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Fusion der Uniklinik mit den städtischen Kliniken„Eine riesige Chance für die Stadt“

Lesezeit 7 Minuten

Professor Michael Hallek

  1. Die Fusion der Uniklinik mit den städtischen Kliniken ist in der Vorbereitung.
  2. Die Diskussionen um diese Maßnahmen hat nicht nur Befürworter hervorgebracht.
  3. Professor Michael Hallek von der Universitätsklinik sieht die Fusion jedoch als große Chance für die Stadt.

Köln – Michael Hallek, Professor an der Universitätsklinik Köln, spricht sich für den Verbund mit den städtischen Kliniken aus. Im Interview verrät er, wieso er die Fusion als große Chance für die Stadt sieht.

Herr Professor Hallek, eine Fusion der Uniklinik und der städtischen Kliniken befindet sich in der Vorbereitung. Warum wäre das für die Patienten sinnvoll?

Weil die Kölner Patienten davon profitieren. Ein Beispiel: Wir haben an den Städtischen Kliniken in Merheim die einzige große Pneumologie und Thoraxchirurgie in Köln. Das ist eine bedeutende Ergänzung unseres Angebots, die wir dringend bräuchten und an der Uniklinik für die Versorgung der Patienten willkommen heißen würden. Wir haben an der Uniklinik in diesem Fachgebiet auch sehr engagierte Ärztinnen und Ärzte, aber die Abteilungen sind wesentlich kleiner. Es würde letztlich keinen Sinn ergeben, neben einer der bundesweit größten Thoraxchirurgien in Merheim in Köln noch eine zweite aufzubauen. Zweites Beispiel: Es gibt im Krankenhaus Merheim auch sehr leistungsfähige Abteilungen für plastische Chirurgie und Unfallchirurgie. Diese sind tolle Ergänzungen zu unserer Orthopädie und Unfallchirurgie, mit Schwerpunkt Wirbelsäulenchirurgie. Das ließe sich jetzt mit einer ganzen Reihe weiterer Beispiele fortführen.

Gilt das auch für Ihren eigenen Bereich?

Wir haben an der Uniklinik seit über zwölf Jahren ein international begutachtetes Spitzenzentrum für Onkologie, das Centrum für Integrierte Onkologie (CIO). Mit dem neuen CIO-Gebäude, welches das größte seiner Art in ganz Deutschland ist, existiert ein einzigartiges, umfassendes Diagnostik- und Therapie-Angebot für alle Krebspatienten unter einem Dach. Die Krebspatienten auf der rechten Rheinseite verdienen, dass auch sie an diesen Konzepten teilhaben. Wir müssen also eng zusammenarbeiten. Dies darf nicht länger durch die vermeintliche Konkurrenz der zwei Standorte verhindert werden.

Zur Person

Der Onkologe Professor Michael Hallek (60) ist Direktor der Klinik für Innere Medizin der Kölner Uniklinik sowie des Centrums für integrierte Onkologie CIO Aachen, Bonn, Düsseldorf, Köln. Hallek hat in Regensburg, München und Paris studiert und war unter anderem am Klinikum der Universität München und an der Harvard Medical School in Boston (USA) tätig. 2003 wechselte er nach Köln. (red)

Das ginge doch auch mit einer Kooperation.

Ja, aber die städtischen Kliniken sind durch Missmanagement in die Krise geraten. 2003, als ich anfing in Köln zu arbeiten, waren es noch zwei eng kooperierende Krankenhäuser, unter dem Dach der Universität. Beide Kliniken standen recht gut da. Einige Lehrstühle in Merheim waren Lehrstühle unserer Fakultät. Dann kam es zur Spaltung. Unter anderem wegen persönlicher Differenzen – zwei ärztliche Direktoren haben sich nicht so richtig verstanden – musste die Kooperation plötzlich aufgelöst werden; die beiden Kliniken wurden Konkurrenten. Die Uniklinik ist seitdem sehr gewachsen. Auf der anderen Rheinseite war es nicht so. Zwei zu Beginn annähernd gleich große Kliniken haben sich in einer Scherenbewegung auseinander entwickelt. Die Kölner Patienten verdienen es, diesen Fehler rückgängig zu machen.

Welche Folgen hat das?

Eine negative wirtschaftliche Entwicklung ist immer auch für die Patienten von Nachteil. In den städtischen Kliniken wurde zuletzt weniger investiert. Die Abteilungen und unsere Kolleginnen und Kollegen auf der rechten Rheinseite haben dann Schwierigkeiten, neue medizinische Verfahren anzuschaffen, oder besondere Kompetenzgebiete auszubauen. Die Ärztinnen und Ärzte der städtischen Kliniken sind leistungsfähig und hoch motiviert. Aber jede positive Entwicklung wird gebremst, wenn Geld für sinnvolle Investitionen fehlt. Das wirkt sich dann letztlich auf das Image aus. Am Ende bleiben auch die Patienten weg. Das ist ein Teufelskreis.

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Wie könnte die Lösung aussehen?

Es ist vielerorts ein privater Investor hinzugeholt worden. In Hamburg und in München lässt sich bestaunen, wie ökonomisch motivierte Krankenhausmedizin aussieht. Das hat wenig mit dem Geist und Anspruch zu tun, wie wir hier in Köln unsere Patienten versorgen möchten: Erst kommt der Patient. Dann kommt das Geld. Niemals umgekehrt. Diese Form der Medizin werden wir in Krankenhäusern mit öffentlicher Trägerschaft deutlich besser verwirklichen können. Deshalb werbe ich dafür, die städtischen Kliniken auf keinen Fall zu privatisieren.

