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PersonalnotKölner Kitas stellen mehr Zeitarbeitskräfte ein – „Das vergiftet das Klima im Team“

Lesezeit 4 Minuten
In einer Kindertagesstätte liegen Holzbauklötze, Spielzeugautos und Tierfiguren auf dem Fußboden, auf dem zwei Kinder spielen.

Kinder spielen in einer Kita.

In Kölner Kitas herrscht chronischer Personalmangel. Immer häufiger werden daher auch Zeitarbeitskräfte eingesetzt. Das sorgt für Unmut.

Die Personalnot ist extrem, die Frustration bei allen Beteiligten entsprechend groß. Wer mit Kita-Leitungen und Personalverantwortlichen verschiedener Träger spricht, hört immer wieder: „Wir finden keine neuen Leute.“ Allein bei den 218 städtischen Kitas gibt es laut einer Stadtsprecherin rund 150 offene Stellen. Wie viele es bei den rund 400 Kitas in freier Trägerschaft sind, weiß die Stadt nicht. Sie geht aber davon aus, dass im Jahr 2025 bis zu 1400 Erzieherinnen und Erzieher in den Kölner Kitas fehlen könnten.

Denn der Ausbau von Kita-Plätzen soll weiter voranschreiten, neue Kitas sollen entstehen, bestehende erweitert werden. Neben der Suche nach geeigneten Grundstücken oder Gebäuden gestaltet sich daher die Suche nach dem Personal als noch größere Herausforderung.

Köln: Personalmangel in Kitas ist riesig

Die Arbeiterwohlfahrt (Awo), die in Köln 20 Kitas betreibt, sucht in mehr als zehn Stellenanzeigen nach pädagogischem Personal – zum Teil sind gleich mehrere Stellen für eine Einrichtung ausgeschrieben. „Der Mangel ist riesig“, sagt Silvia Empacher, Leiterin des Fachbereichs Kinder, Jugend und Familie bei der Awo.

Dabei unternimmt die Awo als Arbeitgeberin einiges, um Mitarbeitende zu gewinnen: Fachkräfte würden grundsätzlich unbefristet angestellt, auch wenn sie eine Elternzeitvertretung übernähmen. Schwangere Erzieherinnen bekommen einen garantierten Kita-Platz in einer anderen Awo-Einrichtung für ihr Kind, damit sie nach ihrer Elternzeit problemlos zurückkehren können.

Kölner Kita-Träger klagen über mangelnde Bewerbungen

Wenn Empacher eine Bewerbung erhält, die sich nicht an eine bestimmte Arbeitsstätte richtet, überprüft sie zunächst, welche Kita am verkehrsgünstigsten für den Bewerber oder die Bewerberin vom jeweiligen Wohnort aus liegt. „Wenn sie nicht auf eine Kita festgelegt sind, können sich Bewerber mehrere anschauen und dann die für sie passende aussuchen“, sagt Empacher. In Gesprächen klopfe man die Schwerpunkte der Einrichtung und die Vorstellung der Bewerber ab.

Auch andere Kita-Träger in Köln versuchen mit zusätzlichen Anreizen, pädagogische Fachkräfte anzuwerben. Flexible Arbeitszeiten, betriebliche Altersvorsorge und ein Jobticket bieten die meisten. Der Träger Köln-Kitas stellt seinen Mitarbeitenden neben Kita-Plätzen für die eigenen Kinder auch eine vergünstigte Mitgliedschaft im Fitnessstudio in Aussicht. Fröbel stattet alle Mitarbeitenden mit einem Tablet aus. Stepke-Kitas lockt in Stellenanzeigen mit einer „Erholungsbeihilfe“ in Höhe von 150 Euro pro Jahr sowie einer Shopping-Card mit einem Monatsguthaben von 50 Euro.

In Kitas herrscht in Sachen Personal naturgemäß verhältnismäßig viel Bewegung und Fluktuation: Zum einen arbeiten dort überdurchschnittlich viele Frauen, die während der Schwangerschaft und Elternzeit ausfallen. „Schwangere haben bei uns sofort Beschäftigungsverbot“, sagt Empacher. Zum anderen ist damit auch die Teilzeitquote höher als in vielen anderen Branchen, so dass auch mehr Stellen zu besetzen sind.

Der Einsatz von Zeitarbeitskräften nimmt zu. Ich bin heilfroh, dass ich sie habe, weil ich ansonsten keine Bewerbungen bekomme
Leiterin einer katholischen Kölner Kita

Der Mangel hat nun dazu geführt, dass die Awo erstmals eine Erzieherin einer Zeitarbeitsfirma eingestellt hat. Diese habe der Awo Bewerbungen zukommen lassen und zwei Varianten offeriert: Entweder die Awo zahlt der Zeitarbeitsfirma einen Stundenlohn für die eingesetzten Pädagogen oder sie zahlt eine Vermittlungspauschale. „Wir haben uns für die Pauschale entschieden, die saftig ist“, sagt Empacher, ohne eine Summe zu nennen. „Wir wollten nicht, dass in der Kita Unruhe in der Belegschaft entsteht. Denn die Zeitarbeitskräfte verdienen sehr viel mehr als die anderen Angestellten.“

Während für die Awo in Köln die Zusammenarbeit eine Premiere ist, beschäftigen sowohl katholische als auch evangelische Kitas Erzieher über Zeitarbeitsfirmen. „Im sozialen Bereich nimmt der Einsatz von Zeitarbeitskräften zu“, sagt die Leiterin einer katholischen Kölner Kita. In ihrer Einrichtung sind 16 Mitarbeitende beschäftigt, davon aktuell drei über eine Zeitarbeitsfirma. „Sie helfen kurzfristig aus, springen ein und überbrücken Personalengpässe. Ich bin heilfroh, dass ich sie habe, weil ich ansonsten keine Bewerbungen bekomme.“

„Gleichzeitig machen die Zeitarbeitsfirmen uns das Leben schwer“, sagt die Kita-Leiterin. Mitarbeitende, die über diese Firmen beschäftigt würden, verdienten 200 bis 250 Euro mehr – netto. Das vergifte das Klima im Team, sorge für Neid. „Zeitarbeitskräfte wechseln häufiger, gehen keine langfristigen Verpflichtungen ein. Dadurch kann ein Team nicht zusammenwachsen.“ Wenn jemand sich dafür entscheide, in einer Kita zu bleiben, müsse der Träger der Einrichtung eine hohe Ablösesumme an die Zeitarbeitsfirma bezahlen.

Trotz des großen Personalmangels hat die Stadt Köln hat nach Aussage einer Sprecherin bisher noch keine Erzieherinnen und Erzieher über Zeitarbeitsfirmen eingestellt und beabsichtigt dies auch nicht. Die Stadt wolle das Personal „selbst und unmittelbar“ einstellen, da dies Bindung und Identifikation mit der Stadt als Arbeitgeberin fördere und Personalwechsel reduziere. Zudem unterstütze dies die „für diese Arbeit so wichtige persönliche Bindung in der Einrichtung innerhalb der Teams und mit den Kindern“.