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Unterwegs mit den RockemariecheIst kölscher Rockabilly karnevalstauglich?

Lesezeit 5 Minuten
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Johanna, Lea, Peggy, Trish und Lucy (v.l.) – die Rockemarieche in der Vorbereitung auf einen Auftritt 

  1. Die fünf „Rockemarieche“ etablieren sich mit kölschem Rockabilly im Karneval
  2. Doch nicht immer sind ihre Auftritte einfach – auf einer Herrensitzung in Wesseling kämpft Sängerin Peggy Sugarhill etwa für gute Stimmung
  3. Ist kölscher Rockabilly karnevalstauglich? Ein Tag mit den Rockemarieche liefert die Antwort

Köln – Fünf Frauen, US-College-Jäckchen, kecke Pferdeschwänze, kurze Röckchen und mitten im Vortrag auf der Bühne steigt Lea mit den roten Haaren auf ihren Kontrabass, der eine Etage größer ist als sie selbst – klare Sache: „Wir spielen Rockabilly“, sagt Sängerin Peggy, und das sieht man. Und das hört man. „Rockemarieche“ heißt die fünfköpfige Band, die Peggy Sugarhill („Ja, das ist ein Künstlername“) zusammengestellt hat; erfahrene Musikerinnen im Alter zwischen 28 und 47 – das heißt, die Damen haben schon Karrieren und Musikerjobs hinter sich und wissen, was sie tun: Sie spielen gut, und sie singen gut. Rockabilly ist die frühe Rock’n’Roll-Musik der weißen Teens in den USA, die Helden heißen Gene Vincent, Eddie Cochran und Elvis natürlich. „Die Musik geht ab“, sagt Peggy, „ist einfach, ist tanzbar, man kann mitklatschen und hüpfen.“ Aber kann man auch mitsingen? Ist Rockabilly karnevalstauglich?

Außerhalb der Session ist die Frage der Texte keine große Sache, da rocken die Damen ihr Repertoire runter für ein erwartungsfrohes Publikum. „An Karneval verlässt du deine Komfortzone“, sagt Peggy, „keiner im Saal kommt, um dich zu sehen. Alle sind wegen der Sitzung da.“ Und die meisten trinken. Das Repertoire versuchen die Damen, die seit drei Jahren im närrischen Tour-Karussell unterwegs sind, dem anzupassen: Sie spielen Coverversionen mit kölschen Texten. Das Lied „Cotton Eye Joe“, einen stampfenden Hit der 90er Jahre, haben sie auf Rockabilly umarrangiert und umgetextet. „Da haben wir alles reingetan“, sagt Peggy, „Kölle, Hätz, Rhing und Dom – jede kölsche Band muss so ein Lied haben.“ Gitarristin Johanna stimmt zu: „Wir haben aber auch ein paar Refrains, die bestehen eigentlich nur aus Oh-oh-oh.“ Das müsste mit dem Mitsingen klappen.

Schnaps und Verbrüderung bei der Herrensitzung

Sonntag, 15.10 Uhr, strahlender Sonnenschein in Wesseling; draußen vor der Mehrzweckhalle stehen Peggy Sugarhill und ihre Rockemarieche und warten, dass es losgeht. Von drinnen hört man Musikfetzen und bacchantisches Karnevals-Gröhlen; Herrensitzung der KG Union. Die „Kölschen Adler“ hatten gerade ihren Auftritt und kommen an die frische Luft; man verbrüdert sich ein bisschen mit den Mädchen, man kennt und schätzt sich.

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Viel Glück: Begegnung im Foyer

Schnaps wird gezückt und in kleinen Plastikbechern ausgeschenkt. Die Jungs kippen, die Mädchen eher nicht. „Wir hatten gestern fünf Auftritte“, erzählt Johanna, „und zwischen jedem Auftritt 40, 50 Minuten Fahrt im Auto. Alles schön und hat Spaß gemacht, aber als es um Mitternacht dann noch mal zu einem Auftritt ging…“ – man ist ein bisschen müde und gleich hinterher geht es ja noch weiter.

