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Verbindungen zu Mord vor Kalker-FitnessstudioUnbekannter schießt auf Kiosk-Betreiber – Streit im Kölner Rockermilieu eskaliert weiter

Lesezeit 3 Minuten
Die Polizei sicherte in der Nacht Spuren am Tatort in Köln-Ostheim.

Die Polizei sicherte in der Nacht Spuren am Tatort in Köln-Ostheim.

Am Mittwochabend wurde in Köln-Ostheim der Betreiber eines Kiosks angeschossen. Der Vorfall ist die nächste Eskalation im Rockermilieu.

Araz Göktan (Name geändert) blieb keine Zeit zu reagieren. Gegen 21.13 Uhr betritt am Mittwochabend ein schwarz gekleideter und maskierter Mann den Kiosk, läuft hinter die Ladentheke, wo Göktan gerade an einer E-Zigarette zieht, hebt seine Waffe, zielt auf die Beine Göktans und drückt ab. Aufnahmen der Videokamera des Kiosks, die der „Kölner Stadt-Anzeiger“ einsehen konnte, zeigen das Attentat. Fünf Schüsse treffen den 33-Jährigen. Dann flüchtet der Täter auf seinem E-Scooter in Richtung Gernsheimer Straße, der ganze Vorfall dauert nicht mal eine Minute.

Das Opfer kam mit schweren Verletzungen in eine Klinik, soll aber nicht in Lebensgefahr schweben. Der Täter, etwa 1,80 bis 1,85 Meter groß, schmal gebaut, befindet sich noch immer auf der Flucht.

Es ist die nächste Gewalteskalation in Köln, die offenbar in Verbindung mit Auseinandersetzungen im Rockermilieu steht. Die Polizei prüft unter anderem Verbindungen zu dem Mord an dem Rocker Davide K. vor einem Fitnessstudio in Köln-Kalk im Oktober vergangenen Jahres. So soll Göktan nach bisherigen Erkenntnissen ein Bekannter des Ermordeten aus dem Oktober gewesen sein, teilen Polizei und Staatsanwaltschaft mit.

Getöteter Davide K. mehrmal Ziel von Anschlägen

So berichtet es auch ein Bekannter Göktans einen Tag nach dem Attentat: „Sie waren gute Freunde seit der Kindheit. Araz hat ihm immer geholfen.“ Dadurch sei auch Göktan ins Fadenkreuz der verfeindeten Rocker geraten, so der Bekannte. Sie sollen ihm gedroht und mehrere tausend Euro Schutzgeld gefordert haben. Die Polizei wollte das auf Anfrage nicht kommentieren.

Die Polizei sicherte in der Nacht Spuren am Tatort in Köln-Ostheim.

Die Polizei sicherte in der Nacht Spuren am Tatort in Köln-Ostheim.

Fest steht: Am 22. Oktober 2024 hatte ein Unbekannter Davide K. vor einem Fitnessstudio erschossen. Auch damals flüchtete der Täter mit einem E-Scooter. Der Mord auf K. hatte sich angekündigt, das Umfeld des Mannes war im Sommer wiederholt Ziel von Anschlägen gewesen.

Am 29. August hatten Unbekannte mit einer Maschinenpistole mehrere Schüsse auf das Haus einer Bekannten K.s in Ostheim abgegeben. Am 6. September fielen dann ebenfalls Schüsse auf ein Haus in Hürth-Kalscheuren, das sich in der Nähe der Wohnung des 32-Jährigen befindet. Und auch die Handgranate, die am 17. September unter einem ausgebrannten BMW X6 in Ostheim entdeckt worden war, „steht im Zusammenhang mit den Ermittlungen, in denen der Getötete als Ziel der Angriffe geführt wird“, teilten die ermittelnden Behörden damals mit. Göktan, so erzählt es sein Bekannter, hätte Davide K. in dieser Zeit immer wieder unterstützt.

Zwischenzeitlich stand Davide K. sogar unter Polizeischutz, doch er zeigte sich nicht kooperativ mit der Polizei. Zum Verhängnis wurde dem Mann offenbar sein Instagram-Account. Dort teilte er in Echtzeit mehrere Videos, in denen er in dem Fitnessstudio in Kalk trainiert, vor dem er wenig später erschossen wurde.

Seitdem suchen die Ermittler nach dem Mörder, bisher ohne Erfolg. Ende vergangener Woche veröffentlichte die Polizei Fahndungsfotos eines gesuchten Zeugen. Der Mann soll nach Erkenntnissen der Kriminalpolizei mit Davide K. im August 2024 auf der Kalker Hauptstraße in Streit geraten sein – kurz bevor Unbekannte mit einer Maschinenpistole mehrere Schüsse auf das Mehrfamilienhaus seiner Bekannten in Ostheim abgegeben hatten. Sechs Tage nach der Veröffentlichung der Fahndungsfotos kam es dann zu den Schüssen auf Araz Göktan.

Deswegen ist nun auch die Ermittlungsgruppe „Kalash“ an den Ermittlungen beteiligt. Sie ist Teil der Ermittlungsgruppe „Fusion“, einer Art Ober-Ermittlungsgruppe, die Verbindungen zwischen den Taten im Rockermilieu und den Explosionen und Schussabgaben vor Wohnhäusern und Geschäften prüft, dessen Spuren ins Drogenmilieu führen. Rund 80 Ermittler arbeiten in vier Ermittlungsgruppen an dem Komplex. Bisher sind Verbindungen zwischen den beiden Tatkomplexen aber nicht bekannt.