Erdogan-DemonstrationenAlles, was Sie zum Demo-Sonntag in Köln wissen müssen
Wer demonstriert - und wo?
Es wird am Sonntag (31. Juli) fünf Versammlungen geben – die größte davon ist die der Union Europäisch-türkischer Demokraten (UETD) auf der Deutzer Werft. Dort werden von 15 bis 20 Uhr bis zu 30 000 Erdogan-Fans erwartet, um gegen den versuchten Militärputsch in der Türkei zu demonstrieren.
Die rechtsextreme Organisation Pro NRW will ab 14 Uhr vom Hauptbahnhof zum Ottoplatz in Deutz marschieren. Die Veranstalter rechnen mit bis zu 500 Teilnehmern, die Polizei mit bis zu 1000, darunter womöglich auch gewaltbereite „Hooligans gegen Salafisten“ (Hogesa).
Das Bündnis "Köln gegen Rechts" will mit etwa 500 Teilnehmern ab 12 Uhr von der Südstadt zum Heumarkt ziehen und sich dort der Standkundgebung der jungen Verbände Kölner Parteien anschließen.
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Die Kölner Verbände von Grüne Jugend, JuSo, JuLi und Linksjugend demonstrieren mit 1500 Teilnehmern von 14 bis 18 Uhr auf dem Heumarkt.
Die Vereinigung "Internationale Krefelder" (IKR) hat 20 Teilnehmer für eine Kundgebung vor dem LVR-Turm angemeldet.
Wie bereitet sich die Polizei vor?
„Wir wissen und erwarten, dass extrem unterschiedliche politische Gesinnungen aufeinandertreffen und dass Teilnehmer der Versammlungen zum Teil stark emotionalisiert sind“, sagte Polizeipräsident Jürgen Mathies im Vorfeld.
Die Kölner Polizei hat die Zahl ihrer Beamten noch einmal auf 2700 aufgestockt. „Damit können wir den Einsatz gut bewältigen“, sagte Polizeipräsident Jürgen Mathies. Elf Hundertschaften kämen aus NRW, je eine aus Rheinland-Pfalz und Hessen, außerdem unterstütze die Bundespolizei mit weiteren Einsatzkräften.
Man sei auch „auf besondere Gewaltformen“ vorbereitet, sagte Mathies. Sollte die Lage eskalieren, stehen unter anderem Spezialeinsatzkommandos und acht Wasserwerfer bereit. Einsatzleiter Klaus Rüschenschmidt kündigte eine „niedrige Einschreitschwelle“ seiner Beamten an.
Um Gefahren frühzeitig zu erkennen werden außerdem Polizisten mit türkischen Sprachkenntnissen im Einsatz sein. So sollen mögliche Übergriffe verhindert werden.
Wo und von wem geht die höchste Gefahr aus?
Am kritischsten dürfte die Lage an der Deutzer Werft sowie rund um den Ottoplatz vor dem Deutzer Bahnhof werden. An der Werft, zwischen Severinsbrücke und Deutzer Brücke, demonstrieren ab 15 Uhr bis zu 30.000 Unterstützer des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. Viele seien „hochemotionalisiert“, sagte Mathies.
Kurdische Verbände haben nach eigenen Angaben bewusst auf die Anmeldung einer Gegenkundgebung verzichtet, um die ohnehin schon aufgeheizte Atmosphäre nicht weiter anzufachen.
Dennoch schließt die Polizei nicht aus, dass Erdogan-Gegner versuchen könnten, die Versammlung auf der Deutzer Werft mit Gewalt zu stören.
Freitagnachmittag gestattete das Verwaltungsgericht zudem den Teilnehmern der rechtsextremen Pro NRW ihren angemeldeten Demonstrationszug vom Hauptbahnhofsvorplatz bis zum Ottoplatz in Deutz.
Die Polizei, die mit bis zu 1000 Teilnehmern rechnet, darunter auch gewaltbereite „Hooligans gegen Salafisten“ (Hogesa), hatte den Marsch wegen Sicherheitsbedenken verboten und nur eine Standkundgebung auf dem Ottoplatz vor dem Deutzer Bahnhof genehmigt. Die Richter aber entschieden, dass „keine ausreichend fundierten Tatsachen“ vorlägen, die auf eine Teilnahme des „Hogesa“-Klientels schließen ließen.
