Köln – Es war richtig Stimmung im Gürzenich bei den beiden Aufzeichnungen der ARD-Fernsehsitzung. Und dafür sorgte das durchweg junge Publikum aus Kölner Tanzgruppen. Jeweils rund 250 bunt Kostümierte bejubelten die Künstler auf der Bühne, sangen, schunkelten und tanzten. Die Einladung an die Tänzerinnen und Tänzer, die in der Pause mit Currywurst und Getränken verpflegt wurden, war vom Festkomitee „als Dankeschön für ihren unermüdlichen ehrenamtlichen Einsatz und ihre Trainingszeit auch während der Corona-Pandemie“ gedacht.
Zwei der Gruppen tanzten auch zu den Klängen der Saalkapelle um Markus Quodt auf dem Podium: die Kölschen Greesberger und die Original Matrosen vom Müllemer Bötchen von der KG Müllemer Junge.
Vier Frauen im Kölner Elferrat vertreten
Auf der Bühne war, auch wenn da wie gewohnt ein Elferrat mit diesmal vier Frauen saß, manches anders. „Die Sendung »Karneval in Köln« umfasst ja schon mehr als die traditionellen Veranstaltungen im Gürzenich und in anderen Sälen“, sagte Joachim Wüst am Rande der TV-Aufzeichnungen. Der Vizepräsident des Festkomitees leitet die Sitzung seit dem Jahr 2006 und stellt auch das Programm zusammen.
Auf Wunsch des WDR sollte er eigentlich wie im vergangenen Jahr einige bundesweit bekannte Comedians ins Programm nehmen, doch in Gesprächen mit Martin Schopps und Volker Weininger entwickelte man eine andere Idee, die von den Fernsehmachern abgenickt wurde. „Da in diesem Jahr viele Sitzungen aus dem alternativen Spektrum jenseits der etablierten Karnevalsgesellschaften ausgefallen sind, gab uns das die Chance, auch diese Facetten in die Fernsehübertragung einzubauen“, sagte Wüst. „So beispielsweise Elemente aus Deine Sitzung, der Immi-Sitzung und der Puppensitzung des Hänneschen-Theaters.“
Divertissementchen darf bei Fernsehsitzung nicht auftreten
Das Divertissementchen des Kölner Männer-Gesangvereins hätte gerne eine Szene aus dem aktuellen Stück „Napoleon in Kölle“ beigetragen, doch das hätte, so Wüst, nicht gut in die Fernsehübertragung gepasst, weil deren Sänger – im Gegensatz zu allen anderen Künstlern – mit Mundschutz-Masken auftreten. Auch das Ensemble der Stunksitzung war angefragt. Doch die hatten abgewunken, Biggi Wanninger und Co haben ja auch eine eigene TV-Show: „Die ausgefallenste Stunksitzung 2022“ wird an Weiberfastnacht (24. Februar) um 22.15 Uhr im WDR-Fernsehen gezeigt.
Vier Tage später (Rosenmontag, 20.15 Uhr, ARD) können die Fernsehzuschauer dann bundesweit neben dem Dreigestirn und bekannten Gesichter aus der Bütt wie Bernd Stelter, Martin Schopps oder Bauchredner Klaus Rupprecht („Klaus und Willi“) Wortbeiträge, Sketche und Lieder der anderen Art erleben.
Bläck-Fööss-Klassiker „Du bes die Stadt“ auf dem Alphorn
So bot „Deine Sitzung“ am Mittwochabend ein Solo von deren Präsidentin Mirja Boes („Alaaf Aleikum, da ist doch für jeden was dabei. Wir feiern zusammen“) und Sebastian Pallada als „Ebasa der Meister“ spielte auf dem Alphorn den Fööss-Klassiker „Du bes die Stadt“.
Einen Tag später waren Mitglieder der Immi-Sitzung mit bissigen Kabarett-Nummern dabei. Bülent Yilmaz präsentierte als Nachrichtensprecher „Fake News“ wie die KVB ist pünktlich und die Oper bald fertig, Guido Sterzel bot zum Klang seiner Ukulele recht kritische Töne über die selbsternannte „schönste Stadt der Welt“, Miriam Chebabi warb als aufgedonnerte Charity-Lady für das Benefiz-Projekt „Saufen gegen Kinderarbeit“ und Selda Selbach lieferte zur „Bella Ciao“-Melodie den Abgesang auf Diktatoren und Despoten dieser Welt von Putin und Orban bis zu Bolsonaro zu Erdogan. Das kam richtig gut an beim Gürzenich-Publikum, es gab stehende Ovationen und eine Rakete.
Volker Weininger positiv auf Coronavirus getestet
Aus dem Hänneschen waren die Puppenspieler Udo Müller und Georg Lenzen nach der Vorstellung im eigenen Theater am Eisenmarkt auf die Gürzenich-Bühne gekommen. Müller als Puppensitzungs-Präsident Schäng und Lenzen mit der Figur und der Rede von „Sitzungspräsidenten“ Volker Weininger. Der sollte als Gag anschließend persönlich die aus dem Hänneschen bekannte „Woosch“ übergeben, doch nach einem positiven Corona-Test befand sich der Büttenredner in Quarantäne und Wüst übernahm die Rolle: „Herr P-P-P-Präsident, die Woosch“.
Somit fiel Weininger auch für das Gesangstrio mit Martin Schopps und Jörg P Weber aus. Doch da wusste man sich zu helfen. Kurzerhand wurde die Aufzeichnung des „Herrengedeck“-Auftritts bei der Prinzenproklamation eingespielt. Im Gegensatz zur Proklamation, bei der die kölschen Bands zum Playback spielen mussten, durften Räuber, Klüngelköpp, Paveier, Kasalla, Brings, Bläck Fööss und Höhner – bei denen war es für den zum Jahresende ausscheidenden Frontmann Henning Krautmacher die letzte Fernsehsitzung – diesmal live ran. Wüst: „Jede Band kommt mit zwei oder drei Liedern in die Sendung. Und diesmal ist ja auch ein ganz tolles Publikum dabei.“ Ausreichend (Bild-)Material also für eine richtig kölsche Sitzung.