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Corona-ForschungSchwere Erkrankung ist bei britischer Mutante wahrscheinlicher

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Ein Covid-Patient wird auf einer Intensivstation behandelt. Dieses Szenario ist bei der britischen Virusvariante besonders wahrscheinlich.

Köln – Köln bekommt in den kommenden Monaten wohl deutlich mehr Impfstoff als bisher. Rund eine Million Impfdosen sollen bis Ende August zur Verfügung stehen. Doch bis die angestrebte Herdenimmunität erreicht sein könnte, stehen in der Corona-Pandemie komplizierte Monate bevor. Professor Florian Klein, Leiter der Virologie an der Kölner Uniklinik, erklärt, wieso. Er leitet deutschlandweit Forschungsprojekte zum Coronavirus. Die neusten Erkenntnisse zu den Mutationen, zur Immunität und zu einem drohenden Anstieg der Todeszahlen.

Wie geht es in den kommenden Wochen weiter?

Große Sprünge beim Impftempo sind in den kommenden Wochen nicht zu erwarten. Obwohl die Zahl der täglichen Neuinfektionen in NRW gestiegen ist, gab es zuletzt immer weniger coronabedingte Todesfälle. Das Gesundheitsministerium führt dies vor allem auf die Impfungen in den vulnerablen Gruppen zurück. Doch Florian Klein fürchtet, dass die Zahlen wieder steigen.

Er führt die aktuellen Todeszahlen auch auf die vergleichsweise wenigen Infektionen der vergangenen Wochen zurück: „Ich gehe davon aus, dass wir ab Mitte bis Ende März steigende Infektionszahlen sehen werden. Ein Anstieg der schweren Verläufe wird dann leider nach einigen Wochen folgen.“ Die Infektionszahlen seien ein wichtiger Parameter, um das Infektionsgeschehen frühzeitig zu beurteilen.

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Wie ist der Stand bei den Mutationen?

„In der letzten Zeit haben sich die nachgewiesenen Infektionen mit der britischen Variante ungefähr alle zwei Wochen verdoppelt“, sagt Klein. Dies sei „ein deutliches Wachstum“. Um die Ausbreitung zu reduzieren, brauche es auch für diese Varianten einen R-Wert unter eins. Derzeit liegt der Wert über eins. „Je höher die Infektionszahlen insgesamt sind, desto schwieriger ist die gezielte Infektionskontrolle“, so der Virologe.

Nicht nur steigende Fallzahlen, auch weitere Anpassungen des Virus werden durch eine hohe Infektionslast wahrscheinlich. Bei einigen Virusvarianten seien sogenannte Fluchtmutationen erkennbar. Durch diese ist das Virus in der Lage, dem Immunsystem teilweise zu entkommen. „Diese Varianten haben bei der Verbreitung in einer teilimmunen Gesellschaft einen Vorteil.“ Je mehr Infektionen es gibt, desto mehr Mutationen sind möglich.

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Auch Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker warnt vor Mutationen: In Köln mache diese Mutante „teilweise 50, manchmal 60 Prozent der Neuinfektionen“ aus, Tendenz steigend. Patienten auf den Intensivstationen seien „fast ausschließlich“ mit der britischen Variante infiziert. Nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ erleiden in Köln vermehrt junge Menschen, die mit der britischen Variante infiziert sind, schwere Verläufe.

Auch Klein betont: „Es gibt mittlerweile verschiedene Hinweise darauf, dass Covid-19 bei einer Infektion mit B.1.1.7 im Mittel schwerer verläuft. Das heißt, dass es hier mehr Personen gibt, die einen stationären Aufenthalt benötigen.“

Sind Infizierte bereits immun?

Entscheidend für die Frage, wann eine Herdenimmunität erreicht sein wird, ist auch, ob bereits Infizierte vor einer erneuten Infektion geschützt sind. Florian Klein leitet dazu ein Forschungsprojekt der Unikliniken, das für Tausende Covid-Patienten beobachtet, wie sich die Immunität entwickelt. Seine Erkenntnis: „Insgesamt entwickeln etwa 95 Prozent der infizierten Personen Antikörper.“ Darunter „zeigen einige sehr gute, neutralisierende Antikörper, andere aber nur wenige oder sogar keine.“

Die Bandbreite sei groß. Der Schutz werde zwar schwächer – aber nicht so rasch, wie zwischenzeitlich befürchtet. „Nach zehn Monaten haben in unseren Untersuchungen 13 Prozent der Infizierten ihre Antikörper verloren.“ Die meisten Infizierten sind nach überstandener Erkrankung demnach vorerst geschützt. In einer Impfung sehen Experten den Schutz vor dem Virus wegen der klaren Dosierung dennoch eher garantiert.