In Zollstock, Ehrenfeld und der Südstadt wird es in dieser Session keine Veedelszüge geben, sie wurden coronabedingt abgesagt.
Dass diese Entscheidungen weitere Schritte nach sich ziehen würden, war zu erwarten.
Nun haben die Chefs der Karnevalshochburgen Köln, Bonn, Aachen und Düsseldorf bei einer Besprechung mit Vertretern der Landesregierung auf die komplette Absage des Straßen- und auch des Sitzungskarnevals gedrungen.
Köln – Man war sich einig beim Karnevalsgipfel am späten Freitagnachmittag in der Düsseldorfer Staatskanzlei: „Gesellige Veranstaltungen“ wie Karnevalsbälle, Partyformate und Sitzungen ohne Beachtung der Abstandsgebote wird es in Pandemie-Zeiten nicht geben. Eine Delegation von Karnevalsoffiziellen aus den Hochburgen Köln, Düsseldorf, Bonn und Aachen, Repräsentanten des Bundes Deutscher Karnevalisten sowie Regionalvertreter aus dem Ruhrgebiet und Westfalen tauschte sich mit Vertretern der Staatskanzlei und des Gesundheitsministeriums aus. „Karneval ist Teil der DNA von NRW“, sagte Nathanael Liminski, Leiter der Staatskanzlei, „aber so, wie wir ihn kennen, wird er nicht möglich sein.“
Schon heute verbietet die aktuelle Corona-Schutzverordnung Veranstaltungen, die nicht die strengen Vorgaben des Infektionsschutzes erfüllen und lässt gesellige Veranstaltungen nur bei herausragendem Anlass (Hochzeit, Geburtstag, Beerdigung) mit einer festen Personenobergrenze zu. „Dieser Rechtsrahmen gilt auch für den Karneval“, so Liminski. Auch Karnevalsumzüge werden in der kommenden Session in ihrer üblichen Form nicht möglich sein. Die Landesregierung stellt sie gleich mit Straßenfesten, die derzeit ebenfalls verboten sind. Wichtig sei es, „den Ehrenamtlern Planungssicherheit zu geben“, ergänzte Liminski.
Weitere Entscheidungen müsste die Landesregierung im Rahmen einer neuen Corona-Schutzordnung treffen – erwartet wird das frühestens bei einer Kabinettssitzung Mitte kommender Woche.
Zunächst wollten die Karnevalisten verdeutlichen, dass eine Generalabsage des Karnevals nur eingeschränkt weiterhilft. Eine solche würde wohl in den westfälischen Regionen durchaus greifen, im Rheinland und insbesondere in Köln jeckes Treiben auf den Straßen aber nicht verhindern. Eine Absage der Weihnachtsmärkte bedeute ja auch nicht, dass niemand das Weihnachtsfest begehe, argumentieren die Jecken. „Hier ist Karneval ein Volksfest“, sagt der Präsident des Festkomitees Kölner Karneval (FK), Christoph Kuckelkorn. Das FK als Interessenvertretung könne zwar Veranstaltungen absagen, auf das, was im öffentlichen Raum geschehe, habe es aber nur bedingt Einfluss. „Wir sollten alle gemeinsam versuchen zu verhindern, dass etwa am 11.11. Tausende Feierwütige in die Innenstadt strömen und unkontrolliert feiern.“
In Köln wäre das der Corona-Krisenstab, in dem Vertreter der Stadt als der Ordnungsbehörde, der Polizei und der Feuerwehr sitzen. Vertreter dieses Gremiums wollten sich aber auf Anfragen bisher nicht äußern. Man warte die Richtlinien aus Düsseldorf ab. Auch wegen der derzeit wieder steigenden Fallzahlen sei es zu früh für Entscheidungen. Bis November könne noch viel passieren. Auch werde sich der Runde Tisch über die Düsseldorfer Ergebnisse austauschen. Über ein städtisches Konzept in Köln, das die Sessionseröffnung regeln soll, ist bisher nichts bekannt.
Was sagt das Festkomitee?
Das FK wird da konkreter und fordert für den 11.11. ein Alkoholverbot an neuralgischen Plätzen sowie ein Verweilverbot ähnlich dem am Brüsseler Platz. Dem schloss sich die Staatskanzlei an und forderte die Städte auf, dies gegebenenfalls „rigoros“ durchzusetzen. Klar ist, dass die von der Willi-Ostermann-Gesellschaft organisierte Eröffnung auf dem Heumarkt nicht stattfindet. Auch die dann geplante TV-Aufzeichnung am Ostermannbrunnen wird aus der Innenstadt an einen anderen, noch nicht definierten Ort verlegt. Es gibt keine Zuschauer. So will man Karnevalstouristen klar machen: Nach Köln müsst ihr nicht kommen, da läuft nix.
