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Verloren und nicht abgeholtFundbüro Köln verkauft auch Kinderwagen und Golfschläger

Lesezeit 3 Minuten
Selma Sacco steht in blauer Strickjacke zwischen Kisten voller Fundsachen.

Selma Sacco, Leiterin des Fundbüros, im Lagerkeller unter dem Ordnungsamt

Das Fundbüro der Stadt Köln verkauft am Samstag nicht Abgeholtes. Auch Skurriles wie Madonna-Statuen oder zurückgelassene Musikinstrumente holt Büro-Leiterin Selma Sacco aus dem Lager.

Gitarren, Kinderwagen, Golfschläger sind nur einige der mehr als 1000 Fundsachen, die im städtischen Fundbüro am Samstag, 3. Dezember, verkauft werden. Die Bandbreite an Vergessenem und nicht abgeholtem ist groß. Alles, was in den Bussen und Bahnen der KVB, in Parks oder Museen oder am Straßenrand verloren geht und gefunden wird, landet im Lager des Kölner Fundbüros.

Im Keller des Ordnungsamts in Kalk sind die Einkaufstüten mit teils neu verpackter Ware in hohen Regalen sortiert und Jacken auf Kleiderstangen aufgehängt. „Die beliebtere Stelle des Ordnungsamts“, nennt Selma Sacco, seit Januar Leiterin des Fundbüros, ihre Abteilung liebevoll. 15 Mitarbeitende geben dort ihr Bestes, den Bürgerinnen und Bürgern ihre verlorenen Gegenstände zurückzugeben. „Es lohnt immer, hier nachzufragen“, rät Sacco.

Nicht abgeholte Fundsachen: erstmals Verkauf zum Festpreis

Wenn Tretroller, Handys, Felgen oder Autoreifen nicht innerhalb von sechs Monaten oder drei, wenn sie in den KVB-Fahrzeugen liegen geblieben sind, abgeholt werden, versteigert das Fundbüro sie in der Regel. Doch der Keller füllt und füllt sich. Selma Sacco möchte deshalb einen Verkauf der Fundsachen zu Festpreisen etablieren.

Kommt die Aktion gut an, könnte ein größeres Angebot im Sommer auf dem Ottmar-Pohl-Platz neben dem Ordnungsamt folgen: „Wir wollen ein neues Format für den Bürger schaffen“, sagt Sacco. Der Verkauf im Atrium des Kalk-Karrees kommt auch dem Wunsch der Menschen nach, Fundsachen außerhalb der Arbeitszeiten erwerben zu können.

Spielzeug, Parfüms oder Taschen haben die Mitarbeitenden per Vergleich zu Gebrauchtwarenportalen geschätzt. An den meisten Gegenständen im Keller hängt Donnerstagnachmittag schon ein Preisschild. Nur einen Schwung Sonnenbrillen packt Selma Sacco noch ein, um die Expertise eines Optikers einzuholen. Marken-Plagiate werden aussortiert, Daten auf Handys von Fachfirmen gelöscht. Der Erlös des Verkaufs geht in die Stadtkasse, um wiederum dem Fundbüro zugutezukommen.

Grabstein und Brautkleid im Keller des Fundbüros

Bevor das Werkzeug, die Rollatoren oder der Modeschmuck überhaupt verkauft wird, stecken die Mitarbeitenden Arbeit in die Suche der Besitzerinnen und Besitzer. Mit den am häufigsten abgegebenen Fundsachen – Schlüsseln, Geldbörsen und Handys – haben sie meistens mehr Erfolg als mit Fahrrädern, die zwar zu Hunderten im Lagerkeller hängen, aber nur zu etwa 30 Prozent den Weg zurück zu ihren Fahrerinnen und Fahrern finden. Die Räder werden wegen ihrer hohen Anzahl zu getrennten Aktionen verkauft.

Neben den Verkehrsbetrieben bringt auch die Polizei jede Menge Stücke nach Kalk. 20.000 Dinge sind dieses Jahr abgegeben worden, 2019 waren es sogar 50.000. „Veranstaltungen sind ausschlaggebend“, erzählt Sacco. Im Stadion oder im Straßenkarneval werde besonders viel verloren.

Das wohl skurrilste, was zurzeit im Keller steht, ist ein Grabstein, der nahe Melaten gefunden wurde. Doch die Friedhofsverwaltung führt den gravierten Familiennamen nicht. Noch haben Menschen, die ihn vermissen, die Möglichkeit, sich zu melden. Ansonsten könnte er bei der nächsten Aktion zum Verkauf stehen. Auch ein Brautkleid hängt schon länger an einer Kellertür. Es ist zu einem Talisman der Fundbüro-Angestellten geworden.

Am Samstag hingegen erhältlich sind gleich zwei Madonna-Statuen aus Messing, die niemand zu vermissen scheint. Das teuerste Stück wird ein Spezialwerkzeug für 400 Euro sein. Nicht nur Luxus-Anziehsachen wie ein Gucci-Gürtel werden verkauft. Das meiste kostet nur wenige Euro. „Wir wollen die Fundsachen zum richtigen Zeitpunkt, kurz vor Weihnachten, anbieten und den Bürgern so etwas zurückgeben“, sagt Sacco, „und die Preise sind sehr zivil.“ Bezahlt werden kann ausschließlich in bar.