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Kommentar zum Erzbistum KölnKardinal Woelki agiert wie ein Winkeladvokat

Lesezeit 3 Minuten
Kölner Dom Wolken dpa

Das Kölner Erzbistum steht massiv in der Kritik.

  1. Bei der Aufarbeitung des Missbrauchsskandals versagt das Erzbistum Köln auf ganzer Linie.
  2. Täterschutz vor Opferschutz scheint das Motto von Kardinal Rainer Woelki zu sein.
  3. Kann Woelki noch ein moralisches Vorbild sein? Ein Kommentar

Millionen Menschen in Deutschland verbinden mit Weihnachten immer noch so viel mehr als Geschenke und gutes Essen. Es ist ein Fest der Familie und der Spiritualität. Der Besuch der Christmette an Heiligabend ist fester Bestandteil gelebten Glaubens. Nun werden die Kirchen in der Corona-Krise nicht so voll sein wie in den Vorjahren. Es gibt aber noch andere Gründe für leere Bänke. Vielleicht werden manche gerade jetzt die Entscheidung fällen, diese Bänke zu meiden. Für immer.

Wer könnte es den Katholiken in Köln verdenken, angesichts des miserablen Bildes, das das Erzbistum gerade abgibt? Die Aufarbeitung des Missbrauchsskandals ist ein komplettes Desaster. Kardinal Rainer Woelki gab mit großer Geste ein Gutachten in Auftrag – und ließ es vor der Veröffentlichung im Panzerschrank verschwinden. Seit ihm in einem Missbrauchsfall mindestens fehlende Fürsorge sowie ein Verstoß gegen seine Amtspflichten und – nach kirchlichen Normen – Rechtsbruch vorgeworfen werden, reagiert er wie ein Winkeladvokat. Es wird eingeräumt, was nachgewiesen ist, und es werden Dritte beschuldigt, die für ihn zuvor die Kohlen aus dem Feuer geholt haben.

Hauptsache, ich bin nicht schuld!

Dies folgt offenbar dem Leitgedanken: Hauptsache, ich bin nicht schuld! Da, wo eine große Geste angezeigt gewesen wäre – eine Geste der Übernahme von Verantwortung, von Demut –, da verspielt der Kardinal seine Glaubwürdigkeit so enorm, dass es derzeit schwerfällt, sich vorzustellen, wie er diese Krise im Amt überstehen soll.

Wir dürfen von der Kirche erwarten, dass sie Vorbild ist. Immer. Und natürlich ohne jede Einschränkung und erst recht dann, wenn es um den Umgang mit sexuellem Missbrauch und anderen Verbrechen geht. Wenn es um massives Fehlverhalten in ihren eigenen Reihen geht, müssen die Verantwortlichen der Kirche an der Spitze der Aufklärung stehen. Aber auch in der Sühne für begangene Sünden muss die Kirche Beispiel geben.Damit kein falscher Eindruck entsteht: Es gibt diese Kirche, die bietet, was Kirche ausmachen soll: moralische Basis, spirituelle Erfahrung, Trost, Hilfe, Seelsorge. Es ist eine Kirche, die hierarchielos von unten wächst und die in vielen Pfarrgemeinden lebendig ist.

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Aber es gibt eben auch die Amtskirche. Es gibt die Kirchenfunktionäre und Kirchenfürsten. Deren Kirche ist allzu oft gekennzeichnet durch Ignoranz, Arroganz und Doppelmoral. Täterschutz vor Opferschutz – dieser Eindruck wird durch die Vorgänge im Erzbistum wieder verstärkt. Kardinal Woelki wirkt wie ein Einzelkämpfer, dem an echter Aufklärung und Transparenz nicht gelegen ist.

Kann Kardinal Woelki noch ein moralisches Vorbild sein?

Wenn wir über den Missbrauchsskandal reden, dann geht es oft um Kinder, die zu Opfern wurden und darunter ein Leben lang leiden. Es ist an der Zeit, darüber zu diskutieren, der katholischen Kirche die Aufarbeitung aus der Hand zu nehmen und einer unabhängigen Wahrheitskommission zu übergeben.

Kardinal Woelki ließ verlauten, er sei mit sich im Reinen. Dabei erweckt er jedoch zunehmend den Eindruck, seine eigene Verantwortung nicht aufarbeiten zu wollen. Er täte gut daran, sich über die Weihnachtstage zu fragen, ob er noch ein moralisches Vorbild sein kann.