Christoph Kuckelkorn im Interview„Für den Karneval steht 2G-Plus nicht zur Debatte“
Köln – Herr Kuckelkorn, am Donnerstag beginnt mit dem 11.11. der Start in die neue Karnevalssession. Kann man sich angesichts der steigenden Corona-Zahlen überhaupt darauf freuen?
Kuckelkorn: Es war klar, dass die Inzidenzen zum Winter wieder hoch gehen werden. Die wichtigere Kennzahl sind jetzt die Hospitalisierungen – die zwar auch wieder steigen, aber noch nicht besorgniserregend. Der 11.11. wird nun sicherlich noch nicht ganz unbeschwert gefeiert werden können, aber mit den Regeln, die es gibt, ist er wieder ein Schritt in Richtung Normalität. Wir haben in der Pandemie ein Stück Sozialleben verloren. Das Sessionsmotto ist ja ‚Alles hät sing Zick‘. Jetzt ist die Zeit, um auch mal wieder zusammenzukommen.
Zur Person
Christoph Kuckelkorn, 1964 in Köln geboren, ist seit 2017 Präsident des Festkomitees Kölner Karneval, zuvor war er jahrelang Zugleiter des Kölner Rosenmontagszuges. Er lebt mit seiner Familie in der Innenstadt.
Beruflich führt er seit 2002 das bekannte Bestattungsunternehmen in fünfter Generation. Er versteht seinen Beruf als Berufung und steht Menschen in ihren schwersten Stunden bei. Unter anderem führte er die Bestattungen von Willy Millowitsch, Hans-Jürgen Wischnewski, Dirk Bach, Guido Westerwelle und Kardinal Meisner durch.
Der Krisenstab der Stadt Köln hat am Montag bei der Landesregierung erfolgreich beantragt, den gesamten 11.11. unter 2G-Regelungen ablaufen zu lassen. Was halten Sie davon? Das Festkomitee hatte für seine Saalveranstaltungen schließlich die 3G-Plus-Regel festgelegt.
Kuckelkorn: Der Vorstoß der Stadt im Hinblick auf 2G folgt dem allgemeinen Trend und dem Sicherheitsempfinden der Menschen. Wir haben uns immer an den Vorgaben der Landesregierung orientiert daher zunächst mit 3G-Plus geplant. Sollten die Hospitalisierungen wieder steigen, war der mögliche Umschwung auf 2G immer mitgedacht, um die Zutrittsvoraussetzungen noch enger zufassen. Wir schaffen dadurch Möglichkeiten, drinnen und draußen sicher Karneval zu feiern. Das Risiko einer Erkrankung ist zwar immer noch latent da, aber die schweren Ausprägungen der Krankheit eben nicht. Diesen Freiraum können wir jetzt auch wieder nutzen.
Was glauben Sie, wie sich die Änderung der Regelung auf die Feiern in der Stadt auswirken wird?
Kuckelkorn: Ich bin sehr gespannt, wie es ablaufen wird. Es gibt sehr viele Menschen in der Stadt, die nicht geimpft sind und trotzdem Karneval feiern wollen. Es ist die große Frage, wie die jetzt reagieren. Das schlimmste, was passieren kann, ist, dass die Ungeimpften privat mit 50 bis 60 Leuten Karneval feiern. Das wäre der Super-Gau und würde genau das konterkarieren, was man mit den Verordnungen erreichen will. Wir werden in den kommenden Tagen genau beobachten, wo sich neue Spielplätze auftun, die wir jetzt noch nicht kennen.
Wie soll das beispielsweise rund um die Zülpicher Straße ablaufen? Dort hat das Festkomitee ja keine Handhabe.
Kuckelkorn: Es gibt an der Zülpicher Straße keinen Veranstalter, außer die zahlreichen Kneipen. Da ist jetzt die Stadt gefragt – gerade weil ich denke, dass vom dortigen Klientel vielleicht einige nicht geimpft sind. Das, was auf der Straße stattfindet, ist ja aber kennzeichnend für den Charakter des Karnevals. Viele Bereiche des Karnevals organisiert keiner. Das Volk gibt sich den Karneval. Wir versuchen den Karneval in den Bereichen zu organisieren, in denen wir das können.
Welche Bedeutung hat der Verlauf des 11.11. für die gesamte Session?
Kuckelkorn: Wir wollen den 11.11. auch nutzen, um Erfahrungen für die gesamte Session zu sammeln. Sind die aktuellen Anforderungen passend, für das Szenario, das uns erwartet? Je nachdem, wie dieser Tag läuft, werden wir daraus Konsequenzen für die nächsten Monate ziehen. Wir versuchen jetzt was geht, um dann für die Session gerüstet zu sein und die Maßnahmen zu haben, die wir brauchen. Daran werden sich im Übrigen auch andere Veranstalter orientieren: Es gibt das ganze Jahr über einen Kreislauf. Erst schauen alle auf das Oktoberfest, dann auf den 11.11., dann auf die Weihnachtsmärkte und dann auf die Hochzeit der Karnevalssession.