Eventuellen Störaktionen einzelner Personen aus dem Hogesa-Umfeld sei durch Ordner zu begegnen – gegebenenfalls mit Unterstützung der Polizei. Gegen diese Entscheidung hat wiederum die Polizei Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht eingelegt.
Darüber hinaus machen linksautonome Gruppen seit Tagen bundesweit für den Sonntag mobil.
Warum könnte die Teilnahme von türkischen Regierungsmitgliedern zu einem Verbot der Großkundgebung führen?
Lange war nicht klar, ob Mitglieder der türkischen Regierung nach Köln kommen, um dort aufzutreten. Da eventuell die Sicherheitsauflagen hätten erhöht werden müssen, war zunächst unklar, ob die Demonstration noch abgesagt werden kann, wenn diese nicht zu bewerkstelligen gewesen wären.
Die Veranstalter der Pro-Erdogan-Demonstration hatten bis zuletzt versucht, eine Live-Schalte mit Präsident Recep Tayyip Erdogan durchzusetzen. Der Antrag scheiterte schon aus formalen Gründen vor dem Bundesverfassungsgericht. Stattdessen werden der türkische Sportminister und ein Ex-Minister der aktuellen Regierungspartei in Köln erwartet. Polizeipräsident Mathies gab am Samstag bekannt, dass er einen Auftritt von Außenminister Cavusoglu verhindern konnte.
Die weiteren 400 Beamte, die die Polizei als Verstärkung aus anderen Bundesländern erhält, sollen vorwiegend für die Sicherheit an der Werft sowie zur Sicherung des Demonstrationszuges von Pro NRW eingesetzt werden.
Daher gebe es nach Bewertung der Polizei weiterhin keine Gründe, eine oder mehrere der Demos zu verbieten, sagte Mathies. „Ich bin zuversichtlich, dass Köln am Sonntag einen friedlichen Tag erleben wird.“
Wer genehmigt solche Demonstrationen?
Demonstrationen müssen vom Staat nicht genehmigt werden. Die Veranstalter müssen sie nur vorher anmelden, damit die Polizei Risiken prüfen und den Verkehr regeln kann. Das gleiche gilt für Gegendemonstrationen.
Inhaltlich darf der Staat keine Bewertung der Demonstration vornehmen. Das heißt: Regierungskritische Versammlungen dürfen nicht schlechter behandelt werden als Jubelmärsche für Angela Merkel und Hannelore Kraft.
Was, wenn die Polizei überfordert ist?
Nur im Extremfall kann die Polizei eine umstrittene Versammlung wegen „polizeilichen Notstands“ absagen. Falls die örtlichen Polizeikräfte nicht ausreichen, muss eben Verstärkung angefordert werden.
Als milderes Mittel für ein Verbot sind auch Auflagen möglich, wie sie auch am Sonntag zu erwarten sind. Die Behörden können zum Beispiel vorschreiben, dass es nur eine stationäre Kundgebung ohne Demonstrationszug geben darf.
Als Auflage kann die Polizei auch einen anderen Verlauf der Demoroute anordnen. Dies war bei mehreren Ködiga-Demos im vergangenen Jahr der Fall.
Wo mit Staus und Sperrungen zu rechnen ist
Wegen den Demonstrationen kommt es im Betrieb der Kölner Verkehrsbetriebe und auf den Straßen rund um die Versammlungsorte in Deutz und der Innenstadt zu Verkehrsbehinderugen.
Die KVB werde alles tun, um den regulären Fahrplan zu halten, könne dies aber nicht garantieren, heißt es in einer Mitteilung. Je nach Verlauf der Demonstrationen kann es zu Verspätungen oder der Trennung einzelner Bahnlinien kommen.
Die Verkehrsbetriebe stocken die Zahl ihrer Mitarbeiter am Sonntag um etwa ein Drittel auf.
Definitiv die Siegburger Straße zwischen Severinsbrücke und Deutzer Brücke. Wegen des Aufzugs von Pro NRW aber wohl auch die Deutzer Brücke und große Teile der Innen- und Altstadt.
Wo kann man sich über den Verlauf der Demos informieren?
Die Polizei hat unter der Telefonnummer 0221 / 229-7777 ein Bürgertelefon geschaltet und informiert außerdem in deutscher und türkischer Sprache über Twitter mit dem Hashtag #koeln3107 und über ihre Facebook-Seite.
Beim Kölner Stadt-Anzeiger halten wir Sie am Sonntag mit einem Live-Ticker über die Entwicklungen in der Stadt auf dem Laufenden.