170. Geburtstag eines Kult-KölnersLehrer Welsch war nie in der Kayjass
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Ludwig Sebus und der Verein Deutsche Sprache brachten dem legendären Pädagogen ein Ständchen
Köln-Merheim – „Das Vermächtnis des legendären Lehrers Welsch ist doch viel mehr als Drei mal Null. Er verkörperte die kölsche Seele“, sagte Ludwig Sebus. „Als Lehrer hat er alle Menschen gleich gesehen und gleich behandelt. Heinrich Welsch hatte eine Berufsauffassung, die man bis heute als vorbildlich bezeichnen kann und muss.“ Der 92-jährige Sänger war mit einigen Mitgliedern des Verein Deutsche Sprache (VDS) um den Vorsitzenden Dieter Kinder an das Ehrengrab des Lehrers Welsch (er starb am 7. Juni 1935) auf dem Kalker Friedhof in Merheim gekommen, um dort zu dessen 170. Geburtstag einen Kranz niederzulegen.
Neben Grabreden und erinnernden Worten sangen sie zu Gitarrenklängen von Ralph Aurand und Hans-Jürgen Jansen das berühmte Lied von der „Kayjass“, das seit Jahrzehnten irgendwie auch als eine Art kölsche Nationalhymne gilt.
Das Lied sei, so Kinder, „kein plattes Gesinge von Dom, Rhing un Sunnesching, sondern herrlich schöne, zeitlose Weisen über kölsches Lebensgefühl“. Und mit diesem Lied wurde der Lehrer Welsch „für die Kölner zu einem Mythos und damit unsterblich“. Für den VDS wurde er Namensgeber des „Lehrer-Welsch-Sprachpreises“, der seit dem Jahr 2004 alljährlich an Personen oder Institutionen vergeben wird, die sich um die Hochsprache und den Erhalt der kölschen Sprache verdient gemacht haben. Außer Sebus, der 2008 ausgezeichnet wurde und Ehrenmitglied in VDS ist, ging der Preis unter anderem an Peter Herbolzheimer, die Höhner und die Wise Guys, den Heimatverein Alt-Köln, die Akademie för uns kölsche Sproch und die „Freunde und Förderer des kölschen Brauchtums“.
Kinder ist überzeugt: „Die gemeinsame Sprache verbindet die Menschen, schenkt Geborgenheit und weckt sogleich Heimatgefühle. Und die kölsche ganz besonders. Das Festkomitee mit seinem neuen Motto '»Uns Sproch es Heimat« hätte das, was wir damit meinen, nicht treffender ausdrücken können. Dem würde sicher auch Lehrer Welsch zustimmen, der ja ein unverfälschtes Kölsch sprach.“ So heißt es jedenfalls in dem Lied, das Willi Herkenrath und Hermann Kläser kurz nach Welschs Tod im Jahr 1935 für ihr damals recht bekanntes Gesangtrio „Drei Laachduve“ geschrieben hatten, und das in der Karnevalssession 1937/38 bei einer Veranstaltung der Karnevalsgesellschaft Mer Blieve Zesamme in der Wolkenburg erfolgreich uraufgeführt wurde.
Obwohl die Komponisten und Texter aus Kalk stammten, wo auch der Hilfsschullehrer Welsch arbeitete, hatten sie den hoch geachteten Pädagogen mit ihrer dichterischen Freiheit ins Linksrheinische versetzt – in die Kaygasse, wo es eine ähnliche Schule gegeben hatte. Spätestens ab 1891 kann man hier eine Hilfsschule – heute Förderschule – nachweisen. Sie wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört und nicht wieder aufgebaut. Welsch hat nie dort gearbeitet. Im Revolutionsjahr 1848 geboren, stammte Welsch aus der Voreifel und kam nach der Ausbildung über Koblenz – er arbeitete eine Zeit lang als Hauslehrer bei den Reichsfreiherren von Fürstenberg – Worringen und Sülz 1881 in die damals noch selbstständige Industriestadt Kalk. Kinder berichtet: „Er war ein Mann der Tat, der die sozialen Probleme seiner Zeit erkannte und als Pädagoge neue Wege ging.“
Hilfe für Familie in der Not
Welsch kümmerte sich nicht nur um die Vermittlung von Wissen, er half auch armen Familien in ihrer Not. Um benachteiligten Schülern Perspektiven zu eröffnen, gründete er 1905 die erste sogenannte Hilfsschule im rechtsrheinischen Kölner Raum und wandte auch schon mal ungewöhnliche Methoden an. So soll er einen anschaulichen Unterricht in „unverfälschtem Kölsch“ gestaltet haben. Das Gedenken daran ist bis heute geblieben, denn irgendwie, so ist Kinder überzeugt, „wor mer jo all beim Lehrer Welsch en de Klass. Jedenfalls möchte man gerne, dass es so gewesen sei.“
Das Kayjass-Lied
Für ihr Gesangstrio „Drei Laachduve“ hatten Willi Herkenrath und Hermann Kläser in den 1930er Jahren die Ur-Fassung des Kayjass-Leedes geschrieben. Die Version, die fast jeder Kölner auswendig kann, sind Verse der „Vier Botze“ aus der Nachkriegszeit. Auch Willy Millowitsch, die Bläck Fööss und andere hatten und haben den Refrain im Repertoire.
Jo un dann han mer hin un her üvverlaat un han för dä Lehrer jesa-ha-haat: Nä, nä, dat wesse mer nit mieh, janz bestemp nit mieh,un dat hammer nit studiert. Denn mer woren beim Lehrer Welsch en d'r Klass un do hammer sujet nit jeliehrt. Dreimol Null es Null es Null, denn mer woren en d'r Kayjass en d'r Schull.