Stadtteil von Köln, der vor 30 Jahren auf der grünen Wiese angelegt wurde.
Es fehlt an Infrastruktur, Schule und ÖPNV-Anbindung
Anne Luise Müller, Leiterin des Stadtplanungsamtes, sagte etwa: „Ich bin begeistert von der städtebaulichen Figur, auch, dass sich der Stadtteil so sehr erhalten hat.“ Eingeladen hatte die Interessengemeinschaft (IG) Blumenberg, Thema war das Bauvorhaben „Kreuzfeld“. Gekommen waren rund 80 Menschen.
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Die reagierten auf die Lobeshymnen der offiziellen Vertreter allerdings verhalten. Es ist die eine Sache, Blumenberg einen Besuch abzustatten, die andere, dort zu wohnen. Es fehlt an Infrastruktur, so gibt es keine Schule, auch die ÖPNV-Anbindung ist nicht ausreichend. Viele Bewohner sehen die Erweiterung des Stadtteils zum Westen hin mit Skepsis.
Das neue Quartier
Zwischen Blumenbergsweg und Mercatorstraße wird ein Viertel mit rund 3000 Wohneinheiten entstehen. Der Ortsname Kreuzfeld sei für die Verwaltung nur ein „Arbeitstitel“, angelehnt an den Flurnamen „Im Kreuzfeld“, antwortete Müller auf die Frage von Johannes Petrikowski, Vorsitzender der IG, ob das Baugebiet nicht besser Blumenberg West heißen solle: „Das würde die Akzeptanz erhöhen, wir könnten uns besser identifizieren.“
Michael Frenzel, SPD-Ratsherr und Mitglied im Bauentwicklungsausschuss, der ebenfalls auf dem Podium saß, regte an, die Bevölkerung später über den Ortsnamen abstimmen zu lassen.
Das Vorhaben, einen weiteren Stadtteil neben Blumenberg aus dem Boden zu stampfen, ist nicht neu, die Absicht besteht seit Anfang der 80er Jahre. Weil aber die Bevölkerungszahl in Köln bis in die 2000er Jahre hinein zurückging, geschah nichts. Vor zwei Jahren dann wurde die Wohnungsnot so drängend, dass die Stadtverwaltung 2016, auf Wunsch der Politik, eine Liste möglicher Baugebiete zusammenstellte. So kam Kreuzfeld wieder ins Spiel.
Die Grünflächen
In die Bauplanung einbezogen sind auch zwei Grünflächen innerhalb Blumenbergs – was jetzt bei der Diskussion die Gemüter erhitzte. Das eine Waldgebiet befindet sich direkt am S-Bahnhof, das andere am östlichen Ortsrand an der Langenbergstraße.
Anne Luise Müller und Brigitte Scholz, Leiterin des Amtes für Stadtentwicklung und Statistik, wurden nicht müde zu betonen, dass die Grünflächen nicht zwangsläufig zu Baugrund werden müssten. Es gebe nur einen „Prüfauftrag“, so Scholz. „Wir schauen also genau hin, was ist schon vorhanden. Sicher ist, dass Kreuzfeld eine Grünverbindung haben wird.“
Die Waldgebiete würden in dem Zusammenhang „mitgedacht“. Müller ergänzte: „Die Prüfung kann so ausgehen, dass keine Bebauung stattfindet, weil die Flächen einen hohen Wert als Freiland haben.“ Bezirksvertreter Wolfgang Kleinjans (Grüne) versuchte ebenfalls Ängste zu zerstreuen: „Den Wald einfach abholzen, das ist nicht möglich“, sagte er, forderte die Bürger aber auch auf, sich für den Erhalt einzusetzen.
Trotzdem, ein Rest Misstrauen blieb bestehen. So sagte etwa eine Frau: „Erst heißt es, die Stadt prüft nur, dann werden doch Tatsachen geschaffen.“
Die Verkehrsanbindung
Einigkeit herrschte im Saal, dass das Straßennetz in Blumenberg zu schwach ist, um Bevölkerungszuzug zu verkraften. Schon jetzt leide der Ort unter dem Ausweichverkehr als Folge von Staus auf der Autobahn 57, sagte Petrikowski. Frenzel konstatierte, eine Ertüchtigung der Verkehrswege sei als Vorbereitung unumgänglich.
„Blumenberg war ein Versuch, verkehrsarm zu bauen, das ist nicht gelungen, das Straßenverkehrsnetz ist nicht leistungsfähig genug, dass noch mehr Leute angesiedelt werden können. Aber auch der öffentliche Nahverkehr muss als Vorleistung gedacht werden.“ Notwendig sei, sagte ein Blumenberger, dass die S-Bahn nicht länger am Ort vorbei rausche, um Verspätungen aufzuholen. Das passierte im vergangenen Jahr rund 350 Mal.
Das Leitbild
Derzeit ist die Stadtverwaltung damit befasst, einen „Leitbildprozess“ für das Bauprojekt Kreuzfeld zu initiieren – ein Jahr ist für diese Strukturanalyse veranschlagt. Am Anfang stehe die Faktensammlung, erklärte Scholz, zahlreiche städtische Ämter seien beteiligt. Im anschließenden „Werkstattverfahren“ können die Bürger ihre Vorstellungen einbringen. Fehler wie in Chorweiler sollten sich nicht wiederholen, so Scholz.
„Eine gute, moderne Bebauung ist heute gemischt, mit Einkaufsmöglichkeiten, Schulen, es geht auch um neue Energien, um Mobilität, Baugruppen sind denkbar, auch das Modell der Gartensiedlung könnte man weiterentwickeln.“ Damit griff sie Ideen aus einer bereits vorliegenden Potenzialraumanalyse auf. Die erarbeitete Baudata, ein Projektentwickler im Auftrag zweier privater Investoren, die sich in Stellung gebracht haben.
80 Prozent des für Kreuzfeld benötigten Baugrunds sind in städtischer Hand. Den Rest werden sich Unternehmen der freien Wirtschaft teilen. Franz-Xaver Corneth, Vorsitzender des Kölner Mietervereins, bekräftigte, die Vorgabe der Stadt für Neubaugebiete, 30 Prozent geförderten Wohnraum zu bauen, habe auch für Kreuzfeld zu gelten. „Die soziale Mischung ist wichtig, Köln hat jetzt schon bundesweit die meisten Ghettos, wir brauchen preiswerten Wohnraum.“ Ansonsten zeigte er sich optimistisch: Die Entwicklung des neuen Stadtteils werde „ein mustergültiger Prozess.“ Ein ungläubiges Raunen ging durch die Stuhlreihen.
Das Thema „Kreuzfeld“ steht am Donnerstag, 24. Januar, auch auf der Agenda der Bezirksvertretung Chorweiler. Die tagt im Saal des Bezirksrathauses, Pariser Platz, ab 17 Uhr.