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Was ist das Ziel der Karnevalsrepräsentanten bei den Gesprächen in der Staatskanzlei?
Vorrangiges Ziel war es, ihre Mitgliedsvereine vor dem finanziellen Ruin zu schützen. Dies geht aus Sicht der Verantwortlichen nur, wenn das Land Regeln erlässt, in deren Folge sämtliche bestehenden Veranstaltungsverträge ungültig werden. Durch die jetzt bekannt gegebene Interpretation der Corona-Schutzordnung scheint dies gewährleistet.
Wie soll das gehen?
Sämtliche Sitzungen, Partys und Bälle in Pandemie-Zeiten sind jetzt verboten. Ein Verbot durch die Festkomitees hätte juristisch keine Auswirkungen auf die Verträge. Erst mit dem Regierungsentscheid wird die Klausel „höhere Gewalt“ sämtliche Verträge nichtig werden lassen.
Kommt das nicht einer Generalabsage gleich?
Nein, denn man will als Veranstaltung nur verbieten, was traditionell ohne körperliche Nähe nicht funktioniert: Schunkeln bei Sitzungen, Singen bei Bällen oder Tanzen bei Partys. Konzertante Aufführungen etwa mit entsprechender Bestuhlung oder ein Hämchen-Essen mit begleitetem Bühnenprogramm sollen dagegen möglich sein. Mit entsprechenden Hygiene-Konzepten natürlich, genehmigt von den jeweils zuständigen Gesundheitsämtern. Sowohl was Infektionsprävention als auch die Finanzen betrifft, hat man Handlungsempfehlungen für Vereine und Ämter erarbeitet. Damit will man Genehmigungsverfahren beschleunigen. Schließlich sei es wichtig, auch in der Corona-Krise ein Vereinsleben aufrechtzuerhalten. „Die Präsidenten müssen Trauerarbeit leisten ob einer Session ohne Sitzungen und den Zusammenhalt ihrer Gesellschaften stärken“, so Kuckelkorn.
Was ist mit den Umzügen?
Alle Züge landesweit werden abgesagt. Unter Corona-Bedingungen werden sie eingestuft wie Straßenfeste - und sind folglich verboten. Dennoch will das FK „an Rosenmontag irgendwas machen“. Konkreter wird man noch nicht, allerdings sei bis dahin ja noch fast fünf Monate Zeit. Es werden immer wieder neue Szenarien durchgespielt: So wurde der Vorschlag eines in der Stadt verteilten, stehenden Zuges nach Bedenken der Gesundheitsbehörde wieder verworfen. Die Kritzelköpp, im FK für die Entwürfe der Persiflage-Wagen zuständig, haben ihre Arbeit aber wie jedes Jahr im Sommer aufgenommen.
Wird es ein Dreigestirn geben?
Es wird auf jeden Fall ein Dreigestirn und ein Kinderdreigestirn in Köln geben. Die jeweiligen Prinzen, Bauern und Jungfrauen sind gefunden, aber noch geheim. Beide Trifolien könnten gemeinsam proklamiert werden. „Es wird eine Proklamation geben, aber eben anders“, hatte Kuckelkorn schon vor Monaten angekündigt. Statt der traditionellen Saalveranstaltung im Gürzenich vor 1250 Gästen, bei der sich die Kölner Gesellschaft ein Stelldichein gibt, ist eine kleine, Fernseh-kompatible „Tour de Jeck“ denkbar: die kleinen und die großen Tollitäten ziehen in den (leeren) Dom ein, werden von Kardinal Wölki gesegnet; im Rathaus überreicht die oder der OB die Insignien Pritsche, Schlüssel und Spiegel und proklamiert vom Balkon aus die neuen Dreigestirne; unten auf dem Alter Markt jubelt eine handverlesene Schar von Mitgliedern der KGs, die das Dreigestirn stellen.Es geht dann getrennt weiter mit Programm für die Kinder, die Erwachsenen tingeln etwa vom Söckchen (hier begrüßen FK-Vorstand und „Sitzungspräsident“ Volker Weininger) über den Gürzenich (Großer Senat und Tanzgruppe) zum Karnevalsmuseum. „So bekommen in der Summe mehr Menschen ihr Dreigestirn live zu sehen“, sagt Kuckelkorn. Und der WDR überträgt für den Rest.