Dom, Karneval, rote AmpelnSo lernen Touristen Köln bei der Busrundfahrt kennen
- Die roten Doppeldecker-Busse sieht man oft durch die Stadt fahren. Für 18 Euro können Touristen eine eineinhalbstündige Sightseeing-Tour durch Köln machen.
- 14 Haltepunkte hat der Hop-on/Hop-off-Bus, vom Dom geht es bis nach Kalk.
- Als Einheimischer fragt man sich: Was gibt es da wohl zu sehen in dieser Stadt, die nicht gerade reich an schönen Ecken ist? Wir sind mitgefahren. Und haben etwas über Superlative, Ampelphasen und Restaurantempfehlungen gelernt.
Köln – Vor dem roten Doppeldeckerbus an der Haltestelle Dom steht für die erste Fahrt um 10 Uhr schon eine kleine Schlange. Leider ist heute keine Kartenzahlung möglich und der sehr freundliche Fahrer hat auch wenig Wechselgeld. 36 Euro für zwei Personen – das kriegen wir so gerade bar zusammen. Für die ausländischen Fahrgäste gibt es Ohrenstöpsel für den Kommentar, wir hören den deutschen über Lautsprecher.
Gar nicht schlecht, den Dom mal von einer erhöhten Position zu sehen. 14 Stationen stehen bevor – Naheliegendes wie das Schokomuseum und der Zoo, aber auch rätselhafte Ziele wie die Köln-Arcaden in Kalk. Die Passagiere werden angehalten, aus Sicherheitsgründen nicht aufzustehen und stets ihr Ticket präsentieren zu können.
Es geht los auf die Trankgasse. Die Information, dass in den Bahnhof täglich 1300 Züge einfahren, ist noch zu hören. Dann verliert sich der Kommentar im Tunnel-Getöse. Bis zum Maritim-Hotel. Ein ernüchternder Anfang. Wieder oben angelangt, wird im Vorbeifahren auf das Hänneschen-Theater und das Reiterstandbild hingewiesen.
Verwirrung wegen Gürzenichstraße
Dann Verwirrung: Der Bus kann wegen der Sperrung nicht durch die Gürzenichstraße fahren. Das Band weist aber wie gewohnt auf den Laden hin, in dem man ganzjährig Karnevalskostüme kaufen kann, auf den Gürzenich und das Hardrock Café. Dabei steht der Bus schon am Neumarkt vor der roten Ampel. Schon hier haben die Fahrgäste aus aller Welt gelernt: Die Kölner Ampelphasen sind seeeehr lang.
Es geht einmal rund um den Neumarkt und dann ins „Griechenviertel“. Hier stünden viele kleine Häuser, von denen allerdings auf dieser Straße nichts zu sehen ist. Ebenso wenig wie vom Agrippabad, in dem man einen „Auszeit vom Trubel“ nehmen könne.
Es geht den schmucklosen Rothgerberbach entlang, rechts das Wasserturm-Hotel – „das teuerste Hotel der Stadt“. Der Kommentar liebt Superlative, aber das stimmt nicht. St. Pantaleon sei älter als der Dom, die Kirche ist allerdings hinter Bäumen gar nicht zu sehen, dafür sehr gut die Fassade des Finanzamtes Altstadt-Süd.
Karneval und Politik in der Südstadt
Es geht in Richtung Südstadt. Am Quartier der Roten Funken in der Ulrepforte hört man: „Wer in Köln politisch aktiv sein möchte, der muss Mitglied in einer der großen Karnevalsgesellschaften werden. Die Wartezeit beträgt etwa fünf Jahre.“
Am Chlodwigplatz wird es dann richtig heimelig. Hier könne man viele kölsche Musiker antreffen wie zum Beispiel Wolfgang Niedecken von der Band BAP. „BAP, what a funny name“, lacht eine Touristin. Dann gibt es Kölsch-Unterricht: Im Karneval müsse man drei Wörter verstehen können: Kamelle, Strüßjer und Bützchen.
Die Fahrt nähert sich dem ersten Höhepunkt: dem Rheinauhafen. Im Bayernturm arbeite Alice Schwarzer, „eine bekannte deutsche Feministin“. „Die Kranhäuser sind den historischen Hafenkränen nachempfunden.“ In einem befänden sich Luxuswohnungen. Lukas Podolski als bekanntester angeblicher Bewohner wird allerdings nicht erwähnt.
