Putin in Köln beim Bruderkuss mit dem Teufel, als Nosferatu dreht er die Welt durch einen Fleischwolf, und in Düsseldorf badet er in einer Wanne mit Blut: Die Mottowagen der Rosenmontagszüge zeigen den russischen Präsidenten als Schlächter und Despoten.
Bad im Blut, Fleischwolf, NosferatuPutin als Schlächter und Despot – Karneval sendet eindeutige Botschaft
Es sind die Momente, da bleibt einem das Lachen im Hals stecken. Der russische Präsident vor düsterer Moskau-Kulisse als Nosferatu im Kölner Rosenmontagzug: Mit eisigem Blick dreht Wladimir Putin die Welt durch einen Fleischwolf. Vor ihm ein blutüberströmtes Gräbermeer. Nicht weniger martialisch geht es in Düsseldorf zu. Dort badet der Schlächter sogar im Blut, in einer Wanne mit den ukrainischen Nationalfarben gelb-blau.
Ukraine-Krieg im Zoch: Putin küsst den Teufel
Bilder, die die erschreckende Realität atemberaubend auf den Punkt bringen. Auf Befehl von Kreml-Diktator Wladimir Putin haben russische Truppen am 24. Februar vergangenen Jahres die Ukraine überfallen, seitdem führen sie einen erbarmungslosen und verbrecherischen Krieg gegen das Nachbarland. Putin lässt bombardieren, foltern, morden, vergewaltigen, plündern und Kinder verschleppen.
Wenngleich auch der desaströse Zustand der deutschen Bundeswehr und die zögerliche Haltung von Bundeskanzler Olaf Scholz bei Waffenlieferungen für die Ukraine für Hohn sorgen, konzentrieren sich die Rosenmontagszüge in erster Linie auf die unvorstellbaren Gräuel im Auftrag des russischen Despoten. Ist es legitim, solch ein Thema satirisch aufzugreifen? Während die Rosenmontagszüge im Rheinland und in Mainz unterwegs sind, läuft die russische Offensive in der Ostukraine am Montag schließlich weiter auf Hochtouren.
„Natürlich, das ist furchtbar“, sagt der Düsseldorfer Wagenbauer Jacques Tilly dem „Kölner Stadt-Anzeiger“: „Im Karneval aber haben die Narren die Aufgabe, die Weltpolitik satirisch, bissig und subversiv aufzugreifen.“ Und dazu gehöre „leider eben auch Krieg und Leid“: „Das darf man nicht ausklammern, sonst hätten wir nur Friede, Freude, Eierkuchen.“
Rosenmontagszug in Düsseldorf: Putin badet im Blut der Ukraine
Bereits im vergangenen Jahr ist Tilly mit einer überlebensgroßen Karikatur aus Drahtgeflecht und Pappmaché von Putin, der sich die Ukraine in den Rachen steckt, durch Düsseldorf gezogen – obwohl der Zug wegen Corona abgesagt worden war. „Erstick dran!!!“, war die Skulptur untertitelt, wofür sich damals schon viele Ukrainer bei ihm bedankt hätten, sagt Tilly. Auch in Köln sollte es 2022 einen Mottowagen zum Überfall auf die Ukraine gegeben: Putin als Kleinkind, das von der „guten, alten Zeit“ und der ehemaligen Sowjetunion träumt. Statt Rosenmontagszug, der ausgefallen ist, demonstrierten dann aber etwa 250.000 - meist bunt kostümierte – Jecke gegen den Krieg.
Das sei sicher angemessen gewesen, sagt der Kölner Psychotherapeut und Karnevals-Buchautor Wolfgang Oelsner. Ebenso richtig sei jedoch, sich jetzt auch im Rosenmontagszug „klar zu positionieren“. So werde die Satire „zum Sprachrohr gegen die Ohnmacht in einer ausweglos scheinenden Situation“. Der Karneval sei „schließlich auch dazu da, mit einem speziellen Blickwinkel auf die Wirklichkeit zu schauen, die dadurch vielleicht etwas erträglicher wird“, betont Oelsner. Angesichts der Tradition, den Finger in die Wunde zu legen, sei es zudem „völlig falsch“ gewesen, wenn die Karnevalisten „die nur einige hundert Kilometer entfernte Brandstelle der Weltpolitik schlichtweg ignoriert hätten“.
„Wir lassen uns jedenfalls nicht einschüchtern oder den Mund verbieten“, betont der Kölner Zugleiter Holger Kirsch. Der Karneval sei zwar „die meiste Zeit bunt und fröhlich, aber er hat auch die wichtige Aufgabe, der Gesellschaft den Spiegel vorzuhalten“. Auch der Mainzer Rosenmontagszug nimmt mehrfach auf den Ukraine-Krieg Bezug. So bläst Putin einen kalten Ostwind in Richtung von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, die sich mit einem Schirm zu schützen versucht. Auf einem anderen Wagen stellte sich eine Sonnenblume einem Panzer entgegen: „F*** you, Putin!“.
Auch in Köln ist Putin am Montag gleich doppelt vertreten. Auf dem zweiten Wagen, inspiriert durch den legendären Bruderkuss zwischen dem früheren Sowjetchef Leonid Breschnew und seinem Vasallen Erich Honecker, küsst er leidenschaftlich den Teufel. „Gleich und gleich gesellt sich gerne“, kommentiert der Kabarettist Guido Cantz, als die Skulptur an ihm vorbeifährt: „Putin und der Teufel, beide lupenreine Demokraten – würde Gerhard Schröder wohl sagen.“