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Christoph KuckelkornDer Kölner Karnevalspräsident kommt dem Tod oft ganz nah

Lesezeit 4 Minuten
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Christoph Kuckelkorn, Bestattungsunternehmer und Karnevalspräsident.

  1. Christoph Kuckelkorn weiß, wie man richtig feiert. Als oberster Karnevalist ist er so etwas wie ein Experte für Frohsinn.
  2. Abseits von Karnevalssitzungen ist er jedoch Bestatter.
  3. Gerade in Corona-Zeiten ist das für ihn eine Herausforderung.

Köln – „Wissen Sie, wo das Grab von Dirk Bach ist?“ Eine alte Frau mit Rollator hat Christoph Kuckelkorn angesprochen. Und ja, er weiß es. Er kennt den Kölner Melatenfriedhof wie andere ihren Vorgarten. „Einmal hier lang, dann links und dann sehen Sie einen großen Baum, darunter ist es.“ Dirk Bach, der 2012 mit nur 51 Jahren verstorbene Komiker und Schauspieler, hat eine rosa Bank und seinen Comedypreis auf seinem Grab stehen.

Christoph Kuckelkorn ist Präsident des Festkomitees Kölner Karneval, er ist der oberste Karnevalist der Stadt. Aber er ist auch ein Spezialist für den Tod, denn im wahren Leben ist er Bestatter. Es kann vorkommen, dass er an ein und demselben Tag die Eltern eines gestorbenen Kindes betreut, eine Bestattung auf dem Melatenfriedhof organisiert und dann den schwarzen Anzug mit dem Kostüm tauscht. Makaber? Er kennt es nicht anders, er betreibt das Bestattungshaus in fünfter Generation.

Die Nachmittagssonne fällt durch die leuchtend rot und gelb gefärbten Blätter der uralten Bäume. Christoph Kuckelkorn mag den Melatenfriedhof zu jeder Jahreszeit. Und er liebt es, langsam über die Wege zu spazieren und sich dabei zu unterhalten. Die vergangene Woche ist für ihn keine leichte gewesen. Am Dienstag stand der 56-Jährige im Rathaus neben Oberbürgermeisterin Henriette Reker, als diese verkündete, dass der Karnevalsauftakt am 11.11. dieses Jahr ausfallen muss. Kuckelkorn unterstützte die Entscheidung. Aber er wirkte traurig dabei.

Karneval als Konstante

„Wir versuchen, den Karneval dennoch für die Menschen spürbar zu machen“, sagt er. Die kommende Karnevalssaison werde vielleicht so ähnlich werden wie kurz nach dem Krieg. Damals musste in den Trümmerlandschaften der Städte alles improvisiert werden. Das närrische Treiben blieb sehr bescheiden – und war doch enorm wichtig.

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Christoph Kuckelkorn 

„Die Botschaft war, dass das Leben irgendwie weitergeht. Und auch jetzt ist der Karneval eine wichtige Konstante. Alles ist infrage gestellt, ganze Branchen kippen weg. Da ist es wichtig, etwas zu haben, was weitergeht. Dieses Bedürfnis spüren wir deutlich.“ So ist der sogenannte Mottoschal – der Schal mit dem Motto der diesjährigen Karnevalssaison – zum ersten Mal überhaupt ausverkauft.

Beerdigung von Willy Millowitsch wurde im Fernsehen übertragen

Ein Eichhörnchen huscht über den Weg. Der jahrhundertealte Melatenfriedhof ist eine Oase in der Stadt. Und er ist enorm vielfältig: Er hat kleine, geheimnisvolle Ecken, aber auch Prachtstraßen. Die repräsentative Mittelachse heißt im Volksmund „Millionenallee“ – hier haben sich Fabrikanten, Bankiers und Verleger mit pompösen Denkmälern verewigt. Andere Gräber sind exzentrisch: So erhebt sich auf einem eine lebensgroße Nachbildung des FC-Maskottchens Hennes.

Zu den vielen Prominenten, die auf Melaten ruhen, gehören der Maler Sigmar Polke, der FDP-Politiker Guido Westerwelle, die Sex-Beraterin Erika Berger und der Volksschauspieler Willy Millowitsch. Seine Beerdigung, die 1999 live im Fernsehen übertragen wurde, war Christoph Kuckelkorns erste große Herausforderung. Später hat er viele Jahre lang den Rosenmontagszug organisiert. Er sieht da durchaus Parallelen: „Egal ob Bestattung oder Karneval: Beides ist hochemotional und auf gute Planung angewiesen.“

Strenge Regeln

Kuckelkorn hofft, dass die Regeln für Bestattungen nicht wieder so streng werden wie im ersten Lockdown im Frühjahr. „Das war unmenschlich“, findet er. Damals durften in Köln nur noch der jeweilige Partner und die Kinder und Enkel an der Beisetzung auf dem Friedhof teilnehmen. „Es war für die Familien unglaublich schwierig, in diesem Moment der Trauer so alleine zu sein und dann auch noch auf Distanz bleiben zu müssen - gerade in einem Augenblick, wo man körperliche Nähe vielleicht dringend benötigt.“

Natürlich weiß Christoph Kuckelkorn auch schon längst, wo er selbst einmal seine letzte Ruhe finden wird: „Medard Kuckelkorn“ steht auf dem Stein des Familiengrabs – so hießen sowohl sein Großvater als auch sein Urgroßvater. Auch seine erste Frau ist hier bestattet: Sie kam mit Mitte 30 durch einen Motorradunfall ums Leben.

Angst vor dem Sterben

„Ich glaube, dass es für die Menschen sehr schwierig ist, durch die Pandemie plötzlich mit dem Tod konfrontiert zu werden“, sagt er nachdenklich. „Das hat, glaube ich, viele schockiert.“ Für ihn selbst gehört der Tod zum Alltag. „Vor dem Sterben habe ich schon Angst“, räumt er ein, „denn das kann mitunter langwierig und schmerzvoll sein. Aber vor dem Tod habe ich keine Angst.“

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Gerade weil er den Tod nicht verdrängt, versucht er, aus jedem Tag alles herauszuholen. „Es gibt jeden Tag nur einmal“, hat er durch seine Arbeit gelernt. „Man kann nicht den Mittwoch dieser Woche nächsten Mittwoch nachholen. Denn man weiß gar nicht, ob es den noch gibt.“ (dpa)