„Kinder werden eingesperrt“Eltern von Kölner Schülern kritisieren Quarantäne-Regeln
- Viele Kölner Eltern fühlen sich vom Gesundheitsamt schlecht informiert.
- Kinder in Quarantäne dürfen noch nicht mal für den Corona-Test das Haus verlassen. Ihre Eltern fordern gezielte Tests statt strenger 14-tägiger Quarantäne
- Die Stadt plant eine neue einfache Testmethode mit einer Gurgellösung.
Köln – Dominique Pleimling war erst mal ratlos. Dem Ehrenfelder Vater ging es wie vielen Eltern, deren Schule in der ersten Woche nach den Ferien von einem Coronafall betroffen ist: Per Anruf war er am Montag gegen 13 Uhr von der Michael-Ende-Grundschule informiert worden. Er solle seinen Sohn Linus (9) abholen, der wegen eines Coronafalls in der Klasse mit der gesamten Klasse 3b in Quarantäne müsse. „Keiner hatte eine Ahnung, was das nun ganz genau bedeutet und was wir jetzt tun müssen. Ich wurde darauf verwiesen, dass genaue Informationen des Gesundheitsamtes folgen. Darauf warte ich immer noch.“
Die Ratlosigkeit teilte der Vater mit den anderen Eltern, die im Whatsapp-Eltern-Chat wild spekulierten, was man denn nun jetzt noch dürfe, und wo ein Test herzubekommen sei. Pleimling macht es fassungslos, dass das Gesundheitsamt die Schulen nicht zumindest mit Infozetteln ausstattet, auf denen knapp in wenigen Sätzen erklärt ist, was jetzt zu tun ist. „Am besten mehrsprachig und in auch in einfacher Sprache.“ Keiner habe etwa gewusst, ob die Quarantäne jetzt für die ganze Familie gelte oder nur für das Kind.
Kölner Schüler dürfen Wohnungen nicht für Corona-Test verlassen
Die Fakten, die er sich dann mühsam zusammen recherchiert, machen ihn wütend: Dass in den Schulen nicht getestet wird und stattdessen pauschal die 14-tägige Quarantäne gilt, das wusste er. Dass es aber darüber hinaus nach Angaben des Gesundheitsministeriums nicht möglich ist, über einen privat organisierten negativen Coronatest die Quarantäne zu verkürzen, das wusste er nicht. Selbst das Verlassen des Hauses, um einen Coronatest zu machen, ist unter Quarantäne untersagt.
Hier lesen Sie mehr: Neuer Todesfall in Köln – Testzentrum am Hauptbahnhof bald in Betrieb
Die Wohnung dürfen die Schüler laut Gesundheitsamt während der Quarantäne nicht verlassen. Selbst eine Fahrt zum Drive-In-Test nach Marsdorf sei untersagt, habe man ihm im Gesundheitsamt gesagt. Ein Test könne nur per Hausbesuch des Hausarztes unter Einhaltung aller Schutzmaßnahmen gestattet werden, erklärte die Stadt auf Anfrage. Oder wenn ein Arzt ein Testkit schickt, das dann über eine Praxis eingeschickt werde. Linus muss also nun im Haus bleiben, nur der Balkon ist erlaubt. Anders als während des Lockdowns wird er diesmal noch nicht mal mit seinem Vater im Grüngürtel Fußball spielen dürfen. „Das wird richtig hart“, befürchtet Pleimling.
Es ärgert ihn, „dass jetzt wieder Kinder eingesperrt werden, nur weil das Land nicht willens ist, bei positiven Coronafällen in Schulen die Kontaktpersonen systematisch zu testen.“ Stattdessen dürften Millionen Reiserückkehrer aus Risikogebieten nach einem Pflichttest auf Staatskosten, der negativ ausfällt, am nächsten Tag schon wieder zur Arbeit. Die Erklärung mangelnder Kapazitäten ist für ihn fadenscheinig: „Das ist eine Frage der sinnvollen Prioritäten. Zumal es sich ja bislang noch um vergleichsweise kleine Schülerzahlen handelt.“ Auch das Argument der Unsicherheit eines ersten Tests wegen der Inkubationszeit, mag er nicht gelten lassen. „Dann muss eben ein zweiter Test her.“
Kölner Schüler muss trotz negativem Test in Quarantäne
Kaj Schultz mag da nur noch von „Wahnsinn“ sprechen, „der ein Ende finden muss“. Sein älterer Sohn Joan besucht die Q1 – also die Jahrgangsstufe 11 – des Gymnasiums Kreuzgasse. Dort waren am Montag die halbe Jahrgangsstufe 11 sowie eine 6. Klasse unter Quarantäne gestellt worden. Als er den Anruf seines Sohnes bekommen hatte, war er ins Auto gestiegen, hatte ihn abgeholt und war mit ihm gemeinsam zur Uniklinik gefahren, um dort einen Test zu machen. Nicht wissend, dass er auch damit schon gegen die Corona-Regeln verstieß, da es auch hier keine konkreten Informationen des Gesundheitsamtes gab.
Das Ergebnis kam noch am selben Abend: negativ. Nur ändert das eben nichts an der angeordneten Quarantäne: „Es ist mit normalem Menschenverstand nicht nachzuvollziehen, aus welchem Grund ein Mensch, der nachweislich negativ getestet wurde, für 14 Tage unter Androhung von Strafe bei Zuwiderhandlung in seinem Zuhause eingesperrt wird, während sich seine mit ihm unter einem Dach lebenden Familienmitglieder weiterhin frei bewegen dürfen.“ Denn: Die Quarantäne gilt bei den vom Gesundheitsamt identifizierten Kontaktpersonen nur für die Schüler, nicht jedoch für die Eltern und die Geschwister. Die betroffenen Schüler seien ja nur Kontaktpersonen des getesteten Schülers und keine Corona-Fälle hieß es zur Begründung aus dem Gesundheitsamt.
Das könnte Sie auch interessieren:
Weitere Corona-Fälle an Schulen in Köln
Inzwischen gibt es weitere Fälle an Kölner Schulen: So an der Anna-Langohr-Grundschule in Heimersdorf sowie am Barbara-von-Sell-Berufskolleg. Im ersten Fall wurde für eine offene Ganztagsgruppe, im zweiten Fall für sechs Mitschüler der Betroffenen Quarantäne angeordnet. Auch an der Michael-Ende-Schule wurde neben dem bereits bekannten Fall ein weiterer Schüler positiv getestet.Zahlreiche Eltern beklagen sich über fehlende Informationen des Gesundheitsamtes, und auch in den Schulen wartete man – etwa bei den am vergangenen Freitag aufgetretenen Fällen – bis Montag vergeblich auf Nachricht, was zu tun sei. Es sei aus Kapazitätsgründen am letzten Wochenende zu längeren Bearbeitungszeiten gekommen. Das habe unter anderem an Fällen mit erheblichem Ermittlungsaufwand gelegen.
Nun soll das Personal im Gesundheitsamt zügig aufgestockt werden. Große Hoffnungen setzt man bei der Stadt auch in so genannte Gurgellösung-Corona-Testkits. Diese kommen etwa in Österreich in Schulen zum Einsatz und ersetzen dort Rachenabstriche. Das Kölner Gesundheitsamt evaluiert derzeit dieses Testverfahren, um es dann möglichst kurzfristig einsetzen zu können. Die Stadt will das neue Verfahren in Kürze vorstellen und informieren, wo es zum Einsatz kommen soll.