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Karneval in Corona-ZeitenWas uns Kölnern fehlen wird – und was nicht

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Coronavirus_Karneval

Symbolbild

Köln – Dreimol Null es Null es Null… hätten wir auch an diesen tollen Tagen wieder gerne in großen Gruppen gemeinsam auf der Straße beim Karnevalsauftakt gesungen. Geht aber nicht. Wie so einiges: In der Zeit zwischen Weiberfastnacht und Aschermittwoch 2021 werden in dieser vom Coronavirus ausgebremsten Zeit Phänomene nicht auftreten, Dinge nicht passieren, auf die im Karneval immer Verlass ist.

Wir werden einiges davon vermissen, manches vielleicht sogar sehr. Und anderes überhaupt nicht. Wir werden sogar froh sein, dass sie in dieser Session einmal nicht zum Aufreger und Gesprächsthema werden. Eine – sicher unvollständige – Liste.m n

Der Karnevalshit

Mag sein, dass im Radio, bei Spotify oder anderen Streamingdiensten auch in dieser Session wieder ein Lied zum Karnevalshit gekürt wird. Aber es macht einen Unterschied, ob das Lied aus der Konserve erklingt und Mann oder Frau das mehr oder weniger für sich zuhause mitsingt… Oder gemeinsam mit Dutzenden oder Hunderten Feiernden gemeinsam in der Kneipe. Oder vor der Kneipe, weil’s drinnen schon seit Stunden sowieso viel zu voll ist.

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Die Suche nach dem passenden Karnevalskostüm – oder die Trauer, dass ein selbst fabriziertes Outfit nicht zum Einsatz kommt

Die Suche nach dem Kostüm entfällt dieses Jahr. Und damit auch die Ausgaben: Statistisch legen Jecken nach Zahlen von 2019, die das Online Statistik-Portal Statista und das Umfrageinstitut Yougov erhoben haben, meist zwischen 21 und 50 Euro auf den Ladentisch, um sich zu verkleiden.

Weiberfastnacht_Koeln

Symbolbild

Für die einen bedeutet die Situation dieses Jahr eine Sorge weniger: Weil sie sich partout nicht entscheiden können, ob sie wieder das alte Lappenclown-Kostüm aus der letzten Session aufmöbeln sollen oder diesmal doch lieber als Pirat gehen wollen. Für die anderen ist der Komplettausfall von Straßenkarneval und Sitzungen eine herbe Enttäuschung: Weil sie nämlich schon ewig dabei sind, ihr neues Kostüm zu entwerfen.

Der Müll an Karneval

„Der Müll, die Stadt und der Kot“ – könnte man in Abwandlung des Titels eines Fassbinder-Theaterstückes diesen Aspekt des Straßenkarnevals überschreiben, den wir in diesem Jahr ganz bestimmt nicht vermissen werden. Allein beim Kölner Rosenmontagszug fallen jährlich etwa 111 Tonnen Müll an. Die Müllmenge zwischen Weiberfastnacht und Veilchendienstag dürfte insgesamt noch um viele Dutzend Tonnen über diesem Wert liegen.

Vieles davon ist Glasmüll. Der ist zwar in den vergangenen Sessionen weniger geworden, weil an vielen Orten Pfandsysteme für Kölsch-Stangen und Glasverbote an den Feier-Hotspots eingeführt wurden. Dennoch freuen sich in diesem Jahr insbesondere Radfahrer in der Innenstadt, dass sie nicht um Scherbenmeere herumkurven müssen.

Ein weiterer Teil dieses Mülls ist der Pferdemist. Über 500 Pferde laufen allein beim Rosenmontagszug jedes Jahr mit. Sie produzieren laut einer Schätzung von Hans Oechsner, Leiter der Landesanstalt für Agrartechnik und Bioenergie and der Uni Hohenheim, aus dem Jahr 2015 an diesem Tag 16,35 Tonnen Kot.

Die Debatte über das Pro und Kontra von Pferden in Karnevalszügen

Die Auseinandersetzung über die Frage, ob Pferde in Karnevalszüge gehören oder nicht, hebt jedes Jahr aufs Neue an. Und am Ende ändert sich nichts. Mal ist sie heftiger, weil es etwa einen Unfall gibt, in den ein Reittier oder Pferde eines Kutschgespanns verwickelt sind – wie beim Rosenmontagszug 2018. Mal läuft sie eher routiniert ab. In diesem Jahr entfällt sie wohl, weil es keine Züge und damit auch keine Pferde in Zügen gibt. Et bliev alles wie et es. Bis auf Wiedervorlage.

