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Clouth-QuartierWie ein Großprojekt Signalwirkung für ganz Köln haben kann

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Peter Schade und Christoph Moossen (r.) von der Kölner Wohnungsgenossenschaft vor dem Rohbau im Clouth-Quartier.

Köln – Sechs Jahre nach Baubeginn der ersten Wohnungen geht das Clouth-Quartier in Nippes bis auf ein paar kleinere Baufelder seiner Vollendung entgegen. Mit einem Projekt, das nicht zu den ganz alltäglichen zählt.

Entlang der Xantener Straße hat die Kölner Wohnungsgenossenschaft vor kurzem das Richtfest eines neuen Wohnblocks mit 88 Wohneinheiten gefeiert, von denen 78 öffentlich gefördert sind und damit zu Mietpreisen zwischen 6,80 und 7,60 Euro angeboten werden können. Die Fertigstellung ist für das kommende Frühjahr geplant.

„Wir sind davon überzeugt, dass dieses Projekt, in das wir 26,5 Millionen Euro investiert haben, durchaus eine Signalwirkung für ganz Köln haben kann“, sagt Christoph Moosen, Vorstandschef der Genossenschaft. „Bei diesem Wettbewerb war ein hoher Anteil an Sozialwohnungen von vornherein gefordert.“

Ein „besonders schönes Projekt“

Genau das sei für eine Genossenschaft mit rund 4000 Mitgliedern und 3000 Wohnungen, „die traditionell sehr stark an Eigenkapital ist“, gut zu stemmen. „Wir arbeiten in erster Linie nicht gewinnorientiert, sondern sehen zu, dass wir unseren Satzungsauftrag erfüllen und unsere Mitglieder mit preiswertem Wohnraum versorgen. Das gelingt Projektentwicklern in aller Regel nicht. Wir haben da deutlich mehr Möglichkeiten.“

Natürlich müsse auch eine Genossenschaft die Refinanzierung sicherstellen, „aber wir können halt immer von einer Querfinanzierung mit Altbau und Bestand ausgehen“, so Moosen weiter. Eine Investition von 26,5 Millionen Euro sei bei einer Bilanzsumme von 160 Millionen Euro aber „für uns schon ein Brett“. Dafür sei die Clouth-Bebauung aber auch ein „besonders schönes Projekt“.

Nur 13 Monate bis zur Baugenehmigung

Ein paar Tage nach dem Richtfest steht Moossen mit seinem Vorstandskollegen Peter Schade vor der künftigen Einfahrt zur Tiefgarage. Beide loben die Zusammenarbeit mit der Stadt Köln und deren Tochterunternehmen Moderne Stadt. Die Baugenehmigungsphase habe nur 13 Monate gedauert.

„Das ist sehr schnell“, sagt Schade. „Da können wir uns wirklich nicht beschweren.“ Die Kölner Wohnungsgenossenschaft geht auf dem Clouth-Gelände auch ansonsten neue Wege. „Wir setzen hier zum ersten Mal zusammen mit der Lebenshilfe Köln ein Konzept für eine inklusive Wohnform um und bauen zwei Gruppenwohnungen für jeweils vier Bewohner mit Handicap.“

Gemeinsames Projekt mit der Lebenshilfe

In zwei Gewerbeflächen im Erdgeschoss werden nach Fertigstellung des Gebäudekomplexes entlang der Xantener Straße im Frühjahr 2023 ein Veedels-Café und die Beratungsstelle des „Zentrum für selbstbestimmtes Leben behinderter Menschen“ einziehen.

Seit 2016 sind auf dem ehemaligen Fabrikgelände knapp 1200 Wohnungen entstanden. Mehrere Genossenschaften, die städtische Wohnungsbaugesellschaft GAG und Baugruppen haben investiert. Das soll zu einer guten Durchmischung des neuen Viertels führen.

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Christoph Moossen und Peter Schade sind davon überzeugt, dass die Wohnungsgenossenschaften in Köln einiges dazu beitragen könnten, den eklatanten Mangel an bezahlbarem Wohnraum zu lindern und auch mehr Sozialwohnungen zu bauen. „Wenn wir über die Stadtverwaltung mehr Grundstücke bekämen, könnten wir auf jeden Fall deutlich mehr bauen.“ Doch in Köln sei das nahezu aussichtslos.

100 neue Wohnungen pro Jahr durch Nachverdichtung

Deshalb ist für die Kölner Wohnungsgenossenschaft das Thema Nachverdichtung aktuell. „Ich weiß, das ist ein schlimmes Wort. Aber wir hätten durchaus noch viele Möglichkeiten, auf unseren eigenen Grundstücken für mehr Wohnraum zu sorgen“, sagt Moossen.

100 neue Wohnungen pro Jahr könne man durchaus stemmen. Dazu sei aber vorab eine enge Begleitung durch die Stadtverwaltung erforderlich. „Wir müssen genau wissen, was möglich und umweltverträglich ist, bevor wir eine Bauvoranfrage einreichen. Früher haben wir uns vorab mit dem Bauamt oder dem Stadtplanungsamt an einen Tisch gesetzt und die Details besprochen besprochen und danach den Bauantrag maßgeschneidert eingereicht. Diesen Abstimmungsprozess gibt es leider nicht mehr. Vielleicht liegt das auch an Corona.“

Grundstücksmangel zwingt zu Investitionen im Umland

Der Mangel an neuen Grundstücken für öffentlich geförderten Wohnungsbau in Köln hat die Genossenschaft mit Sitz in Weidenpesch dazu bewogen, auch außerhalb der Stadtgrenzen zu investieren. „Wir haben zuletzt gezwungenermaßen in Dormagen und Pulheim gebaut, weil es dort noch Möglichkeiten für uns gibt“, so Moossen.

Die nächsten Jahre könnten wegen steigender Kreditzinsen dem genossenschaftlichen Bauen entgegenkommen. „Unternehmen, die stark fremdfinanziert sind, werden Probleme mit der Finanzierung bekommen. Da können wir als kapitalstarke Genossenschaft in einer zweiten Runde vielleicht in das ein oder andere Projekt einsteigen, weil denen die Puste ausgegangen ist.“