Ein Schild, auf der Krieg im Gaza-Streifen mit dem Holocaust verglichen wurde, ließ die Polizei aufmerksam werden.
Jeisterzoch in KölnGeister protestieren wieder rechtsrheinisch – Palästina-Schild irritiert Polizei
Die Geister waren wieder los: Am Samstagabend ist der Geisterzug unter dem Motto „Mer klävve am Lävve – Jeister för hück un murje“ durch Mülheim und Buchheim gewandert. Seit 2020 findet der politische Zug bereits am Samstag vor den tollen Tagen statt, aus praktischen Gründen. Denn der Geisterzug ist offiziell als Demonstration gemeldet und würde am Karnevalssamstag so nicht genehmigt werden.
Die Liste, wogegen die jecken Jespenster – und Dinosaurier, Krakenmonster, Dämonen und anderes gruseliges Getier – 2024 demonstrieren, ist in diesem Jahr besonders lang: Umweltverschmutzung, Klimawandel, mangelnde Grünflächen, kaputte Wälder und zerstörte Moore, Artensterben, zu viel Autoverkehr, schlechter Zustand der Deutschen Bahn, fehlende Radwege, zu viel Müll und nicht-reparierbare Geräte, Kriege in der Ukraine, im Nahen Osten, in Afrika und anderswo, Unterdrückung von Minderheiten und Andersdenkenden, Andersglaubenden und Anderslebenden sowie das Erstarken der Rechtsradikalen in Deutschland, „wogegen sich erfreulicherweise mittlerweile ein breiter Protest erhebt“, so Zugleiter Erich Hermans.
Kölner Geisterzug: Thema Müll bringt andere Themen mit sich
Wie in vielen Vorjahren marschiert er als Ähzebär – „das älteste Karnevalskostüm überhaupt“, sagt er – vor der kostümierten Parade hinweg, an seinem Kostüm baumeln leere Milchkartons, Chipstüten und anderer Müll. „Wir überlegen uns jedes Jahr im Sommer das Thema, zu dem wir beim nächsten Geisterzug demonstrieren wollen“, so Heinrich zur Genese der diesjährigen Themenvielfalt.
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„Da sich Zero Waste Köln und Krake („Kölner Rhein-Aufräum-Kommando-Einheit“, Anm. der Red.) bei uns aktiv einbringen, war unser ursprüngliches Thema der Müll.“ Das aber könne nicht für sich alleine stehen, sagt er. „Umweltverschmutzung, Klimawandel, Verkehrswende, die Kriege, die Unterdrückung von Minderheiten stehen damit im Zusammenhang und sind genauso wichtig.“
Nachdem der Demo-Zoch im vergangenen Jahr durch Riehl und Niehl lief, trommeln und schlängeln sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer jetzt durch Mülheim. Das Rechtsrheinische sei mal wieder dran gewesen, findet Hermans. Und: „Ich erinnerte mich noch an einen Sketch, der in den 60er Jahren auf einer Fernsehsitzung auf Kölsch vorgetragen wurde, in dem sich zwei Leute über Mülheimer und Müll-Eimer missverstanden.“
Nicht nur Jecke mit politischem Anliegen, auch Organisationen schließen sich traditionell dem Geisterzug an, in diesem Jahr etwa Scientists for Future Köln/Bonn, Maria 2.0 Köln, MCC-Kirche für Vielfalt, Pappnasen rot-schwarz. Das Netzwerk für Tiere Köln verteilt am Samstagabend rote Karten gegen Pferde im Rosenmontagszug und schiebt den „traurigen Geist der Karnevalspferde“ durch die Straßen.
Über den gesamten Zugweg von der Wichheimer Straße bis zum Wiener Platz haben sich Schaulustige an den Rand gestellt; manch einer schaut sich das Spektakel in Pantoffeln oder auf Socken in der Haustüre stehend an, andere schauen interessiert aus den Fenstern oder von den Balkonen.
Geisterzug 2024: Polizei bemerkt Pro-Palästina-Schild
Etwa 2.500 Teilnehmer schätzt die Polizei vor Ort, wobei eine genaue Zahl aufgrund der Natur des Jeisterzochs schwierig zu bestimmen sei, denn es schließen sich hier immer spontan Menschen an. Negativ fällt den Polizisten und Umstehenden ein junger Mann auf, der auf seinem Schild den Konflikt im Nahen Osten als Kolonialismus und Besatzung betitelt sowie die Geschehnisse im Gaza-Streifen mit dem Holocaust vergleicht. Man habe seine Personalien aufgenommen, heißt es seitens der Polizei am Samstagabend.
Davon abgesehen überwiegen bei den Jeistern jedoch Schilder gegen die AfD, Extremismus und Umweltzerstörung. Nach knapp zwei Stunden erreichen die ersten Teilnehmer den Wiener Platz, bei der abschließenden Kundgebung werden einige Feuerwerksraketen gezündet – „so viel zum Thema ‚Saubere Luft‘“, sagt Erich Hermans. Mit der Kundgebung endet der jecke Umzug so wie er begonnen hat: trommelnd, politisch, mit einem Aufruf zum Engagement, und im Nieselregen.