Das Haus in der Rochusstraße 79 soll neu bebaut werden. Es gibt Bedenken über den Erhalt des ursprünglichen Ortsbilds und der Fluchtlinie.
Erhalt der FluchtlinieAltes Bickendorfer Pfarrhaus soll abgerissen werden – Bedenken wegen Neubau
Eine Schönheit ist es wirklich nicht, reichlich heruntergekommen ist es auch – dennoch sorgt das Haus in der Rochusstraße 79 derzeit für Diskussionen im Veedel. Mit einiger Sorge warten die Mitglieder des Bickendorfer Kulturpfads auf die Pläne des neuen Grundstück-Eigentümers zur Neubebauung. Mit der Verwaltungsmitteilung, dass das Gebäude abgerissen werden soll, kann der „Kulturpfad“ dagegen gut leben, obwohl man dort stets ein waches Auge auf die historischen Bauten des Stadtteils hat.
Denn das jetzige Gebäude hat nach zahlreichen Umbauten mit dem 1839 dort errichteten ersten Bickendorfer Pfarrhaus, einem Fachwerkhaus, nicht mehr viel gemein. Außer der ungewöhnlichen Fluchtlinie, die es im Vergleich zu den wesentlich später entstandenen Nachbarhäusern sehr viel näher an die Fahrbahn der Rochusstraße heranrückt.
Geschichte und städtebauliche Entwicklung der Rochusstraße
Da wird es für Uli Voosen vom Bickendorfer Kulturpfad interessant, denn an der Fluchtlinie des Hauses, das nicht unter Denkmalschutz steht, sei noch der ursprüngliche, geschwungene Verlauf der Rochusstraße zu erkennen, als alle Häuser noch näher an der Straße standen, die früher einmal Bickendorfer Dorfweg hieß und die älteste Straße im Stadtteil ist.
„Das Dorf ist im Mittelalter entstanden, es gab um die 30 kleinere Höfe an dieser Straße. Davon ist nicht mehr viel erhalten“, sagt Voosen. Auch viele der Landarbeiterhäuschen und Gründerzeithäuser, die im 19. Jahrhundert entlang der Straße gebaut wurden, seien schon „der Spitzhacke zum Opfer gefallen“.
Auch in der Erhaltungssatzung von 1991 für den alten Ortskern um Rochusstraße und Nagelschmiedgasse ist daher nachzulesen, dass in der Bebauung, insofern sie der früheren Biegung der Rochusstraße folgt, das „unverwechselbare“ und „erhaltenswerte Ortsbild“ erhalten geblieben ist. An diesem Ortsbild sei die „städtebauliche Entstehung und Entwicklung dieses Gebiets ablesbar“.
Bedenken zur zukünftigen Bebauung und Erhaltung des Ortsbildes
Voosen und seine Mitstreiter fürchten nun, dass sich der neue Eigentümer bei seinem Neubauvorhaben nicht am „ortsbildprägenden Charakter“ der jetzigen Fluchtlinien und der Gebäudehöhe von eineinhalb Stockwerken orientiert, sondern an den vierstöckigen Wohngebäuden nebenan. Die stammen aus den 70er Jahren und sind um mehrere Meter nach hinten versetzt, weit entfernt von der alten Fluchtlinie.
„Ein Argument für solche Änderungen wäre natürlich der Mangel an Wohnraum“, sagt Voosen. Auch bliebe bei einem größeren Abstand zur Straße mehr Platz für den Gehweg übrig, das sei ja durchaus ein wichtiges Thema.
Erhalt des Herzhäuschens: Ein symbolischer Sieg gegen das Vergessen
Andererseits sei es vor einigen Jahren im Fall des Herzhäuschens an der Einmündung des Ahornwegs in den Häuschensweg gelungen, den Bauherrn GAG Immobilien AG von der Beibehaltung des angestammten Standorts zu überzeugen, obwohl das kleine Gebäude nun objektiv eine Behinderung für den Verkehr darstellt.
Allerdings handele es sich dabei gleichsam um einen „Stolperstein in Häuserform“, denn das Haus erinnere an die jüdische Familie Herz, die von den Nationalsozialisten deportiert und ermordet wurde. Direkt vergleichbar mit der Rochusstraße 79 sei das Beispiel also nicht.
Die SPD-Fraktion in der Ehrenfelder Bezirksvertretung schließt sich den Wünschen des Bickendorfer Kulturpfads dennoch an und fordert in einem Antrag zur kommenden Sitzung am 2. Dezember, dass der Neubau „bis an die alte Fluchtlinie gebaut“ werden soll, und zwar ausdrücklich „wie beim Herzhäuschen“.
Mehr noch, anders als beim jetzigen Gebäude Rochusstraße 79 soll der Giebel zur Straße hin ausgerichtet werden, wie es früher bei vielen Gebäuden an der Rochusstraße der Fall war. Und wie beim Herzhäuschen müsse die Fassade zur Straßenseite „mit passenden Ziegelsteinen, in der um 1900 üblichen handwerklichen Ausführung gefertigt werden“. Bei der geplanten Neubebauung soll die Bezirksvertretung ein Wörtchen mitreden.