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Die UnerschütterlichenKölner Traditionsgeschäfte kämpfen gegen Corona-Krise

Lesezeit 4 Minuten

Den Zutritt zum urigen Tabakladen „Peter Heinrichs“ sperrt Malek Guschel mit Flatterband ab.

Köln – Shutdown in Köln – die meisten Geschäfte sind geschlossen. Aber nicht alle, vereinzelte Läden sind in der Corona-Krise weiter in Betrieb. Darunter auch eine Reihe von alteingesessenen Betrieben. In der Stadt kennt sie fast jeder, seit vielen Generationen kaufen Kölner bei ihnen ein: Schon der Opa steckte sich bei „Pfeifen Heinrichs“ an der Hahnenstraße die Pief oder die Zigarre an, während sich die Oma bei „Printen Schmitz“ am Appellhofplatz Lebkuchen und Tortenstücke einpacken ließ.

Doch jetzt könnte die Corona-Krise diesen beiden Familienbetrieben, die zusammen mehr als 222 Jahre in Köln existieren, den Garaus machen. Zwei Chefs, die die Läden am Laufen halten und sich mit allen Kräften wehren, sind gestandene Kölsche und beide 54 Jahre alt: Josef Schmitz vom gleichnamigen Betrieb an der Breite Straße und Malek Guschel vom Rauchwarengeschäft in der Nähe des Neumarkts.

Bei „Pfeifen Heinrichs“ wird nur noch an der Tür bedient

Erster Ortstermin: Peter „Pfeifen“ Heinrichs. Wo 45 Jahre lang Tabakfreunde in den nostalgischen Laden hineinströmten und sich in einer Keller-Lounge zum feuchtfröhlichen Klüngeln bei Zigarrenrauch und Whisky oder Rum trafen, versperren nun Tisch und Flatterband mit dem Hinweis „Mindestabstand einhalten“ den Eingang.

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Bei Peter Heinrichs wird nur noch an der Tür bedient. „Wir lassen keinen Kunden mehr ganz in den Laden, sondern nehmen im Eingangsbereich oder am Telefon Bestellungen entgegen“, sagt Guschel dem „Express“. „Besonders der Postversand mit Zigarren und Pfeifentabak läuft sehr gut. Die Leute kaufen mehr ein als sonst. Viele haben wohl Sorge, dass es bald nichts mehr gibt.“

Tabakwaren gehören zur Grundversorgung

Fast alle Geschäfte in der City sind geschlossen. Warum ein Zigarrenladen mit seinem nicht gerade gesundheitsförderndem Sortiment offen bleiben darf, verwundert. Doch Tabakwaren sind im „Regelbedarfsermittlungsgesetz“ aufgeführt und gehören sozusagen zur Grundversorgung der Bevölkerung: „Wir haben die Erlaubnis des Ordnungsamtes.

Die Leute brauchen ihren Tabak, sonst gibt es Stress, gerade in diesen angespannten Zeiten“, meint Guschel und reicht schon wieder das klingelnde Telefon weiter: Nachschub aus Cuba und Nicaragua ist gefragt. „Deswegen halten wir den Laden am Laufen. Ein Teil unserer Crew arbeitet nur in unserer Niederlassung in Niederaußem, der andere Teil nur hier. So kann im Notfall schnell das komplette Team getauscht werden.“

Neue Geschäftsideen in schweren Zeiten

Szenenwechsel, das 1842 gegründete Geschäfte „Printen Schmitz“ an der Breite Straße. Klar, dass Corona jetzt auch ihnen das Oster-Geschäft kräftig verhagelt. Aber mit vielen neuen Geschäftsideen hält die Familie den Laden in Schwung. Ihr Angebot an Brötchen, Croissants und Kuchen, das wie bei Bäckereien zur Grundversorgung gehört, verkaufen die Mitarbeiter hinter einer Theke. Oder sie liefern es in Köln aus: „Etwa Kuchen und Kekse für die Oma als Geschenk, wenn man es ihr wegen Corona schon nicht selbst vorbeibringen kann“, meint Simone Schmitz.

Sie bezeichnen die wirtschaftlichen Turbulenzen durch die Corona- Pandemie als wohl schwerste Krise in ihrer 178-jährigen Familiengeschichte: „Printen Schmitz“ Inhaber Josef Schmitz mit seiner Frau Simone und Tochter Vivienne (l.).

„Für Menschen, die nicht kochen können oder wollen, bieten wir auch frisch gekochte Speisen zum Mitnehmen an, die wir in einzelnen Portionen eingefroren haben, wie Kartoffelsuppe mit Wurst, Möhren bürgerlich oder Grünkohl.“ Vor der Kuchentheke sorgen aufgestellte Tische für den nötigen Corona-Abstand, der großzügige Restaurantbereich im hinteren Teil des Geschäfts ist für jeden schnell und klar erkennbar abgesperrt. Dort sitzt in einer Ecke die kleine Familie zusammen und berät, wie es weitergeht in der Coronakrise.

Plötzlich stoppt in der Fußgängerzone vor dem Laden ein Wagen des Ordnungsamtes und zwei Mitarbeiter betreten das Café. Der Anlass: Angeblich gab es einen Anruf, dass der reguläre Restaurantbetrieb hier weiterläuft und und viele Personen zusammensitzen würden. „Was für ein Quatsch“, sagt Josef Schmitz. „Wir haben hier unsere schwerste Krise seit unserer Gründung 1842. Und mit solchen Störungen muss man sich auch noch herumschlagen.“

Viele Regale im „Kodi“-Markt sind gesperrt

Letzte Station: Der „Kodi“-Markt an der Sürther Hauptstraße 71. Viele Kodi-Discounter in Köln mussten schon vergangene Woche schließen – warum hat diese Filiale wieder geöffnet? „Weil wir immer schauen, welcher Laden ein besonders großes Sortiment an Hygieneartikeln und Haushaltswaren hat und in einem Ballungsraum liegt“, so ein Sprecher von Kodi Deutschland. Auch hier soll so mit amtlicher Erlaubnis die Versorgung sichergestellt sein.

Erst auf, dann zu, jetzt wieder auf: Auch dieser „Kodi“-Discounter in Sürth hat wieder geöffnet. Das Sortiment ist jedoch stark eingeschränkt, hauptsächlich Hygiene- und Reinigungsmittel sind zu kaufen.

Auch im Laden ist alles auf Hygiene und Desinfektion ausgerichtet: Jeder Kunde muss sich am Eingang Einweghandschuhe überstreifen, vor der Kasse müssen Sicherheitsabstände penibel eingehalten werden. Viele Regalreihen, etwa mit Küchengeräten oder Süßigkeiten, sind gesperrt. Bei anderen wie Reinigungsmitteln, Mülleimern oder auch bei Produkten für die Haustierhaltung kann man zugreifen. (red)