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Skandal um ErzbistumViele Kölner wollen aus Kirche austreten – Terminstau im Gericht

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Austritt

Die Zahl der Kirchenaustritte steigt.

Köln – Der Umgang des Erzbistums Köln mit dem Gutachten zum Missbrauchsskandal hat in Köln die Fliehkräfte weg von den verfassten Kirchen verstärkt. „Für mich ist das ein Desaster, das das Fass zum Überlaufen gebracht hat“, sagt Claudia Neigel, die ihren richtigen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte.

Zeichen der Solidarität mit den Opfern

Schon lange habe sie das Gefühl gehabt, die Amtskirche sei mit ihren Positionen nicht mehr Teil ihrer Lebenswirklichkeit. „Aber in diesen Wochen ist mir klar geworden, dass ich meinen Seelenfrieden erst wiederfinde, wenn ich aus der katholischen Kirche austrete. Als persönliches Zeichen der Solidarität mit den Opfern.“ Dabei sei sie fest verankert in der Gemeinde, hat ihr Kind im Glauben erzogen. „Das hat mir was bedeutet.“

Nur wenige Online-Termine

Aber wer den Austritt beim Kölner Amtsgericht vollziehen will, stößt derzeit auf Schwierigkeiten und braucht einen langen Atem: Der Andrang der Kölner, die austreten möchten, ist groß. Gleichzeitig sorgt die Pandemie für Engpässe: Wegen Corona können Termine für den Kirchenaustritt nur online beim Amtsgericht gebucht werden.

Bis Ende Februar sind alle belegt. Und die ab März buchbaren Termine sind noch nicht freigeschaltet. Dass Neigel auf diese Art am Austritt gehindert wird, empfindet sie als „Entmündigung, die mich wütend macht“.

März-Termine werden bald freigeschaltet

Beim Amtsgericht Köln bestätigt man den Stau. Durch Corona seien nur 32 Online-Terminbuchungen pro Tag möglich, um vor Ort im Amtsgericht nicht zu viel Besuchsverkehr zu erzeugen, erläutert der Sprecher des Amtsgerichts, Maurits Steinebach. Ab dem 1. Januar werden nach seinen Angaben die Termine für den Monat März frei geschaltet.

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Steinebach bestätigte, dass es derzeit einen großen Andrang Austrittswilliger gebe, den man eben aufgrund der Beschränkungen durch die Pandemie nur schrittweise abarbeiten könne. Trotz der Terminlimitierungen und Corona seien allein im letzten Quartal dieses Jahres knapp 2000 Kölner aus einer der konfessionellen Kirchen ausgetreten. In Summe werden es trotz zweimaligem Lockdown 7000 Kölner sein. 2019 habe es mit 10.073 einen Rekord gegeben, 2018 waren es 7427.

Alternative schriftlicher Austritt

Wer jetzt nicht noch Monate warten möchte, bis er einen Online-Termin ergattert, für den hat der Amtsgerichts-Sprecher einen Tipp: Man kann schriftlich seinen Austritt erklären. Die Austrittserklärung müsse dann von einem Notar beglaubigt und anschließend ans Amtsgericht geschickt werden. „Dann geht es wesentlich schneller.“ Das ist auch der Weg, den Neigel nun beschritten hat. „Die 20 Euro Notargebühr waren es mir wert.“

Allerdings sind auch die Notare derzeit mit Beglaubigungen überlastet. 15 Notare hat Neigel nach eigenen Angaben durchtelefoniert, bis sie einen gefunden hatte, der noch Kapazität hatte. „Mir haben sie gesagt, dass ihr Telefon nicht mehr still, weil so viele Menschen jetzt zum Jahresende ihren Kirchenaustritt beglaubigen lassen wollen.“