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Herdenimmunität in SichtKöln bekommt wohl eine Million Impfdosen bis Ende August

Lesezeit 5 Minuten
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Eine Mitarbeiterin eines Impfteams zieht den Impfstoff von Biontech/Pfizer in eine Spritze auf.

Köln – Köln bekommt bis Ende August insgesamt rund eine Million Impfdosen. Ab dem 5. April sollen die Lieferungen massiv erhöht werden. Nordrhein-Westfalen verteilt ab diesem Zeitpunkt landesweit mehr als eine Million Impfdosen pro Woche – rund 50.000 davon gehen auf Grundlage der bisherigen Verteilung nach Köln. Dies erfuhr der „Kölner Stadt-Anzeiger“ von der Kreisstelle Köln der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein. Das Gesundheitsministerium NRW konnte die Zahlen auf Nachfrage zunächst nicht bestätigen. Schon vor April soll schrittweise aufgestockt werden.

Wurden diese Woche noch 14.840 Impfdosen der Hersteller Biontech/Pfizer und Astrazeneca nach Köln geliefert, sollen es kommende Woche bereits insgesamt 18.000 sein. Dadurch steigt die Anzahl der Impflinge, die pro Tag im Impfzentrum geimpft werden können, von rund 2200 auf 3000 an.Seit dem Impfstart am 27. Dezember konnten in Köln bislang mehr als 55.000 Menschen geimpft werden, rund 25.000 Personen haben bereits ihre Zweitimpfung bekommen. Große Schritte Richtung Herdenimmunität wird die Stadt voraussichtlich in den kommenden Monaten gehen. Doch der Impfstoff allein wird nicht ausreichen. Der aktuelle Stand.

Welche Impfstoffe werden geliefert?

Die meisten Lieferungen erwartet Nordrhein-Westfalen ab April von den Herstellern Biontech und Pfizer. Nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ machen diese einen Anteil von rund 57 Prozent aus. Das Problem: Im Gegensatz zum Mittel von Astrazeneca muss der Biontech-Impfstoff schnell doppelt verimpft werden, um eine ausreichende Wirkung zu entfalten.

Einen vergleichsweise kleinen Anteil von knapp 12 Prozent macht das Mittel von Moderna aus, das ähnlich wirkt. Rund 31 Prozent wird vom Hersteller Astrazeneca erwartet. Dieses Vakzin wirkt aktuellen Studien zufolge bereits nach der ersten Impfung recht zuverlässig. Hier besteht laut der europäischen Arzneimittelagentur (EMA) die Möglichkeit, drei Monate bis zur zweiten Impfung zu warten – und schnell mehr Menschen vor Infektionen und schweren Erkrankungen zu schützen.

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Gegen eine spätere Verimpfung der zweiten Dosis spricht Medizinern zufolge das Risiko, dass das Virus weiter mutieren und sich an Personen mit einer Teil-Immunität anpassen könnte. Florian Klein, Leiter der Virologie an der Kölner Uniklinik, warnt davor, sich außerhalb der Zulassung der jeweiligen Mittel zu bewegen. Im Fall von Astrazeneca bedeutet das: Drei Monate kann gewartet werden, länger nicht. Nach Abwägung der Argumente halte er es allerdings für „richtig, die Zeit zwischen erster und zweiter Impfung im Rahmen der Zulassung zu strecken“, sagt Klein.

Nicht eingerechnet ist der Impfstoff des Herstellers „Johnson & Johnson“, für den zeitnah eine EU-Zulassung erwartet wird. Dieser könnte das Impftempo erneut beschleunigen – insbesondere, weil eine einmalige Impfung bei diesem Mittel ausreichen würde.

Müssen Arztpraxen jetzt eingebunden werden?

So ist der Plan. Fünf Arztpraxen sollen das Impfzentrum in Köln bald entlasten. Dies entspricht einem Beschluss des Landes NRW. Für Oberbürgermeisterin Henriette Reker eine nicht nachvollziehbare Entscheidung. „Fünf Schwerpunktpraxen für eine Millionenstadt anzubieten halte ich für völlig unrealistisch“, sagte sie nach der Sitzung des städtischen Krisenstabs am Freitag. Sie würde sich wünschen, dass künftig in allen Hausarztpraxen geimpft werden kann. „Das ist die Garantie dafür, dass auch die älteren Menschen, die zu Hause gepflegt werden und genauso zu der vulnerablen Gruppe gehören, schnell geimpft werden können“, so Reker weiter.

Dem stimmt auch Oliver Funken, Vorsitzender des Hausärzteverbandes Nordrhein, zu. Je mehr Impfstoff nach Köln komme, desto größer werde die logistische Herausforderung. Zwar seien Impfpraxen für die Übergangszeit sinnvoll, um dort mehr Menschen zu erreichen. „Fünf sind allerdings zu wenig: Eine Stadt wie Köln braucht mindestens zehn, idealerweise sogar 20. Dann könnte der Patientenstrom völlig ohne Probleme umgeleitet werden“, sagt der Mediziner. Hauptziel müsse sein, die vorhandenen Dosen so schnell wie möglich zu verimpfen. „Es wäre für uns Hausärzte überhaupt kein Problem, 50.000 Dosen pro Woche in Köln zu verimpfen. Die Kapazität wäre sogar noch deutlich höher“, so Funken. Zudem seien Impfungen in Arztpraxen deutlich günstiger. „ Die Kosten der Pandemie werden uns im kommenden Jahr brutal auf die Füße fallen.“

Corona-Todeszahlen als Folge der Impfpriorisierung?

Für NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) sind die stark sinkenden Corona-Todeszahlen in den Pflegeheimen des Landes eine Folge der Impfpriorisierung. „Wir haben in NRW entschieden, konsequent als erstes in stationären Alten- und Pflegeheimen zu impfen. Die positiven Auswirkungen dieser Entscheidung zeichnen sich nun ab“, sagte Laumann dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.

Die Landesregierung habe im Verlauf der Pandemie „schon immer eine Vielzahl von Einflussfaktoren analysiert“. Dazu gehöre ein „umfassender Blick auf die Infektionszahlen und ihre Entwicklung“, aber auch die Lage in den Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen. Weiter gelte es, die Verfügbarkeit von Tests, die Fortschritte beim Impfgeschehen und die Ausbreitung von Virus-Varianten einzubeziehen. „Nur in dieser Gesamtschau ergibt sich ein umfassendes Bild“, sagte Laumann.

Wann ist die Pandemie vorbei?

Wenn eine Herdenimmunität erreicht ist. Dafür ist eine hohe Impfrate laut Klein „von allergrößter Wichtigkeit“. Die Herdenimmunität sei erreicht, wenn rund 70 Prozent der Bevölkerung geimpft beziehungsweise immun sind. Das wären rund 740.000 Kölnerinnen und Kölner. Dass dieses Ziel bis zum kommenden Herbst erreicht werden kann, scheint realistisch. Die größten Schritte wird die Stadt im Sommer gehen.

Hinweis: In einer früheren Version stand die falsche Angabe, der Zeitraum bis zur zweiten Impfung könne auf sechs Monate gestreckt werden. Tatsächlich sind es laut EMA drei Monate.