Die Service- und Logistzentrale in Kalk mit 70 Mitarbeitern ist einmalig in NRW und Vorbild für Feuerwehren bundesweit.
Fuhrpark, Schlauchturm, KleiderkammerDas Herz der Feuerwehr Köln – Ein Besuch im Werkstattzentrum
Wenn man Brandbekämpfer, Sanitäter und Ärztinnen der Feuerwehr als Helden bezeichnen möchte, dann arbeiten hier wohl die stillen Helden – im Werkstattzentrum an der Gummersbacher Straße im Stadtbezirk Kalk, der Herzkammer der Feuerwehr Köln. „Jeder sieht die Löschfahrzeuge und Rettungswagen auf der Straße“, sagt Andreas Reifferscheidt, Sachgebietsleiter Technik. „Aber damit das überhaupt möglich ist, arbeiten 70 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hier im Hintergrund.“ Das ist die Dimension einer mittelgroßen Feuerwache.
Ohne diese Mitarbeiter würde in der Stadt kein Rüstwagen fahren und kein Atemschutzgerät funktionieren. Schläuche wären kaputt, Uniformen löchrig, Rettungswagen hätten keine Medikamente an Bord, der Rettungshubschrauber keine Kanülen. Oder wie Reifferscheidt es formuliert: „Wenn das Werkstattzentrum einen Schnupfen hat, hat die Feuerwehr eine Erkältung.“ Der „Kölner Stadt-Anzeiger“ hat sich in dem modernen und landesweit einmaligen Service- und Logistikzentrum einer Feuerwehr einmal genau umgesehen.
Hinter Fassaden aus verzinktem Stahlblech, auf mehr als 8000 Quadratmetern auf dem Gelände der ehemaligen Chemischen Fabrik Kalk sind seit 2019 außer dem Werkstattzentrum auch die Rettungswache 10 und Räume für die Löschgruppe der Freiwilligen Feuerwehr untergebracht.
Waren die Fachwerkstätten, Lager und Serviceeinheiten früher auf fünf Wachen in der Stadt verteilt und die Räume teilweise veraltet und viel zu eng, biete man aus Kalk „Service aus einer Hand“, sagt Reifferscheidt. Um Medikamente, Post oder Gerätschaften auf die Wachen zu verteilen, sind täglich zwei Logistik-Botenfahrzeuge der Feuerwehr in der Stadt unterwegs.
Im Werkstattzentrum setzt die Stadt Köln bewusst auf berufliche Vielfalt, hier arbeiten Feuerwehrleute, Handwerker, eine Schneiderin, Mechatroniker und KFZ-Meister. Ein Mitarbeiter der Kleiderkammer ist gelernter Bäcker, ein anderer hat im Irak zwei Bekleidungsgeschäfte geführt. Einer von zweien, die die Schläuche trocknen, flicken und reinigen, hat Tischler gelernt. Demnächst sollen noch zwei Meister für Lagerlogistik dazukommen.
Die Kleiderkammer
Dürfte eigentlich gar nicht so heißen, denn statt einer „Kammer“, in der wie früher auf der Wache in Weidenpesch die Klamotten über eine abgeschabte Holztheke gereicht und die passende Größe per Daumenpeilung vorgenommen wurde, wähnt man sich hier in einem hellen, großzügigen Kaufhaus für Feuerwehr- und Rettungsdienstbekleidung. Hosen, Poloshirts und Uniformjacken hängen an Haken, es gibt Regale und Kleiderständer mit Helmen, Gürteln und Stiefeln, Jacken und feuerfesten Socken. Anprobiert werden die Sachen in geräumigen Umkleidekabinen. Andreas Reifferscheidt spricht sogar von einem „Shoppingerlebnis“. Auch die Jugendfeuerwehr wird hier eingekleidet. Eine auf Brandschutzkleidung spezialisierte Schneiderin repariert kleinere Schäden.
Jede Einsatzkraft ist selbst dafür verantwortlich, dass ihre Bekleidung in Schuss bleibt. Nach einem Punktesystem darf man hier einkaufen und selbst entscheiden, ob man sich lieber ein neues Oberhemd gönnt oder sich stattdessen mit – zum Beispiel – zehn Krawatten eindeckt. „Viele Feuerwehren waren schon hier, um sich unser Shopsystem anzugucken“, sagt Reifferscheidt.
