Im Juli 2020 rast ein 40-Tonner auf der A3 in das Einsatzfahrzeug eines 22 Jahre alten Straßenwärters.
Im Oktober 2018 fährt ein Lkw-Fahrer ungebremst in das Schlussfahrzeug einer Straßenbaukolonne. Straßenwärter Dirk Gerlinger (48) stirbt noch an der Unfallstelle.
Am Buß- und Bettag gedenkt die Verkehrsministerin der Toten und mahnt Autofahrer zur Vorsicht.
Gescher/Köln – Der letzte Unfall, bei dem ein Straßenwärter in Nordrhein-Westfalen bei der Ausübung seines Berufs ums Leben kommt, liegt ein Jahr und vier Monate zurück. Ein junger Techniker der Autobahnmeisterei wird am Vormittag des 11. Juli 2020 auf der A3 bei Dinslaken-Nord von einem Lkw erfasst, als er gerade mit Vermessungsarbeiten beschäftigt ist.
Das Einsatzfahrzeug des 22-Jährigen steht auf dem Seitenstreifen, als es zur Kollision mit dem 40-Tonner kommt, dessen Fahrer mit hoher Geschwindigkeit in das Fahrzeug rast. Der Straßenwärter wird durch die Luft geschleudert und stirbt noch am Unfallort.
Das Geschehen erinnert fatal an das Schicksal von Dirk Gerlinger (48). Er verliert am Morgen des 26. Oktober 2018 ebenfalls auf der A3 in Höhe der Anschlussstelle Köln-Holweide sein Leben, weil ein Lkw-Fahrer, so wird es ein Sachverständiger später feststellen, mit eingeschaltetem Tempomaten und Tempo 89 unterwegs gegen vier Uhr morgens ungebremst in das Schlussfahrzeug einer Straßenbaukolonne rast.
Die vorgeschriebene Höchstgeschwindigkeit an der Unfallstelle war auf 60 km/h reduziert. Darüber hinaus wurde dem Lkw-Fahrer attestiert, dass er den Verkehrsraum nicht beachtet hat. Die Strecke ist schnurgerade, es regnet nicht, es gibt keinerlei Sichtbehinderungen. Der Fahrer missachtet sämtliche Hinweisschilder, die schon mehrere hundert Meter vor der eigentlichen Absicherung der Baustelle vor dem Hindernis warnen, schiebt das Baustellenfahrzeug mitsamt des Nachläuferwagens noch 39 Meter vor sich her, bevor sein Lkw zum Stehen kommt.
Im Dezember 2019 wird der Berufskraftfahrer (40) wegen fahrlässiger Tötung zu einer Bewährungsstrafe von neun Monaten und 5000 Euro Geldbuße verurteilt. Seinen Führerschein darf er behalten - wegen seiner günstigen Sozialprognose. Dirk Gerlingers Eltern können dieses Urteil bis heute nicht verstehen.
Gedenkstunde an der Autobahnkapelle in Gescher
Dieser Termin ist für alle Beteiligten keineswegs Routine. Am Mittwoch, dem Buß- und Bettag, legen NRW-Verkehrsministerin Ina Brandes (CDU), Direktorin Petra Beckefeld und Direktor Sascha Kaiser vom Landesbetrieb Straßen NRW und Gunther Adler, Geschäftsführer der Autobahn GmbH des Bundes an der Autobahnkapelle der A 31 bei Gescher im Kreis Borken einen Kranz nieder, um der im Dienst verunglückten Mitarbeitenden aus Straßen- und Autobahnmeistereien zu gedenken. An der Kapelle St. Antonius gibt es seit 1999 eine Gedenkstätte.
Verkehrsministerin bittet Autofahrer um mehr Rücksicht
„Unsere Kolleginnen und Kollegen sind im Dienst der Sicherheit auf unseren Straßen unterwegs – Tag für Tag, bei Wind und Wetter. Für ihren großen Einsatz verdienen sie Respekt und Anerkennung. Am 17. November setzen wir ein Zeichen der Solidarität mit unseren Kolleginnen und Kollegen in Orange und sagen Danke“, sagt Ministerin Brandes.
„Am heutigen Gedenktag erinnern wir zugleich an alle, die im Dienst auf der Straße verunglückt sind, und sind in Gedanken bei ihren Angehörigen. Wir werden alles uns Mögliche dafür tun, für noch mehr Sicherheit am Arbeitsplatz Straße zu sorgen. Zugleich appellieren wir herzlich an alle Autofahrerinnen und Autofahrer: Bitte fahren Sie gerade in der dunklen Jahreszeit vorausschauend und rücksichtsvoll, damit sich schreckliche Unfälle wie in der Vergangenheit nicht wiederholen.“
20 Tote und 556 Verletzte seit 1993 in NRW
Man habe in der Vergangenheit viel erreicht, um die Sicherheit zu erhöhen, etwa durch moderne Schutzausrüstung, einen modernisierten und auf Sicherheit ausgerichteten Fuhr- und Gerätepark oder durch Trainingseinheiten im Risiko-Parcours", betont Petra Beckefeld von Straßen NRW. „Seit dem Jahr 2011 hat die Anzahl der fremdverursachten Unfälle dadurch signifikant abgenommen. Gleichwohl mussten wir erst im vergangenen Jahr schmerzlich erfahren, dass die Arbeit an der Straße immer gefährlich bleiben wird.“
Im Jahr 2021 haben sich auf den Autobahnen, Bundes- und Landstraßen 33 Unfälle ereignet, bei denen Straßenwärter verletzt wurden. Seit 1993 kamen bei Unfällen 20 Beschäftigte ums Leben, 556 wurden verletzt. Das Risiko eines Straßenwärters, bei einem Arbeitsunfall ums Leben zu kommen, ist statistisch betrachtet 13 Mal höher als in vergleichbaren gewerblichen Berufen.