Pferdemist und andere Exkremente

Wo wir schon über Pferdemist auf den Straßen an Karneval sprechen: Die Tiere können nicht anders. Sie entleeren ihren Darm, wenn’s gerade ansteht. Beim Menschen ist das anders. Sollte man meinen. Er oder sie hat insbesondere den Harndrang bis zu einem gewissen Grad unter Kontrolle. Es gibt aber an Karneval leider immer wieder Hunderte Menschen, die uns vom Gegenteil überzeugen wollen.

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Ein Schild vom 11.11. 2019 nahe der Uni Mensa

Richtig: Die Wildpinkler. Trotz eines Verwarngeldes von mindestens 60, maximal 200 Euro, das Mann – meistens – oder Frau – eher selten – zahlen muss, wenn er oder sie beim Urinieren an der Kirchmauer, hinterm Museum, im Gebüsch von Polizei oder Ordnungsamt erwischt werden. Trotz rund 700 eigens von der Stadt während der Tage des Straßenkarnevals aufgestellter Dixieklos: 2019 erwischte das städtische Ordnungsamt 434 Wildpinkler zwischen Weiberfastnacht und Karnevalsdienstag.

Mal gucken, was in diesem Jahr passiert: Wir erwarten, dass es bis auf ein paar unverbesserliche „Wildpinkler aus Leidenschaft“ an den Karnevalstagen niemanden geben wird, der meint, er müsse unbedingt an eine Kirchmauer strullen.

Keine Kamelle, keine Schokolade, keine Strüßjer

300 Tonnen Süßigkeiten – Kamelle, Schokoriegel, Schokoladentafeln – fliegen am Rosenmontag aus Fußgruppen und von Festwagen ins närrische Volk. 300.000 Kilogramm. 300.000.000 Gramm. Darunter 700.000 Tafeln Schokolade. Außerdem 300.000 Strüßjer. In dieser Session nicht. Schade.

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Obwohl: Es gibt leckere Kamelle und solche, die, sagen wir, nach den närrischen Tagen verstaut zuhause im Küchenschrank, ein gewisses Beharrungsvermögen an den Tag legen. Dieser Haufen liegt wie Blei im Regal und wird nur langsam kleiner. Bis der klägliche Rest dann irgendwann im Müll landet, weil er nicht mehr genießbar ist.

Sexuelle Übergriffe

Ich will hier keine Debatte darüber lostreten, ob sexuelle Übergriffe – fast ausnahmslos von Männern gegenüber Frauen – zum Karneval gehören. Gehören sie nicht. An den Zahlen kommen wir trotzdem nicht vorbei: 2016 zum Beispiel nahm die Polizei in den Tagen des Straßenkarnevals 51 Strafanzeigen wegen sexueller Übergriffe auf. Das ging von der sexuellen Beleidigung bis zur Vergewaltigung.

Gäste in der Stadt

In der Session 2017/18 gab es nach einer vom Festkomitee Kölner Karneval in Auftrag gegebenen Studie 385.000 Übernachtungen von Gästen in der Stadt. Allein das macht den Karneval zu einem wichtigen Wirtschaftsfaktor.

Sicher, die Stadt ist dann voll. Aber andererseits bietet der Besuch von außerhalb doch auch immer die Chance, auf der Straße nette Leute kennenzulernen, vielleicht gemeinsam Spaß zu haben. Diese bereichernden Begegnungen entfallen in dieser Session weitgehend.

Ich muss da immer an einen Freund aus San Francisco denken. Er kam in den 70er Jahren zum ersten Mal nach Köln. Mit dem Zug. An Weiberfastnacht. Ohne zu wissen, was ihn erwartet. Und als er aus dem Kölner Hauptbahnhof trat, war das Feiern schon in vollem Gange. Er lernte auf der Straße ein Kölner Ehepaar kennen, die ihn spontan einluden, über Karneval bei ihnen zuhause zu übernachten. Und es entwickelte sich eine jahrelange Freundschaft.