Die KfZ-Werkstatt
Ungefähr 500 Fahrzeuge hat die Kölner Feuerwehr, vom Kleinwagen bis zum 18-Tonnen-Löschfahrzeug. Die meisten Reparaturen übernimmt die hauseigene Werkstatt selbst, größere Schäden zum Beispiel an Getrieben oder Motoren beheben die Fachwerkstätten der Hersteller. In der KFZ-Werkstatt in Kalk ist viermal so viel Platz wie in der alten Halle auf der Wache in Lindenthal. Um auch die Drehleitern ein Stück ausfahren und testen zu können, sind die Decken zwölf Meter hoch. Es gibt einen Bremsprüfstand, Hebebühnen und Gruben für Arbeiten an der Fahrzeugunterseite. Auch die TÜV-Abnahme findet hier vor Ort statt. Bevor ein repariertes Fahrzeug wieder herausgegeben wird, prüfen die Mitarbeiter die Ausrüstung anhand von Checklisten und bestücken neu bestellte Fahrzeuge, bevor sie an die Wachen herausgegeben werden. Auf dem Hof stehen ausrangierte Rettungswagen oder Löschfahrzeuge, die verkauft werden sollen.
Die Atemschutzgerätewerkstatt
Wer hier arbeitet, trägt eine besonders hohe Verantwortung. „Die Kolleginnen und Kollegen draußen im Brandeinsatz vertrauen den Mitarbeitern hier buchstäblich ihr Leben an“, sagt Andreas Reifferscheidt. Denn reißt im Einsatz die Atemluft ab, kann das tödlich enden. Daher werden alle 800 Pressluftatmer und alle 5500 Atemmasken regelmäßig gewartet, zerlegt, gereinigt, zusammengebaut und nach sorgfältiger Prüfung wieder herausgegeben. Eine Puppe testet die Atemautomatik. Die Mitarbeiter besetzen außerdem im 24-Stunden-Dienst den „Gerätewagen Atemschutz“, der frische Geräte an Einsatzorte bringt und gegen kontaminierte austauscht.
Das Sanitätsmittel-Lager
Acht Wochen käme die Feuerwehr Köln im Notfall mit ihrem Vorrat an Medikamenten und Sanitätsbedarf aus. Im Sanitätsmittellager stapeln sich neben sicher verschlossenen Medikamenten Kältekissen, Infusionsnadeln, Spritzen und Halskrausen auf Hochregalen. Dazu FFP2-Masken, Laken für Rettungstragen, Ultraschallgeräte, Beatmungsbeutel, Decken und – besonders nachgefragt an den Karnevalstagen – Brechbeutel mit Mundstück. Die Kommissionierung im Lager ist voll digitalisiert, die Mitarbeiter nutzen nummerierte Regale, Barcodes auf der Ware, ein Computerterminal und Handscanner.
Schlauchlager und -werkstatt
5000 Schläuche reinigen, prüfen und reparieren die beiden Mitarbeiter der Schlauchwerkstatt jedes Jahr, im Schnitt fast 14 pro Tag. In einem langen Edelstahlbecken werden die 15, 20 und 30 Meter langen Schläuche gewaschen und dann an einer Kette automatisch in den Trockenturm hochgezogen. Dank der aufwändigen Pflege bleiben die Schläuche lange haltbar, der älteste in Köln ist seit 1980 in Betrieb.
Das Gerätelager
Wer gerne durch Baumärkte schlendert, kann sich im Gerätelager der Feuerwehr gar nicht satt sehen. Auf meterhohen Regalen stapeln sich bis unter die Decke über zwei Etagen Kettensägen, Handbeile, Teleskopleitern, Äxte, Schaufeln, Brecheisen, Schlauchtragekörbe, Rettungsringe, Batterien, Tauchpumpen, Stromerzeuger und sehr viel mehr. Das sei auch nötig, sagt Andreas Reifferscheidt. „An einer Einsatzstelle brauchen wir manchmal Erfindungsreichtum, um zum Beispiel Menschen aus einer gefährlichen Lage zu befreien. Da müssen sich die Kollegen ad hoc etwas überlegen. Und sie müssen eine Lösung finden — denn nach uns kommt keiner mehr.“