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VeedelsgeschichteKölner Tourguide bietet Führung durch altes Bickendorf an – Sakralbau im Fokus

Lesezeit 3 Minuten
Zu sehen sind Besucher einer Führung vor dem Haupteingang von St. Rochus.

Ende der Führung vor dem Haupteingang von St. Rochus.

Die Rochuskapelle, einst das bevorzugte Gotteshaus der Bickendorfer, wurde verkleinert, dann teils zerstört. Ihren Wiederaufbau plant die Stadt.

„Nachbarn, wir haben die Kapelle geschrumpft“: Ein denkbar liebloser Umgang mit einem Wahrzeichen ist das, könnte man sagen, aber in Bickendorf passierte das gleich zweimal. Schon 1733 wurde die Rochuskapelle, die heute etwas unscheinbar im Schatten des West-Centers steht, zugunsten des Vorläufers der Venloer Straße verkleinert.

Weil zwischen dem kleinen Sakralbau und dem gegenüberliegenden Meringhof zu wenig Platz für Pferdefuhrwerke blieb. 1842 dann der große Knall: Die Explosion eines Pulverfasses auf dem Hof zerstörte auch einen Teil der Kapelle, die nicht wieder vollständig aufgebaut wurde.

Führung „durch das alte Bickendorf“

Dabei war die Rochuskapelle jahrhundertelang das bevorzugte Gotteshaus der Bewohner Bickendorfs. Hier war seit der Franken-Zeit um einige große Höfe herum ein Bauerndorf entstanden, das zur Pfarrei St. Bartholomäus gehörte. Deren Gotteshaus stand in der heutigen Mechternstraße in Ehrenfeld, der Weg war den Bickendorfern wohl zu weit: „In der Rochuskapelle versammelten sich bis zu 150 Menschen“, berichtete Uli Voosen den Teilnehmern an seiner Führung „durch das alte Bickendorf“.

Errichtet wurde die Kapelle 1666 im Auftrag des Domherrn Heinrich von Mering, dem Eigentümer des Meringhofs, zu Ehren des Pestheiligen St. Rochus. Weil die Seuche im selben Jahr in Köln rund 10.000 Menschen – ein Viertel der damaligen Bevölkerung – das Leben kostete, während Bickendorf verschont blieb.

„Die Kapelle soll im Rahmen der geplanten Umgestaltung des Rochusplatzes für mehrere hunderttausend Euro saniert werden“, erzählte Voosen. Wann das passiert, ist allerdings noch offen.

Millionen Liter Essig und Geläut des Kölner Doms

Noch älter als die Kapelle sind nur die erhaltenen Teile des Lindweiler Hofs aus dem 13. Jahrhundert. An der Rochusstraße stehen aber nur noch Überreste der Hofmauern sowie ein Herrenhaus aus dem Jahre 1885.

Die Industrialisierung ist anhand der Architektur besser nachvollziehbar. In der Nagelschmiedgasse etwa stehen noch Häuschen von Landarbeitern und Handwerkern, die um 1870 gebaut wurden, als die Rochusstraße noch Bickendorfer Dorfweg hieß und die Venloer Straße Bickendorfer Landstraße. In der Fabrik gegenüber produzierten Carl Weyers und seine Nachfolger zwischen 1911 und 2002 „Millionen Liter Essig“, so Voosen. Mittlerweile sind Künstler in der Essigfabrik ansässig.

Künstler hatten jahrelang auch das imposante Gebäude der Elektromotorenfabrik Bruncken um die Ecke an der Rochusstraße genutzt, die 1971 geschlossen wurde. Firmengründer Johannes Bruncken fertigte um 1910 unter anderem die Motoren für das Geläut des Kölner Doms. „Das Gebäude wird demnächst umgebaut, hier sollen Wohnungen entstehen. Die klassizistische Fassade bleibt aber erhalten“, sagte Uli Voosen.

Engagierte Bürger setzten sich fürs Herzhäuschen ein

Ganz in der Nähe steht als „Stolperstein in Häuserform“ das Café Herzhäuschen: Bis 1941 lebte die jüdische Familie Herz in dem ehemaligen Landarbeiterhaus, sie wurde von den Nationalsozialisten deportiert und ermordet.

Als die GAG vor etwa zehn Jahren nebenan, auf dem Gelände der ehemaligen Metallwarenfabrik Groten, eine neue Siedlung hochziehen wollte, sollte es zuerst an einer anderen Stelle neu aufgebaut werden. Doch engagierte Bürger setzten sich dafür ein, dass es seinen angestammten Platz behalten konnte.

Nicht weit entfernt ist an der Kreuzung Rochusstraße/Subbelrather Straße der „kleinste Kreisel Kölns“ zu bewundern, an dem neben dem Lindweiler Hof auch der zweitälteste Gasthof Bickendorfs steht. Erst vor wenigen Wochen hatte der letzte Pächter geschlossen, nach einem neuen Pächter wird noch gesucht: „Hier wird schon seit 1860 Bier gezapft“, sagte Voosen.

Noch länger gezapft wird in Bickendorf nur im „Haus Thomas“ an der Rochusstraße, ein Familienbetrieb in sechster Generation. Bauer Lambert Thomas war um 1840 noch Besitzer eines Grundstücks etwas weiter südlich, aber dort solle die neuromanische Kirche St. Rochus entstehen, die 2024 ihre Einweihung vor 175 Jahren feiert. Lambert Thomas willigte in den Geländetausch ein, machte eine Kneipe auf und die Bickendorfer müssen sich seit 1849 nicht mehr in die Kapelle quetschen.