Köln – Der Anrufer nuschelt ein wenig. Den Namen, mit dem er sich gemeldet hat, konnte Andrea Fischer (Name geändert) nicht verstehen. Im Display ihres Telefons leuchtet eine Nummer mit belgischer Vorwahl – Brüssel. „Impfzentrum NRW, guten Tag“, sagt der Anrufer. „Sie haben morgen einen Impftermin, richtig? Der ist abgesagt, Sie brauchen da gar nicht erst hinzugehen.“
Acht Termine für das Pflegeteam vereinbart
Andrea Fischer stutzt. Sie arbeitet beim ambulanten Pflegedienst Krings im Kölner Georgsviertel. Vor wenigen Stunden hat ihre Chefin für das gesamte achtköpfige Team einen Impftermin bei der Stadt ausgemacht – er soll tags darauf stattfinden, im Impfzentrum an der Messe. Die Chefin hatte sich im Internet über eine spezielle Seite für die Pflegedienste eingeloggt und von der Stadt entsprechende Codes zugeschickt bekommen, mit denen die Mitarbeitenden ordnungsgemäß angemeldet wurden. Und jetzt die Absage? Warum? Und was soll das überhaupt sein – „Impfzentrum NRW“? „Das kommt mir gerade alles ein bisschen unseriös vor“, antwortet Fischer dem Anrufer. Der reagiert patzig, besteht darauf, dass der Termin storniert sei. Sie könne sich ja ruhig bei der Stadt erkundigen, wenn sie wolle.
Auch Fischers Chefin, Monika Krings, und zwei weitere Kolleginnen erhalten kurz darauf Anrufe vom selben belgischen Anschluss und mit demselben Inhalt. Krings erkundigt sich daraufhin per Mail bei der städtischen „Impfkoordination für ambulante Pflegedienste“, was es mit dieser Information auf sich hat. Auch dort ist man verwirrt. Davon habe man noch nie gehört, teilt man Monika Krings mit, man werde sich darum kümmern. Die acht zugesagten Impftermine fänden aber selbstverständlich statt.
Identität und Motiv der Anrufer unklar
Wer hinter diesen rätselhaften Anrufen steckt, welches Motiv derjenige oder diejenigen verfolgen und vor allem: wie sie an die Daten der Impflinge in Köln gelangen, all das ist bis jetzt völlig unklar – ebenso wenig steht fest, wie viele Kölner betroffen sind. Fest steht nur: „Die haben uns auf unseren privaten Anschlüssen angerufen, die ich bei der Anmeldung hinterlegt hatte“, berichtet Krings.
Spekulation über Betrugsmasche
Möglicherweise, so legen es Einträge in Internetforen über gängige Telefonbetrugsmaschen nahe, könnte es sich um so genannte Ping Calls handeln – die Anrufer könnten es demnach darauf abgesehen haben, dass die verunsicherten Menschen sie zurückrufen, und das zu völlig überteuerten Minutenpreisen. Sicher ist das aber nicht.
Pflegedienstleiterin Monika Krings hält es auch für denkbar, dass hinter den Anrufen Impfgegner stecken könnten, die die Impfungen torpedieren wollten. Aber auch das sei nur „reine persönliche Spekulation“, betont sie.
Ein „Impfzentrum NRW“ existiert nicht
Sicher ist: Ein „Impfzentrum NRW“ existiert nicht. Auch werden Impftermine in Köln nicht telefonisch aus Belgien abgesagt. Wer die Brüsseler Nummer zurückruft, hört nur die automatische Ansage: „Der Teilnehmer ist vorübergehend nicht erreichbar.“
Polizei und Stadt teilen auf Anfrage mit: Wer solche Anrufe erhalte, solle am besten nicht darauf reagieren. Einfach auflegen und auch nicht zurückrufen. Stattdessen die Polizei informieren.
Monika Krings und ihr Team wurden inzwischen wie geplant geimpft. Eine Absage habe laut Stadt auch nie im Raum gestanden.