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Lost Place in KölnWie es in der Halle Kalk aussieht, in der ein neues Museum entstehen soll

Lesezeit 4 Minuten

Die Hallen Kalk sind ein besonderer Ort in Köln – der aktuell den Bürgerinnen und Bürgern noch nicht zugänglich ist. Wir haben uns vor Ort umgeschaut.

Kitschig gesprochen könnte man sagen: Noch ist sie ein verstecktes Juwel, die Halle 70 der Hallen Kalk. Auf dem ehemaligen Produktionsgelände von Klöckner-Humboldt-Deutz an der Dillenburger Straße soll das bundesweit einzigartige Dokumentationszentrum und Museum über die Migration in Deutschland, kurz Domid, entstehen. Vor wenigen Wochen hat der Rat der Stadt Köln entschieden, dem Domid die Halle im Erbbaurecht zu überlassen.

Gemeinsam mit Brigitte Scholz, Leiterin des Amtes für Stadtentwicklung, und Timo Glatz, Pressesprecher des Domid, haben wir den Ort in Kalk besucht, der Bürgerinnen und Bürgern aktuell noch verschlossen ist.

Hallen Kalk: Länger, als der Dom hoch ist

Es geht durch eine unscheinbare Einfahrt, die nicht vermuten lässt, dass hier ein Kulturort entstehen soll. In die verdreckten Fenster sind rote Buchstaben geklebt, „Spendenlager“. Die Diakonie hat hier Räume angemietet. Die Halle 70 erschließt sich erst im Hinterhof. Eine kleine Treppe geht es hoch, durch einen dunklen, wenig einladenden Flur. Wir stellen die vom Aprilwetter tropfenden Regenschirme ab.

Einfahrt zu den Hallen Kalk an der Dillenburger Straße.

Einfahrt zu den Hallen Kalk an der Dillenburger Straße.

Doch dann, durch die Tür: „Wow“, ruft der Fotograf. Überraschend hell ist es, die Stahlträger sind weiß gestrichen. Durch die Deckenfenster fällt das Licht. Die Luft ist klar. Und die Halle groß, sehr groß. 10.000 Quadratmeter sind es. Brigitte Scholz lässt den Blick schweifen. „Zur Veranschaulichung sage ich immer: Die Halle ist länger, als der Dom hoch ist.“ Dort, wo heute Vertiefungen im Boden sind, standen die Produktionsmaschinen.

Die Natur holt sich einen Teil der Hallen Kalk zurück

Auf den ersten Blick wirkt es, als hätten die Arbeiter die Hallen erst vor wenigen Wochen verlassen. Sogar eine kleine Waschstation ist übriggeblieben. Eine Waschrinne mit Brausekopf, zwei Vaillant-Durchlauferhitzer, braun, ein Charme wie bei den Großeltern im Keller.

Eine alte Waschstation in der Halle 70.

Eine alte Waschstation in der Halle 70.

Auf den zweiten Blick hat die Natur sich ein Stück der Hallen Kalk bereits zurückgeholt. An einigen Ecken hat sich nur ein wenig Grün den Weg durch den Beton gebahnt. Doch je näher wir dem hinteren Teil der Halle kommen, umso lauter wird das Rauschen. Wären wir ein paar mehr Besucherinnen und Besucher, es könnte der Besuch bei einer Kunstinstallation sein. Das Dach ist an einer Stelle undicht, durch die Decke prasselt der Regen herunter in eine Vertiefung im Boden. Früher Industrie, heute ein Pool, in dem sich die Stahlträger spiegeln. Ein Bürostuhl steht mittendrin.

Ein Bürostuhl im Wasser.

Ein Bürostuhl im Wasser.

„Uns wird immer klarer, wie wichtig diese alte Substanz für die Stadt ist“, sagt Brigitte Scholz. „Orte wie die Hallen Kalk haben eine enorme Kraft, die von ihnen ausgeht. Das hier soll ein authentischer Ort bleiben, in dieser Qualität. Und nichts, das am Ende ‚glattgeleckt‘ ist.“

Die Halle 70 der Hallen Kalk ist rund 10.000 Quadratmeter groß.

Die Halle 70 der Hallen Kalk ist rund 10.000 Quadratmeter groß.

Domid arbeitet an Ausstellungskonzept

Im Domid arbeitet man nun an der Ausgestaltung. „Wir werden bis zum Herbst den europaweiten Architekturwettbewerb ausschreiben und gehen davon aus, im zweiten Quartal 2025 ein Planungsbüro gebunden und erste Ideen dazu zu haben, wie unser Museum am Ende aussehen könnte“, sagt Timo Glatz. Fünf bis sieben Themenräume zur Migrationsgesellschaft seien denkbar. „Wir haben im Verein Mitglieder, die in den 60er und 70er Jahren hier gearbeitet haben. Die freuen sich unglaublich, dass hier etwas entsteht.“

Brigitte Scholz vom Stadtentwicklungsamt und Timo Glatz vom Domid in den Hallen Kalk.

Brigitte Scholz vom Stadtentwicklungsamt und Timo Glatz vom Domid in den Hallen Kalk.

Um die benachbarte Halle 71 soll sich nun die Stadt kümmern. Momentan sind sie noch miteinander verbunden, doch die Gesamtfläche ist zu groß für das Domid. Der Rat hat beschlossen, eine Machbarkeitsstudie weiterzuverfolgen, in der die Halle 71 als Ort für das Veedel skizziert ist. Hier hat die Zeit schon etwas stärker ihre Spuren hinterlassen, die Fenster sind vergilbt. Wie in der Halle 70 lassen aber auch ungebetene Gäste Dinge zurück – nicht nur Graffiti, sondern auch leere Wodkaflaschen und Zigaretten. Ein alter Schaukelstuhl steht alle paar Wochen an einem anderen Platz.

Stadt plant Freilufthalle in Kalk

„Die Halle 71 soll auf die Halle 70 reagieren“, sagt Scholz. „Es ist denkbar, das Dach in der Mitte abzudecken. Wasser, Grün, Sport, eine aktive Nutzung – all das ist vorstellbar. Wir müssen aber auch immer schauen, was die jeweiligen Varianten kosten werden. Und was das Ganze in der Unterhaltung kosten würde, damit die Stadt das auch über Jahre finanzieren kann.“

Für das Domid ist das wichtig, ebenso wie die Entwicklung im Osthof, an dem sich verschiedene Initiativen ansiedeln wollen. „Für uns ist es wichtig, dass wir hier nicht als Museums-Satellit entstehen, sondern mit den Akteuren im Osthof Teil eines Kulturquartiers werden“, sagt Glatz. „Wir werden das kreative Potenzial dieses Stadtteils nutzen.“

Der Besuch darauf macht Hoffnung. Die Eröffnung des Domid ist für 2029 vorgesehen.