Die Torwart-Legende litt jahrzehntelang unter heftigen Schmerzen und Arthrose – Folgen des Profisports. Doch seine Devise war: nicht rumheulen. Warum es ihm endlich besser geht.
Hände der FC-Legende kaputt„Gebrochen, Kapselriss, Athrose“ – wie Toni Schumacher einfach immer weiterspielte
Diese Hände erzählen Geschichten. Geschichten von unzähligen Kämpfen mit dem Ball, mit Gegen- und Mitspielern, mit dem Rasen. Wenn Torwartlegende Toni Schumacher (68) sein Handy oder eine Tasse greift, dann fallen sofort die Verformungen an seinen Händen auf. Alles ist ziemlich krumm und schief. „Gebrochen, gebrochen, Kapselriss, starke Arthrose“, zählt er auf. „Und hier, mein rechter Ringfinger, über das Gelenk geht nichts mehr drüber.“
Auch die Knie sind ramponiert. Während Schumachers aktiven Zeit von Anfang der 1970er Jahre bis zum letzten Einsatz in der Bundesliga mit 42 Jahren haben sich unendlich viele Verletzungen angesammelt. Und die hat Schumacher immer ziemlich hemdsärmelig selbst versorgt – und einfach weitergespielt. Krassestes Beispiel: Im EM-Finale 1980 stand er mit gebrochener Mittelhand im Tor. Im Abschlusstraining hatte ihm jemand draufgetreten. Da gab es dann ordentlich Schmerz- und lokale Betäubungsmittel. Volle Dröhnung. „Und ich habe die Hand einfach fest getaped.“
Wenn sonst mal wieder ein Finger gebrochen war, dann hat er sich die geschwungenen Haarspangen seiner Schwester ausgeliehen, sie unter den Finger geklebt und damit stabilisiert. Geschient oder gar eingegipst wurde nie. Hightech-Handschuhe wie heute gab es damals nicht.
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Die Devise war: nicht rumheulen. Und: „Ohne Schmerzmittel hätte es nicht funktioniert. Ich habe auch immer, um mich selber zu beruhigen, gesagt: Schmerzen sind Einbildung.“ So kam es auch zu der legendären Szene mit seiner damaligen Frau. Die forderte er auf, eine Zigarette auf seinem Arm auszudrücken. „Ich wollte demonstrieren, dass man Schmerz ausblenden kann.“ Was ihm auch lange gelang.
Die Hände seien nun mal sein Hauptwerkzeug gewesen. Und er wollte spielen. „Nein sagen kann man immer, aber ja sagen und ausprobieren, das ist ein bisschen schwieriger. Entscheidend war immer das Warmmachen. Wenn es da nicht funktioniert hätte, hätte ich auch nicht gespielt, denn das hätte ja das Team geschwächt.“ Doch Schumacher ließ es immer funktionieren. „Der Trainer hat nur gefragt: Geht es oder geht es nicht? Und ich habe immer einen Weg gefunden.“
„Beim FC, meiner großen Liebe, habe ich unterschrieben: Ihr bekommt meinen Leib, meine Seele und mein Blut. Genauso habe ich gespielt. Nachdem sie mich nach meinem Buch 'Anpfiff' rausgeschmissen hatten, habe ich die gleiche Einstellung auch bei allen anderen Vereinen, bei denen ich unter Vertrag war, beibehalten.“
Die Sportmedizin sei damals noch in der „Steinzeit“ gewesen. 1972 zog sich Schumacher einen Kreuzbandriss am Knie zu. „Damals war die Erfolgsaussicht von Operationen noch nicht so gut.“ Schumacher spielte nach zwei Wochen wieder. „Dadurch bekam ich aber auch ein instabiles Knie, das führte zu Verschleiß, dann ist der Knorpel weg und dann kommt die Arthrose.“
Aus Spaß habe er früher gesagt: „Wenn ich einmal morgens aufwache und habe keine Schmerzen mehr, dann weiß ich, dass ich gestorben bin. Es konnte ja nicht gesund sein, wenn ich mich 24 Jahre auf die Erde werfe.“
Doch irgendwann hatte der Körper nicht mehr genug Regenerationskräfte. Den ersten Anstoß dazu, grundsätzlich etwas zu verändern, gab seine zweite Frau Jasmin, als er sie vor 30 Jahren kennenlernte. Sie brachte ihn dazu, sich gesund zu ernähren und sie warf auch alle Schmerzmittel weg, die sie zu ihrem Schrecken im Badezimmer entdeckt hatte.
