Seit einem halben Jahr gibt es in Köln scharfe Corona-Regeln – von Kontaktbeschränkung über Verzehrverbot bis zur Maskenpflicht.
Ordnungsamt und Polizei haben in den zurückliegenden Monaten die Einhaltung dieser Regeln kontrolliert. Zusammengekommen ist ein Bußgeld in Höhe von knapp 430.000 Euro.
Auf breite Zustimmung stießen die Regeln nach Einschätzung der Stadt aber nur zu Beginn, danach regte sich Widerstand und die Aggressionen nahmen zu.
Köln – Verstöße gegen die Corona-Regeln bringen der Stadt nachträglich Geldsummen ein, mit denen Anfang des Jahres noch niemand gerechnet hätte. Bußgelder in Höhe von insgesamt knapp 430.000 Euro verhängte das Ordnungsamt bisher an Bürger, die sich an eine oder mehrere Auflagen nicht halten wollten.
Mehr als 375.000 Euro davon gehen alleine auf Verstöße gegen das Kontakt- und Ansammlungsverbot zurück, knapp 30.000 Euro mussten Maskenmuffel bisher zahlen, Verstöße gegen das Grillverbot schlagen mit 2200 Euro zu Buche. Die sogenannten Corona-Kontrollen von Polizei und Ordnungsamt haben in den vergangenen Monaten also zumindest die Stadtkasse etwas aufgefüllt, wie aus einer Auswertung des Amtes ein halbes Jahr nach Inkrafttreten der ersten Corona-Regeln hervorgeht.
Angriffe auf Mitarbeiter des Ordnungsamts
Das Ordnungsamt beklagt aber auch ein „spürbar steigendes Aggressionspotenzial“ gegen die Einsatzkräfte. Alltagsrealität in den zurückliegenden Monaten mit der Pandemie war nämlich zum Beispiel auch das: Ein Mitarbeiter des Ordnungsdienstes wird bei einer nächtlichen Kontrolle am Mülheimer Rheinufer von einer Feiernden in den Arm gebissen, als eine illegale Party mit 150 Menschen nahe der Zoobrücke aufgelöst wird. An einem anderen Abend werden vier Reifen von zwei Dienstfahrzeugen in der Baadenberger Senke am Stadtrand in Bocklemünd zerstochen, als das Ordnungsamt zu einer Menschenansammlung in einem Naturschutzgebiet kommt.
57 Strafanzeigen mit Corona-Bezug schrieb das Ordnungsamt in diesem Jahr – nur zehn ohne. „Zunächst waren es Drohungen und Beleidigungen, Sachbeschädigungen an Fahrzeugen bis hin zu tätlichen Übergriffen. Kräfte wurden gezielt angehustet oder mit Flaschen beworfen“, sagt Stadtsprecher Robert Baumanns. Ähnliche Szenen schilderte immer wieder auch die Polizei.
16.000 Überstunden
Beide ohnehin personell gebeutelten Behörden sind aber in der Zeit auch an ihre Kapazitätsgrenzen gekommen. Mitarbeiter des Ordnungsamts häuften allein in den ersten drei Monaten der Pandemie knapp 16000 Überstunden an. Die Kontrolle von Feier -Hotspots, die Auflösung illegaler Großansammlungen und Technopartys band zwischenzeitlich viele Kräfte nachts und an den Wochenenden – und das Ordnungsamt kündigte jüngst an, wieder mehr auf die Kontrolle der Corona-Regeln zu setzen. Vor allem die Maskenkontrollen in Bus, Bahn und Supermärkten wolle man jetzt verstärken, da die Infektionszahlen im Vergleich zum Sommer wieder ein höheres Level erreicht haben. Alltägliche Bürgerbeschwerden oder die Beseitigung von Schrottfahrrädern müssten dann auch mal warten. Der Ordnungsdienst, bei dem nur 180 von 258 Stellen besetzt sind, ordnet seine Prioritäten.
So kontrollieren seit einem halben Jahr Stadt-Mitarbeiter zum Beispiel auch, ob Kunden einer Dönerbude oder einer Eisdiele weit genug von dem Laden entfernt sind, bevor sie anfangen zu essen. Elf Menschen müssen nun zahlen, weil sie im Umkreis von weniger als 50 Metern gegessen haben. 200 Euro kostet das, oder sogar 100 Euro mehr, wenn dazu ein Verstoß gegen das Kontakt- und Ansammlungsverbot kommt, eine Bearbeitungsgebühr von 28,50 Euro kommt in jedem Fall obendrauf.
Knapp 2800 Euro kommen so an Bußgeld zusammen nur für diese Art von Corona-Regelverstoß. Vorschriften wie diese wurden nach Einschätzung des Amts nur am Anfang der Corona-Krise weitgehend akzeptiert, bevor der Unmut wuchs. „Während sich die Bevölkerung zu Beginn gegenüber den einzuhaltenden Regelungen verständnisvoll und regelkonform zeigte, stieg mit den ersten Lockerungen die Zahl der Verstöße“, sagt Baumanns und spricht von einer „Corona-Müdigkeit“, die die Arbeit der Einsatzkräfte erschwere.
Vermehrt beschäftigen die corona-bedingten Strafzahlungen für Gastronomen und Privatpersonen auch die Gerichte, weil immer mehr Betroffene auf dem juristischen Weg gegen die Maßnahmen vorgehen.
Verbotene Tänze am Rheinauhafen
Seit Mitte August kontrollieren Ordnungsamtler auch Fahrgäste der KVB. 847 Verstöße gegen die dortige Maskenpflicht hat der Ordnungsdienst seither festgestellt, in Supermärkten und Einkaufszentren waren es 185. Auch in Wahlräumen und Warteschlangen bei der Kommunalwahl vor zwei Wochen wurde kontrolliert – und 16 Verstöße wurden geahndet. Das Bußgeld für Maskenverweigerer liegt bei 150 Euro. Zwölfmal wurden Menschen mit einer Shisha in der Öffentlichkeit angetroffen, was ebenfalls kurzzeitig verboten war. 3287 Mal wurde das Ansammlungs- und Kontaktverbot nicht beachtet – das ist die überwiegende Zahl der bekanntgewordenen Verstöße.
Corona-Kontrollen treiben bisweilen auch skurrile Blüten: Am Rheinauhafen trafen sich Menschen zu lateinamerikanischen Tänzen. „Eng umschlungen tanzten mehr als 50 Personen ohne Abstände am Rheinufer und Kontaktlisten zur Rückverfolgung gab es auch nicht“, sagt Baumanns. Dem Verantwortlichen droht ein Bußgeldverfahren.