Justizzentrum im FokusMehr modernisieren statt Abreißen? -  Experten diskutieren über Kölner Baupolitik

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Zu sehen ist das Justizzentrum an der Luxemburger Straße in Köln aus der Vogelperspektive.

Das Justizzentrum an der Luxemburger Straße in Köln.

Umweltschützer kritisieren, dass zu viele Gebäude abgerissen werden, statt dass ihnen neues Leben eingehaucht wird. Experten diskutieren über Alternativen.

Zuletzt war es vor allem das Justizzentrum an der Luxemburger Straße, das die Diskussion über den Umgang mit bestehender Bausubstanz hochkochen ließ. Der ebenso massige wie marode Hochhauskomplex aus dem Jahr 1981 soll abgerissen und durch einen Neubau ersetzt werden, so die Entscheidung des Bau- und Liegenschaftsbetriebs als Bauherr. Umweltschützer zeigten sich empört.

Das Zentrum, immerhin das größte seiner Art in Nordrhein-Westfalen, müsse erhalten und saniert werden, so etwa der BUND Köln. Das sei deutlich ressourcenschonender. Allein der Gebäudesektor sei für 30 Prozent des globalen CO₂-Ausstoßes verantwortlich.

Auch für die Experten, die der „Bund Deutscher Architektinnen und Architekten“ (BDA) Köln jetzt zum „Montagsgespräch“ in das Domforum lud, wird die Revitalisierung bestehender Gebäude immer relevanter. „Ich bin davon überzeugt, dass wir verlernt haben, mit Gegebenem umzugehen“, so Peter Köddermann vom Verein „Baukultur NRW“: „Das Bauen muss sich verändern, weil sich die Gesellschaft ändert.“

Bausubstanz entscheidend

Die „Garbe Projektentwicklung NRW GmbH“ hat auch in Köln mehrfach gezeigt, wie älteren Baukomplexen ein zweites Leben eingehaucht werden kann. In Bayenthal wurde aus einem ehemaligen Bürogebäude ein Quartier zum Wohnen und Arbeiten. In Lindenthal sind nun Senioren zu Hause, wo früher eine Verwaltung war. Voraussetzung für eine solche Umnutzung sei aber immer die Prüfung der Bausubstanz, so Geschäftsführer Ivo Gotsche.

Viele Gebäude aus den 1950-er Jahren seien nicht mehr zu gebrauchen: „Auch Köln hat viele Gebäude, die nicht mehr zeitgemäß sind.“ Dazu kämen bürokratische Hürden. Der Gesetzgeber honoriere Umnutzungen nicht. Ändere sich die Nutzungsart eines Gebäudes, müsse ein neuer Bauantrag gestellt werden, der an den Vorschriften für einen Neubau gemessen werde. Neue Gebäude zu planen, sei im Vergleich dazu einfach verdientes Geld für Architekten. Daher „müssen wir an unseren Regelwerken arbeiten“, so Ivo Gotsche.

Zu sehen ist eine Frau, die vor Publikum spricht.

Das Justizzentrum an der Luxemburger Straße war am Montagabend Thema.

Spannende Beispiele für „wiederverwendete“ Baukomplexe erläuterten auch Christoph Grafe von der Bergischen Universität Wuppertal und Pascal Müller, Architekt aus Zürich. Und warum geht das Land NRW nicht beim Justizzentrum neue, klimafreundlichere Wege? In der Politik bestehe eben kein großes Interesse an Veränderungen, so Peter Köddermann in der abschließenden Podiumsdiskussion: „Eine Umnutzung wird als Komplexität dargestellt, die kaum finanzierbar ist, sie wird als Risikogeschäft betrachtet.“ Hier werde unter Umständen zu wenig Druck auf die Politik ausgeübt.

Für Fragen aus dem Publikum blieb leider zu wenig Zeit am Ende des Abends. Hier wäre noch einiges zu besprechen gewesen. Eine junge Teilnehmerin etwa zeigte sich gar nicht zufrieden mit den vorgestellten Fallbeispielen. Die Gebäude seien aus ihrer Sicht „verschlimmbessert worden“, ein Abriss wäre die bessere Wahl gewesen. Peter Köddermann gab ihr nur insofern Recht, als die „ästhetische Frage“ bisher nicht verhandelt worden sei: „Das begründet für mich aber nicht den Abriss.“

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