Köln hat zwei Frauenhäuser. Jährlich müssen die Mitarbeiterinnen 400 schutzsuchende Frauen abweisen.
Kommentar zu häuslicher GewaltDas Kölner Schneckentempo bei Frauenhäusern ist beschämend
Die Fälle von häuslicher Gewalt steigen an. Und zwar nicht nur ein bisschen, sondern drastisch: Das Bundeskriminalamt verzeichnet für das Jahr 2022 240.000 Fälle von häuslicher Gewalt, einen Anstieg von 8,5 Prozent. Bei der Unterkategorie Partnerschaftsgewalt sind es sogar 9,5 Prozent mehr als im Vorjahr. Was für beschämende Zahlen.
Beschämend, weil die Polizei von einem hohen Dunkelfeld ausgeht; die realen Zahlen liegen vermutlich weit höher. Und beschämend, weil Staat, Land und Kommunen für die Betroffenen – bei Partnerschaftsgewalt meist Frauen – nicht genug Schutzräume bereitstellen.
Köln hat zwei Frauenhäuser, die Platz für insgesamt 26 Frauen und 32 Kinder bieten. Beide Häuser sind fast immer voll, jährlich müssen die Mitarbeiterinnen 400 schutzsuchende Frauen abweisen. Laut der Istanbuler Konvention müsste Deutschland mehr Schutzplätze einrichten. In NRW fehlen den Leitlinien des Europarates zufolge 1000 Plätze, in Köln mindestens 50. Dabei wären in Köln noch deutlich mehr Plätze sinnvoll, weil viele schutzsuchende Frauen in die Anonymität der Großstadt fliehen wollen.
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133 Frauen wurden 2022 von ihrem Partner oder Ex-Partner getötet
Doch wenn man bedenkt, wie schleppend die Planung eines dritten Frauenhauses in Köln vorangeht, verlässt einen das Vertrauen, dass der Wille zur Einhaltung der Istanbuler Konvention groß genug ist. Es ist einfach nur frustrierend mitanzusehen, wie das Bündnis „Frauen helfen Frauen“ seit 17 Jahren für ein drittes Frauenhaus in Köln kämpft und wie seit 17 Jahren dieses Anliegen in der Bürokratie der Behörden versauert. Dabei hat die Stadt die Einrichtung eines dritten Frauenhauses 2019 längst beschlossen.
Es ist zum Verzweifeln. Denn Köln braucht nicht nur mehr Tempo bei der Einrichtung eines dritten Frauenhauses, Köln müsste eigentlich das Gaspedal durchdrücken und direkt ein viertes und fünftes bauen. Zum Vergleich: Hamburg hat sechs Frauenhäuser. Und selbst die waren im letzten Jahr fast vollständig ausgelastet und mussten schutzsuchende Frauen abweisen.
Im Jahr 2022 wurden in Deutschland 336 Frauen gewaltsam getötet. Bei 133 von ihnen war der Partner oder Ex-Partner der Täter. Dass der Staat es trotzdem nicht schafft, Frauen ausreichend und niedrigschwellig Schutzräume zu bieten, ist nicht nur peinlich oder ein Beispiel für Bürokratiewahnsinn. Es ist schlichtweg fahrlässig.