Satirischer RückblickIn Köln wird nach dem „Versuch und Irrtum“-Prinzip regiert
- Über Köln und die Kölner kann unser Autor Peter Berger manchmal nur den Kopf schütteln – oder schallend lachen.
- In seiner satirischen Köln-Kolumne „Die Woche”, in der er die Nachrichten der vergangenen sieben Tage humoristisch verarbeitet.
- Warum man in Köln so gern nach dem heuristischen Prinzip von "Versuch und Irrtum" arbeitet.
Köln – Beim Grübeln über die Frage, nach welchem Prinzip Köln regiert wird, bin ich einen Schritt voran gekommen. Wie viele Kölner hatte ich vermutet, es sei das Et-Hätt-Noch-Immer-Jot-Jejange-Prinzip.
Falsch. Es ist die Heuristik, die Kunst, mit begrenztem Wissen und wenig Zeit zu wahrscheinlichen Aussagen und praktikablen Lösungen zu kommen.
In Köln wird immer lange nach Lösungen gesucht
Die Königsdisziplin der Heuristik ist „Versuch und Irrtum“, eine Methode, bei der so lange Lösungsmöglichkeiten versucht werden, bis die gewünschte Lösung gefunden ist. Drei Beispiele aus dieser Woche.
Beispiel 1: Aufgeschreckt von den Corona-Lockerungen stellt die Stadt fest, dass im Sommer bei der Partylaune der Kölner und ihrer Besucher die Open-Air-Flächen knapp werden und schlägt vor, die Gleueler Wiesen als Spielstätte unkomplizierter und schneller Veranstaltungen freizugeben, nachdem sie den 1. FC Köln mit seinem geplanten Trainingszentrum scheinbar erfolgreich nach Bocklemünd verdrängt hat. Das Wacken von Kölle überlebt ganze 24 Stunden, bevor es wieder einkassiert wird. Die Suche geht weiter.
Beispiel 2: Nachdem die Versuche mit Mehrfach-Anmeldungen und Losverfahren partout nicht dazu geführt haben, dass Zahl der Viertklässler, die unbedingt an ein Gymnasium wollen, kleiner wird, zieht die Stadtverwaltung eine Art Wildcard aus dem Ärmel. Vom Grundsatz her ist die Teilnahme garantiert. Nur wo genau, kann sie nicht sagen.
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Dass der Besuch einer Schule in weiterer Entfernung mit einer Bahncard 100 gefördert wird, könnte der nächste Schritt sein. Intercity statt Internat - bei freier Sitzplatzwahl und kostenlosem Internetanschluss. Dutzende Kinder, die ihr Abi in der ersten Klasse machen. Kölle, die Stadt der Hochbegabten.
Beispiel 3: Völlig überrascht stellt Kölns Baudezernent fest, dass die Gesellschaften, die sich die Grundstücke für das neue Wohn- und Büroquartier im Mülheimer Süden gesichert haben, gar nicht bauen, sondern nur spekulieren wollen. Nach dem Prinzip „Verdienen durch Verdichten“ hat sich die Zahl nicht gebauter Wohnungen um 220 Prozent erhöht. Zwingt die Stadt die Eigentümer, aufs Verdichten zu verzichten, baut keiner, weil sich das nicht lohnt. Lässt sie die Spekulanten weiter agieren, baut auch keiner, weil sich das lohnt.
Für dieses Problem hat auch die Heuristik keine Lösung. Begrenztes Wissen darf halt nicht zu geballt auftreten.