Demo gegen AbschiebungenVerein nennt Praxis der Stadt Köln „skandalös“
Köln-Kalk – Still ziehen die Demonstranten im kalten Nieselregen von der Kalker Post zur Zentralen Ausländerbehörde (ZAB) für Angelegenheiten des Landes NRW an der Dillenburger Straße. Einige tragen Plakate. „Abschiebungen stoppen!“ und „bedingungsloses Bleiberecht“ ist darauf zu lesen. Es sind 20 Menschen, darunter auch der Mann der Irakerin Hivali A., die nach Entscheidungen der ZAB und des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) von Köln nach Rumänien ausreisen muss. Der britische Staatsbürger war im April 2021 mit der Familie nach Deutschland gekommen, wo die Frau Asyl beantragt hatte. Am heutigen Donnerstag endet die im „Dublin-Vertrag“ geregelte Überstellungsfrist in ihrem Fall.
Unterstützung für Irakerin
Seit drei Wochen sitzt Frau A. in Haft in Ingelheim, laut ihrem Mann ist dort eine Schwangerschaft festgestellt worden. „Ich verstehe nicht, warum unsere im Irak geschlossene Ehe hier nicht anerkannt wird und meine Frau nicht bei mir und den drei Kindern bleiben darf“, sagt er. Er hoffe, dass eine Klage des Kölner Flüchtlingsrates Erfolg habe.
Als „illegale Abschiebung“, bezeichnen die den Ehemann unterstützenden Mitglieder des Vereins Komitee für Grundrechte und Demokratie das, was die ZAB mit „aufenthaltsbeendenden Maßnahmen“ und „Rückkehrmanagement“ als ihre Aufgabe definiert. „Statt die Möglichkeit zu prüfen, wie Frau A. bei der Familie bleiben kann, wird erneut versucht, Fakten zu schaffen, ohne die juristische Klärung abzuwarten, die das deutsche Asylrecht vorsieht“, sagt Sebastian Rose für den Verein. Seit Mitte 2021 verantwortet er das „Abschiebungsreporting NRW“. Das Projekt zielt nicht auf eine statistische Erfassung aller Abschiebefälle ab, „vielmehr geht es um die Dokumentation krasser und unmenschlicher Fälle“, so Rose, „denn die passieren immer wieder, unter Anwendung von Gewalt und mit Zwang gegen den Willen der Betroffenen“. Sein Verein hält mit vielen Betroffenen noch Kontakt.
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Aus Köln sind 2021 nach Angaben der Stadt 215 Menschen „rückgeführt“ worden. Wie viele davon aufgrund von Straftaten, geht aus der Statistik nicht hervor. Überhaupt bleibt vieles unerläutert. Zwischen Behörden wird auf Anfrage gegenseitig auf Zuständigkeiten verwiesen. Und auch die Stadt betont, dass die eigene Verantwortung darauf beschränkt sei, „gesetzlich als ausführende Stelle verpflichtet“ zu sein, entsprechende Beschlüsse umzusetzen.
Konflikte mit Gesetzen hat es weder im Fall der Irakerin A. noch bei der vierköpfigen Roma-Familie gegeben, die Ende Dezember 2021 aus Köln nach Albanien abgeschoben wurde – unter ihnen eine schwangere 16-Jährige mit geistiger Behinderung. Für Sebastian Rose ist es „skandalös“, wie rigoros die Stadt Abschiebungen vulnerabler Menschen – nur kurz durch die Pandemie unterbrochen – weiter durchsetze.
„Diskussion notwendig“
Fabian Georgi ist Vorstand im 1980 in Köln gegründeten Komitee für Grundrechte und Demokratie, das sich durch Mitgliederbeiträge und Spenden als unabhängig von staatlichen Stellen und Parteien und als „bewusst parteiisch für Menschenwürde“ versteht. Zu dem von der evangelischen Kirche im Rheinland finanzierten Projekt „Abschiebungsreporting NRW“ habe man sich entschieden, „weil sich das Abschiebesystem im größten Bundesland und deutschlandweit zu einer Blackbox“ entwickele, indem Informationen vorenthalten würden. „Dieses Projekt ist so wichtig“, so Georgi, „weil eine breite Diskussion darüber notwendig ist, ob wir als Gesellschaft bestimmte Personengruppen weiter gewaltvoll ausschließen wollen.“