Seitdem probierte es Toni Schumacher mit allem möglichen Methoden: Eigenblut, Hyaluron, es wurden ihm Löcher unter die Kniescheibe gebohrt, das sollte den Knorpel wieder wachsen lassen. „Aber irgendwann waren die Schmerzen chronisch, das ist ja auch permanenter Stress für den Körper und die Seele.“
Toni Schumacher kann jetzt wieder Motorradfahren und Golfen
Über eine gemeinsame Golfbekannte kam dann der Kontakt zum Orthopäden und Sportmediziner Markus Klingenberg von der privaten Beta-Klinik in Bonn zustande. „Ich konnte den Golfschläger nicht mehr richtig greifen und hatte wegen der Knie auch keinen sicheren Stand mehr beim Abschlag.“ Auch lange Motorradtouren waren nicht mehr möglich.
„Die Röntgenbilder waren eine Katastrophe“, sagt Markus Klingenberg über die erste Untersuchung. Er ist Spezialist für die Behandlung von Gelenken mit Stammzellen. Aus Schumachers Bauchfett wurden Stammzellen gewonnen, die in mehreren Sitzungen in die Gelenke gespritzt wurden. Sie sollen den Stoffwechsel anregen und so die Schmerzen lindern. Klingenberg hat in den vergangenen fünf Jahren mehr als 550 solcher Behandlungen (sie werden von den gesetzlichen Krankenkassen nicht getragen) durchgeführt.
„Die Therapie ist nur gemeinsam mit dem Patienten möglich. Ich bewundere die lebenslange Disziplin und Willensstärke von Toni Schumacher.“ Die Patienten müssten ein klares Ziel haben und mitarbeiten. Auch bei Gelenken, die schon zu sehr versteift sind, funktioniere die Methode nicht. Ebenso ist Übergewicht eine große Gegenanzeige. „Wir haben bei Toni Schumacher den glücklichen Umstand von viel Bewegung, kräftiger Muskulatur und gesunder Ernährung.“
Toni Schumachers Schmerzen gelindert
Toni Schumacher sagt heute, einige Wochen nach der Behandlung: „Die Gelenke sind nicht mehr so gestresst und entzündet. Das ist ein sehr angenehmes Gefühl, eine große Linderung.“ Die Lebensqualität habe sich deutlich verbessert, Vieles sei jetzt wieder möglich. „Ich liebe Gartenarbeit. Ich schneide gerne Hortensien und Bäume.“ Da schafft er jetzt auch wieder die dicken Äste. „Ich habe einen Rasen wie im Müngersdorfer Stadion – ich habe mein Leben lang auf perfektem Rasen gespielt, da kann ich doch zu Hause keine Wiese haben.“
Jeden Tag geht es in den eigenen Fitness-Raum – und jeden Abend eine Stunde spazieren mit seiner Frau. „Ich bin in meinem Leben nur rumgesprungen. Und kann mich dann doch nicht damit abfinden, dass ich gar nichts mehr machen kann. Ich bleibe halt ein Verrückter."
Vor kurzem hat er mit seinem Sohn Oliver, der in den USA lebt, dort eine ausgedehnte Motorradtour gemacht. „Traumhaft, das hat mir sehr gut getan. Das wollen wir nächstes Jahr wiederholen.“ Gezeichnet von der Sportgeschichte bleiben seine Hände allerdings. Dagegen hilft keine Behandlung.