Restaurants im Maritim-Hotel
Am Schokoladenmuseum biegt der große Bus ab zu St. Maria Lyskirchen und Trinitatiskirche, biegt ab zur Malzmühle – lange Ampelphasen. In der Malzmühle gibt es „Halven Hahn“, also Röggelchen mit mittelaltem Gouda und Senf. Aber auch das Maritim-Hotel habe viele Restaurants, wo man gut zu Mittag essen könne.
Die Fahrt über die Deutzer Brücke und das Köln-Panorama bei bestem Wetter entzückt die Fahrgäste. Da ist dann auch nicht so schlimm, das es nun rechtsrheinisch eine längere Durststrecke mit toten Ecken gibt. Aber natürlich auch mit Rekorden. RTL als größter privater Sender, die Lanxess-Arena als größte Mehrzweckhalle Deutschlands. Beim Domizil der Kölner Haie wird darauf hingewiesen, dass es hier einen Fanshop und eine Bar gibt. Aussteigen will aber auch hier niemand, ebenso weinig wie am Odysseum („Spaß mit Wissen verbinden“) und den Köln-Arcaden, dem „größten Einkaufszentrum Kölns mit vielen kleinen Restaurants“.
Aus dem Niemandsland geht es auf die Zoobrücke und damit wieder zu einem herrlichen Panorama. „Die Gondelbahn ist die einzige in Europa, die über einen Fluss schwebt.“ Vorbei an einem der „schönsten Zoos Deutschlands“ geht es in die erste und einzige schöne Wohnstraße mit Altbauten auf dieser Fahrt – die Stammheimer Straße. Selfies werden gemacht. 80 Prozent der Kölner Wohnbebauung sei im Krieg zerstört worden, so der Kommentar.
Vorbei an St. Engelbert – nur im Augenwinkel und mit Kopfdrehen zu sehen –, wo Kardinal Frings seine berühmte Fringsen-Predigt gehalten hat, zum Skulpturenpark auf die Rheinuferstraße. Die Bastei könne für besondere Veranstaltungen gemietet werden, wird erzählt – das geht schon lange nicht mehr, das marode Gebäude muss abgestützt werden.
Leider nicht ins Agnesviertel
In das „schöne Agnesviertel mit den alten Bürgerhäusern“ fährt der Bus leider nicht hinein. Die Eigelsteintorburg kann man links erhaschen. Im Mediapark – sehr lange Ampelphase – steht das höchste Bürogebäude der Stadt und der Colonius ist höher als der Dom. St. Gereon, etwas eigenwillige „Geréon“ betont, werde wegen seines riesigen Oktagons gerne mit der Hagia Sophia in Istanbul verglichen.
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Im Friesenviertel, das der Bus kurz am Friesenplatz streift, gebe es 120 Galerien und ein „ausgeprägtes Nachtleben“. Einen Extra-Hinweis gibt es dann am ehemaligen Kölnischen Stadtmuseum, das schon seit langem geschlossen ist. Hier käme man mit dem Busticket umsonst hinein.
Auf der Nord-Süd-Fahrt, wo noch eine Schleife gedreht wird, heißt es etwas optimistisch, dass diese Verkehrsschneise möglicherweise mal in einen Tunnel verlegt werde. Der WDR sei nach der der BBC der größte öffentlich-rechtliche Sender der Welt.
Fahrgäste sind zufrieden
Wie durch ein Wunder und mit vielen Kurven schafft es der große Bus dann, auf das Sträßchen Burgmauer zurückzufahren und pünktlich an seinen Ausgangspunkt zu gelangen.
Die Fahrgäste scheinen zufrieden zu sein. Ein junge Kolumbianerin sagt: „Das war schön, es gab viel zu sehen. Eine schöne Stadt.“ Sie geht gleich in den Souvenirshop gegenüber der Haltestelle. Ein älteres Ehepaar ist schon beim nächsten Köln-Programmpunkt. „Wo sollen wird essen?“
Vielleicht sind Touristen nicht so kritisch mit Köln wie die Einheimischen. Veranstalter der Busfahrten ist eine Kölner Touristik-Firma. Nach dem Motto „Es muss nicht immer New York, Paris oder Rom sein“, bietet sie auch Rundfahrten in Heilbronn, Dortmund und Karlsruhe an. Was wird dort wohl zu sehen sein?