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Man könnte ja auch überlegen, sogar auf eine 2G-Plus-Regel zu verschärfen. Also geimpft, genesen, plus aktueller Schnelltest.
Kuckelkorn: Das finde ich schwierig. Erstmal gibt es kaum noch Testzentren mehr, die Infrastruktur ist dafür aktuell gar nicht mehr gegeben. Sollten die kostenlosen Bürgertests aber zurückkommen, würde ich das sehr unterstützen, auch für Ungeimpfte, weil es einfach noch mehr Sicherheit verschafft. Für den Karneval steht 2G-Plus aber momentan nicht zur Debatte, auch, weil es die ganze Zeit hieß, dass Geimpfte nicht mehr eingeschränkt sein sollen. Für Karnevalsveranstaltungen ist es sowieso kompliziert: Wenn der Schnelltest bis zum Ende der Veranstaltung gültig sein muss und maximal sechs Stunden alt sein darf, die Sitzung aber sechs bis sieben Stunden dauert – wie soll das gehen?
Sind Sie sich sicher, dass der Rosenmontag nächstes Jahr wieder halbwegs normal stattfinden wird?
Kuckelkorn: Wenn wir nicht optimistisch wären, hätten wir uns nicht vorbereitet. Wir sind aktuell entspannt, aber wachsam. Ich bin ganz ehrlich: So schön er war, ich möchte nicht noch einmal einen Rosenmontagszug mit dem Hänneschen-Theater machen. Der Rosenmontagszug ist unersetzbar. Wir haben gerade in der Pandemie gemerkt, wie nötig der Karneval ist, auch für die älteren Menschen. Die Leute wollen feiern. Wenn es noch einmal wegbrechen würde, wäre das ganz schlimm. Das gilt übrigens auch für die 40 Veedelszüge. Wenn einige Veedelszüge wegbrechen, erhöht sich der Druck massiv auf die Züge, die gehen, weil die Zuschauer dann dorthin strömen.
Wo wir schon beim Karneval in den Veedeln sind. Für das Festkomitee und größere Gesellschaften ist es sicherlich leichter, die Corona-Regeln durchzusetzen. Wie sollen die kleinen Vereine das leisten?
Kuckelkorn: Es wird keiner alleine gelassen. Wir vom Festkomitee werden uns mit allen Veedelsvereinen beratschlagen. Die Vereine können die Durchsetzung aller Vorgaben allein gar nicht leisten, sowohl vom Personal als auch von den Kosten. Da muss auch die Landesregierung sagen, wie das gehen soll. Denen muss man aber teilweise erstmal erklären, was Karneval in Köln überhaupt bedeutet. Das ist hier nicht wie in Westfalen, wo am Zugrand nur vereinzelt ein paar Leute stehen! (lacht)
Wird die Corona-Pandemie sich auch thematisch auf den Karneval auswirken?
Kuckelkorn: Corona hat sicherlich einen Einfluss auf den Karneval, dafür beherrscht uns das Thema viel zu sehr. Der Karneval muss Politik und Gesellschaft immer den Spiegel vorhalten. Im Zug wird es Persiflagen an den Wagen geben und auch in den Sitzungen wird es sicherlich eine Rolle spielen. Wir müssen die Zeit auch verarbeiten. Nach dem Innehalten ist es wichtig, auch mal wieder über einige Dinge lachen zu dürfen. Das ist befreiend.
2023 steht das 200-jährige Jubiläum des Kölner Karnevals an. Gibt es schon Neuigkeiten zu den geplanten Feierlichkeiten?
Kuckelkorn: Neben dem geänderten Zugweg des Rosenmontagszugs (startet 2023 erstmalig rechtsrheinisch in Deutz und zieht dann in umgekehrter Zugfolge in die Südstadt, Anm. d. Red.) werden wir das ganze Jahr über den Karneval erklären. Dazu sind alle Kölner Kultureinrichtungen mit eingebunden. Diverse Museen planen beispielsweise Sonderausstellungen, vom NS Dok über das Museum Schnüttgen bis zum Wallraf-Richartz-Museum sind viele dabei.
Wenn es um Ausstellungen geht, sind wir auch ganz schnell beim Karnevalsmuseum, das in die Innenstadt ziehen soll. Wie ist der Planungsstand?
Kuckelkorn: Unser Standort am Maarweg ist sicherlich kein touristisches Zentrum. (lacht) Die Ideen für das Museum werden zum Beispiel durch eine sechswöchige Ausstellung im Gürzenich 2023 erprobt. Wir wollen auch nicht einfach eins zu eins alle Ausstellungsstücke aus dem Maarweg in die Innenstadt karren. Der Karneval soll erlebbar werden. Die Überlegungen werden da immer konkreter. Einen Standort für das Karnevalsmuseum können wir aber noch nicht nennen.