Welche Rolle spielt die Politik aus Ihrer Sicht?

Das ganze Thema muss raus aus der Parteipolitik. Es hat da absolut nichts zu suchen. Es geht um die Patienten Kölns. Es geht auch um die Gestaltung des Wissenschaftsstandorts Köln in der Medizin. Da liegt eine riesige Chance für die Stadt. Es geht nicht darum, welche Partei hier recht hat. Die damals SPD-geführte Stadtspitze hat uns vor einigen Jahren darum gebeten zu prüfen, ob man die beiden Kliniken fusionieren oder organisatorisch zusammenlegen könnte. Und jetzt sagen Politiker aus der gleichen Partei, dass dies ganz schlecht sei. Obwohl man weiß, dass es sehr viele Sachargumente gibt für eine solche Kooperation. Das ist nicht glaubwürdig.

Es gibt aber auch Befürchtungen, dass Arbeitsplätze verloren gehen.

Der Gedanke ist doch abwegig. Die Uniklinik ist in den letzten Jahren permanent gewachsen und hat neues Personal eingestellt. Eine ähnliches Personalwachstum ist auf der anderen Rheinseite nicht zu beobachten. Im Gegenteil, es wird an einigen Stellen Personal eingespart. Folglich geht es jetzt darum, die Chance zu nutzen, unter ein fähiges Management zu kommen und mit einer gemeinsamen Vision die Patienten beidseits des Rheins optimal zu versorgen. Natürlich müssen wir auch in der Medizin sorgsam wirtschaften. Aber es geht definitiv nicht um Arbeitsplatz-Abbau.

Wie könnte das konkret an einem Beispiel aussehen?

Sie brauchen heute unzählige Spezialisten, um eine Krebserkrankung optimal zu behandeln. Da gibt es viel zu koordinieren. Das ist zudem eine sehr forschungsnahe Medizin, nicht nur reine Versorgung. Wir würden gern die Kollegen aus Merheim als Partner haben, weil uns das verstärken kann. Nehmen wir das Lungenkarzinom als Beispiel: In Merheim gibt es eine starke Thoraxchirurgie, an der Uniklinik gibt es sehr forschungsstarke Arbeitsgruppen zur molekularen Diagnostik und medikamentösen Therapie des Lungenkarzinoms. Das ergänzt sich optimal. Da liegt die Chance für die Stadt. Die Ärzte der städtischen Kliniken wären sofort Mitglied in einem onkologischen Spitzenzentrum.

Würde eine Fusion auch finanzielle Vorteile mit sich bringen?

Ja klar. Wir sind eines der führenden Krebszentren in Europa. Wir versuchen jetzt, zusammen mit dem Westdeutschen Tumorzentrum Essen größere Bundesmittel einzuwerben. Wenn Merheim dabei wäre, hätten wir noch mehr Gewicht. Im Vergleich zu Berlin, München und Heidelberg wird die Universitätsmedizin am Standort Köln bislang deutlich schlechter mit Bundesmitteln bedacht. Ein großes Krankenhaus hätte da deutlich mehr Durchsetzungsvermögen und Chancen.

Wie bemisst sich denn die Größe eines Krankenhauses?

Die Patientenzahl spielt eine große Rolle. Bei der Charité ist es nicht nur die Lage in der Hauptstadt. Die Charité versorgt auch noch Brandenburg mit. Wenn dort etwas entsteht, dann nutzt es immer einem sehr großen Teil der Bevölkerung. Solche Argumente spielen bei manchen Begutachtungen eine sehr große Rolle. Auch in München setzt man auf hohe Patientenzahlen, gute Forschung und einen tollen Campus. Das alles haben wir für Köln auch vor. Von der Markenbildung her ist die Charité unschlagbar. Unser Ziel: Wir wollen, dass man in Zukunft die Universitätsmedizin Köln im Konzert der großen Kliniken national und international mindestens ähnlich gut wahrnimmt.

Würde es auch strukturelle Vorteile geben?

Man hat dadurch mehr Institute und Kliniken, und dadurch mehr Möglichkeiten, die Fachrichtungen differenzierter zu besetzen. Ein Kardiologe an der Uniklinik muss ja nicht automatisch dasselbe Forschungsgebiet bearbeiten wie sein Kollege in Merheim. Die Nephrologie dort kann eine andere Ausrichtung haben als die hier. Das bietet eine deutlich größere Vielfalt. Dieses Potenzial müssen wir endlich ausschöpfen. Um auch wissenschaftlich stärker zu werden.

Denken Sie, dass sich die Kollegen in Merheim als Ärzte zweiter Klasse fühlen könnten?

Nein, überhaupt nicht. Es wird an uns liegen, dass wir einander als Kollegen respektvoll behandeln. Wir müssen eine wirkliche Partnerschaft leben und alle Probleme miteinander besprechen. Eine universitäre Professur in Köln, als Mitglied unserer Medizinischen Fakultät, hat für die ärztlichen Kolleginnen und Kollegen in Leitungspositionen an den städtischen Kliniken sicher einen hohen Stellenwert. Und wir werden alles tun, dass wir das gut hinbekommen. Und am Ende müssen alle den Mehrwert spüren: die Patienten, das Personal beider Kliniken, die ganze Stadt. Dann werden alle zufrieden sein.