Der Zeitplan ist knapp kalkuliert

„Bisschen schwierig heute“, sagt ein Musiker der anderen Band. Die Sitzung im Saal läuft seit 11 Uhr, es sind also alle im Publikum ziemlich gut drauf. Torsten Czesla ist Literat der KG Union Wesseling, er kümmert sich darum, dass alles passt. „Es ist jetzt 15.18 Uhr, wir gucken, dass wir Euch gegen 15.25 Uhr auf die Bühne bekommen.“ Die fünf Rockemarieche ziehen sich um, Instrumente stimmen, ein bisschen einsingen. Es gibt Brötchen und etwas zu trinken. Bier? Lieber nicht. Der Zeitplan ist knapp kalkuliert, ein klarer Kopf ist manchmal besser. Wie ging noch mal der Spruch? „Attacke!“ – das ist der Einschwör- und Motivations-Spruch für heute, dann geht es auf die Bühne.

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„Schönen Nachmittag!“, ruft Peggy und zählt an: „1, 2, 3, 4...“ Alles klingt gut, der mehrstimmige Gesang ist arrangiert im Stil der Andrews-Sisters, der Sound ist ein bisschen leise, aber es ist alles zu hören. Mitsingen tun nicht viele, der Applaus ist eher dünn. Viele der Herren sind mit Trinken beschäftigt; oder damit, getrunken zu haben. „Ich seh’ hier lauter Männer“, ruft Peggy, „habt Ihr alle ein Mariechen zu Haus?“ Die Antwort bleibt eher aus, aber Peggy legt los mit dem Song „Ich han dat Marieche jebütz“ – die flirrende Doppelebene, wenn Frauen erotisch Frauen ansingen geht hier etwas unter. Das Publikum leidet unter einem Aufmerksamkeitsdefizit.

Peggy kämpft auf der Bühne

„Harte Arbeit für die Mädchen“, sagt Literat Czesla, „sie sind die letzte Band heute.“ Aber ja, ein bisschen Absicht ist dabei: „Ist ja klar, dass man die Mädels an so einem Tag gegen Ende der Sitzung bringt.“ Peggy kämpft auf der Bühne, kündigt einen der Oh-oh-oh-Refrains an und fordert zum Mitsingen auf. „Das ist mir zu leise“, ruft sie und es wird etwas besser. „Ihr habt eine gute Energie“, lobt Peggy routiniert, „können jetzt mal alle aufstehen?“ „Nö“, rufen ein paar Männer, aber es geht.

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Herrensitzung in Wesseling: Peggy kämpft für gute Stimmung

„Ihr habt doch alle lecker Mädche zu Haus“, sagt Peggy jetzt, „seid nett zu ihnen – sonst sind sie weg.“ Es gibt am Ende eine Zugabe, aber das war nicht ganz einfach. „Es war etwas anstrengend“, sagt Peggy am nächsten Tag, „es ist nie ganz einfach, eine Party im Hellen zu machen - zumal es in einem Lied heißt: »Wenn es Nacht wird in Kölle«“. Aber alles in allem war sie ganz zufrieden, den Mythos Herrensitzung haben sie erstmal wieder überstanden.

Unterschied zwischen Männern und Frauen

„Es ist nicht so schlimm, wie man vielleicht glaubt“, hatte Keyboarderin Lucy Karashigo vor ein paar Tagen erzählt, „kann immer sein, dass mal ein Föttchesföhler dabei ist, aber eigentlich geht es.“ „Der Unterschied zwischen Männern und Frauen“, sagt Peggy, „ist die Tonlage.“ Frauen singen gerne, Männer singen tiefer und wenn es nicht passt, dann hören sie auf.

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Selfie mit Fan bitte, danke. 

Ein paar Tage vorher im Stapelhaus in der Kölner Altstadt war das alles einfacher. Sitzung der KG Schlepp Schlepp Hurra für alle, die über die Tage arbeiten und schleppen müssen: Gute Laune, angenehme Stimmung, alle wollten singen und die Bands hatten Spaß. Rockabilly und Frauen, so der Eindruck, das geht gut zusammen an Karneval.

„Wenn wir so weitermachen können mit dem, was uns Spaß macht, dann ist diese Session ein Erfolg“, sagt Peggy. Und dann kann die nächste Session kommen.