AboAbonnieren

Keine Pause nach KarnevalTanzcorps Fidele Sandhasen trainieren für Deutsche Meisterschaften in Köln

Lesezeit 3 Minuten

Kurz nach Sessionsende ist für das Tanzcorps der Grossen von 1823 keine Zeit zum Durchatmen. Im März sind die Deutschen Meisterschaften in Köln.

Die Musik setzt ein, es ist eine epische Filmmusik aus einem der „Captain America“-Filme von Marvel. Die Tänzerinnen und Tänzer stehen unter Spannung, jeder Schritt, jede Hebung muss sitzen. Beine fliegen hoch in die Luft, Tänzerinnen schweben scheinbar mühelos über den Köpfen ihrer Tanzpartner. Die gemischte Garde der Fidelen Sandhasen hat nur noch zwei Wochen bis zum Halbfinale in Düren, drei Wochen bis zum Kampf um den Titel Deutscher Meister im karnevalistischen Tanzsport in der Kölner Lanxess-Arena.

Festkomitee Kölner Karneval richtet Meisterschaft in Lanxess-Arena aus

Zuletzt stand das Tanzcorps der Kölner Karnevalsgesellschaft die Grosse von 1823 im Jahr 2011 auf dem Siegertreppchen, 2009 holten sie zum dritten Mal in ihrer Vereinsgeschichte Gold. In den vergangenen Jahren hat das Tanzcorps eine Durststrecke erlebt, nun will die fünfzehnköpfige gemischte Garde es wieder wissen. Seit Herbst haben die Tänzerinnen und Tänzer fünf Qualifikationsturniere gemeistert – neben den Auftritten im Karneval. „Das muss man wollen, der Ehrgeiz muss dahinterstehen“, sagt Müller.

Die Fidelen Sandhasen trainieren für die Deutschen Meisterschaften im März.

Die Fidelen Sandhasen trainieren für die Deutschen Meisterschaften im März.

Rund 80 Auftritte hätten die Tänzerinnen und Tänzer der Fidelen Sandhasen während der Session auf die Bühne gebracht. Dazu dreimal die Woche Training. Und statt nach Veilchendienstag die Füße hochzulegen, geht die Arbeit direkt weiter. Am 2. und 3. März finden die Norddeutschen Meisterschaften in Düren statt. Unter den Teilnehmern sind keine weiteren kölschen Karnevalsgesellschaften oder Tanzgruppen vertreten, sie streben nicht nach Meistertiteln.

Volker Müller trainiert die Fidelen Sandhasen.

Volker Müller trainiert die Fidelen Sandhasen.

In jeder Kategorie qualifizieren sich beim Halbfinale die ersten sieben Platzierungen für die Deutschen Meisterschaften, dort treffen sie auf die jeweils acht besten Garden, Tanzpaare oder Solisten der Süddeutschen Meisterschaften. Das Finale der Deutschen Meisterschaften im karnevalistischen Tanzsport wird dieses Jahr am 9. und 10. März vom Festkomitee Kölner Karneval in der Lanxess-Arena ausgerichtet.

„Wir müssen jetzt Gas geben“, sagt Trainer Müller. Er ist seit 40 Jahren im Tanzsport aktiv, war auch schon Wertungsrichter. Damit weiß er genau, worauf es bei den Turnieren ankommt. „Es soll alles leicht aussehen, das ist die Herausforderung.“ Im Gegensatz zu den Auftritten im Karneval gehe es aber nicht nur darum, dass eine Choreografie gut aussieht. Es müssen verschiedene Schwierigkeiten wie Hebungen, Spagat und Sprünge eingebaut sein, der Einmarsch, die Synchronität, die Ausstrahlung, verschiedene Formationen – das alles fließt am Ende mit in die Wertung ein.

Dabei habe sich in den vergangenen Jahren viel geändert, meint Susi Oberhäuser. Sie unterstützt Müller heute, beim Titel 2009 war sie selbst noch als Trainerin der Fidelen Sandhasen aktiv. Turniertanz sei damals „spektakulärer“ gewesen. Heute ginge es weniger um die Hebungen und mehr um das Tänzerische. „Die Männer müssen mehr können, beweglicher sein.“ Auch die Musik sei anders, findet sie. Statt der klassischen Marschmusik aus dem Karneval höre man mehr marsch-ähnliche Musik etwa aus Filmen.

Melissa Rössel tanzt auch für ihren verstorbenen Ehemann

Eine zweite, die schon 2009 dabei war, ist Melissa Rössel. „Wir haben damals gar nicht mit dem Titel gerechnet“, sagt die 38-Jährige, die auch heute noch im Zentrum der Fidelen Sandhasen tanzt. Das Gefühl auf der Bühne sei die hohe Belastung allemal wert, sagt sie. „Auf der Bühne bin ich ich.“ Und sowieso: Der Verein, das Tanzen, „das bedeutet alles für mich.“ Sie ist bereits seit 21 Jahren bei den Fidelen Sandhasen, auch ihre beiden Töchter tanzen. Die jüngere stand mit ihren zweieinhalb Jahren sogar schon im Gürzenich auf der Bühne, erzählt Rössel stolz.

Das Tanzcorps ist für sie im wahrsten Sinne Familiensache: Ihr Mann René Rössel, der Anfang vergangenen Jahres nach schwerer Krankheit verstarb, war als Tänzer erfolgreich und wurde Deutscher und Norddeutscher Meister mit der gemischten Garde. Später wurde er Kommandant der Aktiven und seit 2018 war Rössel auch im Vorstand als zweiter Vorsitzender. Seine Frau tanzt nun auch für ihn weiter.