Köln – Die Gas-Krise inklusive des drastischen Anstieges der Heizkosten wird in Köln auch die Nutzer von Fernwärme treffen – doch viele von ihnen ahnen laut des Kölner Mietervereins überhaupt noch nicht, dass sie Stand jetzt mehr als doppelt so viel zahlen müssen. Geschäftsführer Hans Jörg Depel sagt: „Es geht jetzt darum, die Überraschung bei den Heizkosten für sie zu verhindern. Wir müssen die Menschen darauf vorbereiten.“ Denn die Abrechnung samt Preis-Schock kommt erst in den nächsten Jahren.
Das Problem: Die Fernwärme wird zum großen Teil mit Erdgas erzeugt, laut eines Rheinenergie-Sprechers sind es rund 90 Prozent, den Rest machen Braunkohle, Müllverbrennung und zum sehr kleinen Teil Öl aus. Die Kölnerinnen und Kölner, die Fernwärme nutzen, hängen damit also ebenso drin in der Gas-Krise wie die Nutzer von herkömmlichen Gas-Heizungen.
Fernwärme deckt großen Teil des Wärmeenergiebedarfs in Köln
Für Energieberater Bernd Kohl kommen die Probleme nicht von ungefähr. Der NRW-Vorstandssprecher des Verbandes der Gebäudeenergieberater, Ingenieure, Handwerker (GIH) sagt zur Situation rund um das russische Gas: „Wir sind früher ausgelacht worden, wenn wir Berater gesagt haben, dass wir unsere Energie aus prekären politischen Systemen mit Risiken kaufen.“
In Köln versorgt die Rheinenergie rund 55 000 Häuser mit Fernwärme. Sie wird vor allem in Ballungszentren angeboten, also in Gebieten mit vielen Bewohnern, mit Mehr- statt Einfamilienhäusern, mit Schulen, Verwaltungsgebäuden oder Mehrzweckhallen. Beispielsweise die Lanxess-Arena wird per Fernwärme versorgt.
In Köln deckt die Rheinenergie in der Innenstadt und Deutz sogar rund 70 Prozent des gesamten Wärmeenergiebedarfs über Fernwärme ab. Dazu kommt unter anderem ein großer Teil des Kölner Nordens. Betroffen sind dementsprechend in Köln eine deutlich sechsstellige Anzahl an Menschen, weil in den 55 000 Gebäuden ja mehr als eine Person wohnt. Eine genaue Zahl konnte die Rheinenergie nicht nennen.
Kein Unterschied für Verbraucher von Fernwärme und herkömmlichem Gas
Das Prinzip hinter der Fernwärme: Die im Heizkraftwerk erzeugte Wärme gelangt über unterirdische Rohre in die Häuser, es braucht dort keine eigenen Heizanlagen samt Wartung, keinen Schornstein, kein ständiges Kümmern.
Das Problem: Fernwärmeleitungen vom Kraftwerk zu den Haushalten zu verlegen, ist aufwendig und teuer. Es gibt nicht mehrere Anbieter, sondern nur einen, in Köln ist das eben die Rheinenergie. Ein Markt inklusive Preiskampf um Kunden findet – anders als beim Gas – nicht statt. Die Zahl der Kunden, die mit Gas heizen, nennt die Rheinenergie beispielsweise nicht, damit die Wettbewerber sie nicht wissen.
Der fehlende Markt hat Konsequenzen für die Kunden, Energieberater Thomas Zwingmann von der Verbraucherzentrale in Köln sagt: „Fernwärmekunden haben eigentlich nicht viele Möglichkeiten. Sie können den Anbieter nicht wechseln und sind abhängig davon, was er liefert und was er dafür verlangt.“
Zuletzt hatte Rheinenergie-Chef Dieter Steinkamp die Verbraucher auf heftige Preisanstiege vorbereitet, für Kunden von Gas sprach er von einer möglichen Verdopplung. Ein Unternehmenssprecher sagt: „Wer bislang 900 Euro Heizkosten bezahlt hat, wird nun rund 1800 bis 2000 Euro zahlen.“ Dabei spiele es kaum eine Rolle, ob die Verbraucher Fernwärme oder herkömmliches Gas beziehen.
Längst merken Mieterverein und auch die Energieberater die Krise, Zwingmann von der Verbraucherzentrale sagt: „Die Anfrage nach Beratung bei uns ist riesig: Die Mieter und Eigentümer sind schon erstaunt, verwundert und verärgert.“ Für viele Verbraucher bleibt die Frage: Was kann ich tun, um die Heizrechnung trotzdem nicht zu stark steigen zu lassen?
Von panischen Heizungswechseln wird abgeraten
Die Energieberater Zwingmann und Kohl raten zu keiner Panik, zu keinen Harakiri-Aktionen. Kohl sagt: „Den Menschen sage ich, was ich seit 20 Jahren sage: Sie sollen sich mit dem eigenen Nutzerverhalten auseinandersetzen, das gilt für Mieter und Vermieter gleichermaßen. Das predigen wir seit ewig und drei Tagen, es hat nur keiner zugehört, weil die Energie zu billig war.“
Die Nutzer sollen ihren Verbrauch kontrollieren, schauen, wie warm es in welchem Raum sein muss, sie sollen Türen geschlossen halten, moderne Ventile kaufen oder die Fensterabdichtung kontrollieren.
Selbst wer trotzdem die Heizung wechseln will, hat laut Kohl ein Problem. Er sagt: „So einfach geht das nicht. Es gibt Probleme im Großhandel und die Montage der Handwerker ist der Flaschenhals. Das dauert durchaus ein halbes Jahr, bis die Montage beginnt.“ Er macht sich wenig Illusionen zur Gas-Krise und ihren Folgen: „Es wird nicht ohne Schmerzen gehen.“